„Franziskus verhinderte Mißbrauchs-Ermittlungen gegen einen Freund“


Papst Franziskus mit Kardinal Murphy-O'Connor. Stoppte Franziskus Ermittlungen der Glaubenskongregation in einem Mißbrauchsfalls gegen seinen Freund.
Papst Franziskus mit Kardinal Murphy-O'Connor. Stoppte Franziskus Ermittlungen der Glaubenskongregation in einem Mißbrauchsfalls gegen seinen Freund.

(Rom) Gab Papst Fran­zis­kus den Befehl, Ermitt­lun­gen gegen den bri­ti­schen Kar­di­nal Cor­mac Murphy‑O’Connor einzustellen?

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Der 2017 ver­stor­be­ne Kar­di­nal Cor­mac Murphy‑O’Connor spiel­te eine zen­tra­le Rol­le bei der Wahl von Papst Fran­zis­kus. Dies ent­hüll­te im Novem­ber 2014 sein frü­he­rer Pres­se­spre­cher Austen Ive­reigh in sei­nem Buch „Der gro­ße Refor­mer“ über Papst Franziskus.

Der ein­sti­ge Erz­bi­schof von West­min­ster und Pri­mas von Eng­land und Wales gehör­te, so Ive­reigh, zu einer Grup­pe von vier Kar­di­nä­len, die der bri­ti­sche Jour­na­list und Buch­au­tor das Team Berg­o­glio nann­te. Neben Murphy‑O’Connor gehör­te ihm God­fried Dan­neels, Karl Leh­mann und Wal­ter Kas­per an. Auf­ga­be der Grup­pe war die Vor­be­rei­tung der Wahl von Kar­di­nal Jor­ge Mario Berg­o­glio zum Nach­fol­ger von Papst Bene­dikt XVI.

Die Bio­gra­phen von Kar­di­nal Dan­neels ent­hüll­ten ein Jahr spä­ter, im Herbst 2015, die Exi­stenz eines Geheim­zir­kels in der katho­li­schen Kir­che, dem höch­ste Kir­chen­ver­tre­ter ange­hör­ten. Die Grup­pe bil­de­te sich Mit­te der 90er Jah­re auf Initia­ti­ve von Kar­di­nal Car­lo Maria Mar­ti­ni SJ. Ihr Ziel war das Pon­ti­fi­kat von Johan­nes Paul II., dann noch mehr von Bene­dikt XVI. zu boy­kot­tie­ren. Der Geheim­zir­kel benann­te sich nach dem Tagungs­ort Sankt Gal­len in der Schweiz. Laut Kar­di­nal Dan­neels nann­ten sich die Mit­glie­der selbst „die Mafia“.

Auf­grund die­ser Ent­hül­lun­gen ent­stand das Bild, daß das Team Berg­o­glio der aus­füh­ren­de Arm des Geheim­zir­kels Sankt Gal­len war. Ihm ver­dankt Papst Fran­zis­kus sei­ne Wahl.

Mar­co Tosat­ti erhebt nun zusam­men mit der kana­di­schen Nach­rich­ten­sei­te Life­Si­teNews schwe­re Vor­wür­fe gegen Papst Fran­zis­kus. Des­sen Erkennt­lich­keit gegen­über sei­nem gro­ßen Wäh­ler sei soweit gegan­gen, Ermitt­lun­gen der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on gegen Murphy‑O’Connor zu stop­pen. Tosat­ti beruft sich dabei auf eine „vati­ka­ni­sche Quel­le“, die er als „pro­mi­nen­te ehe­ma­li­ge Gestalt der Römi­schen Kurie“ bezeichnet.

Der Vor­fall habe sich im Juni 2013 ereig­net, drei Mona­te nach der Wahl von Papst Fran­zis­kus. Der dama­li­ge Glau­bens­prä­fekt Ger­hard Mül­ler zele­brier­te gera­de mit einer Grup­pe deut­scher Stu­den­ten die Mes­se, als sein Sekre­tär zu ihm trat und ihm ins Ohr flü­ster­te, daß ihn Papst Fran­zis­kus sofort spre­chen wol­le. Dem Papst sei ganz egal, ob er gera­de zele­brie­re. Er wol­le ihn auf der Stel­le spre­chen. In der Sakri­stei traf der Glau­bens­prä­fekt auf einen „miß­ge­laun­ten“ Fran­zis­kus. Die­ser erteil­te ihm den unmiß­ver­ständ­li­chen Befehl, umge­hend das ein­ge­lei­te­te Ver­fah­ren gegen einen Freund des Pap­stes einzustellen.

Der „Freund des Pap­stes“, so Tosat­ti, sei kein gerin­ge­rer als Kar­di­nal Mur­phy-O-Con­nor gewe­sen. Gegen den ehe­ma­li­gen Erz­bi­schof von West­mi­ni­ster ermit­tel­te die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on nach der Anzei­ge einer Frau, die ver­si­cher­te, im Alter von 13/​14 Jah­ren von einem Prie­ster miß­braucht wor­den zu sein. Sie habe seit fünf­zehn Jah­ren ver­geb­lich ver­sucht, auf ihren Fall auf­merk­sam zu machen, ohne von den zustän­di­gen Stel­len gehört zu wer­den. Die höch­ste zustän­di­ge Stel­le war Kar­di­nal Mur­phy-O-Con­nor. Schließ­lich wand­te sie sich direkt an die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on in Rom.

„War­um ein so unge­wöhn­li­cher Befehl, der zudem noch auf so unge­wöhn­li­che und unpas­sen­de Wei­se dem Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on erteilt wur­de?“, so Info­Va­ti­ca­na.

Durch den päpst­li­chen Befehl, die Ermitt­lun­gen ein­zu­stel­len, so Tosat­ti, sei der Kar­di­nal am 1. Sep­tem­ber 2017 gestor­ben, ohne sich zur Ange­le­gen­heit recht­fer­ti­gen zu müssen.

Der Vati­ka­nist hat­te zusam­men mit Life­Si­teNews ver­schie­de­ne vati­ka­ni­sche Stel­len um Aus­kunft in der Sache gebe­ten, ohne Ant­wort zu erhal­ten. Life­Si­teNews konn­te jedoch in Erfah­rung brin­gen, daß die Frau vom Erz­bis­tum West­min­ster als Opfer aner­kannt wur­de. Ihr wur­de in einer außer­ge­richt­li­chen Eini­gung ein Schmer­zens­geld gezahlt. Sexu­ell miß­braucht war sie vom Prie­ster Micha­el Hill worden.

Hill war 2002 wegen des Miß­brauchs von drei Min­der­jäh­ri­gen im Alter von 10 – 14 Jah­ren zu fünf Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt wor­den. Bereits 1997 hat­te er wegen eines ähn­li­chen Delikts eine Stra­fe ver­bü­ßen müs­sen. Er soll sich in den 20 Jah­ren zwi­schen sei­ner Prie­ster­wei­he Ende der 60er Jah­re und Ende der 80er Jah­re rund 30 männ­li­chen Min­der­jäh­ri­gen unsitt­lich genä­hert haben. Die bri­ti­sche Tages­zei­tung The Guar­di­an beschul­dig­te Kar­di­nal Cormac‑O’Connor, Hill von einer Pfar­rei zur ande­ren ver­setzt und immer neue Auf­ga­ben gege­ben zu haben, obwohl ihm kon­kre­te War­nun­gen über sei­nen Miß­brauch von Kin­dern vorlagen.

1985 ernann­te er ihn zum Kaplan des Flug­ha­fens Gat­wick, wo Hill einen psy­chisch behin­der­ten Jugend­li­chen miß­braucht habe, der sei­nen Flug ver­paßt hatte.

Ver­schie­de­ne The­ra­peu­ten hät­ten den Kar­di­nal gewarnt, daß Hill wei­te­re Kin­der miß­brau­chen könn­te. Statt­des­sen akzep­tier­te Murphy‑O’Connor, daß das Erz­bis­tum den Opfern Schmer­zens­geld zahl­te unter der Bedin­gung, daß sie zur Sache Schwei­gen bewah­ren, andern­falls wer­de alles abgestritten.

Die Frau, die sich an die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on wand­te, gab an, von Hill Ende der 60er Jah­re miß­braucht wor­den zu sein. Damals sei­en neben Hill noch ande­re Prie­ster in den Miß­brauch ver­wickelt gewe­sen, dar­un­ter auch Murphy‑O’Connor.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: InfoVaticana

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