Polizei blockiert in Rom Gedenkaktion für Kardinal Caffarra


Mit einem Großplakat wollten eine Lebensrechts- und eine Kulturorganisation dem Anfang September verstorbenen Kardinal Carlo Caffarra danken. Die Polizei schritt ein und untersagte, das Plakat zu zeigen, "weil Kardinal Caffarra nicht auf der Linie von Papst Franziskus war". Gibt es in Rom noch Meinungsfreiheit?
Mit einem Großplakat wollten eine Lebensrechts- und eine Kulturorganisation dem Anfang September verstorbenen Kardinal Carlo Caffarra danken. Die Polizei schritt ein und untersagte, das Plakat zu zeigen, "weil Kardinal Caffarra nicht auf der Linie von Papst Franziskus war". Gibt es in Rom noch Meinungsfreiheit?

(Rom) Geht in Rom eine Gesin­nungs­po­li­zei um, gar eine „Fran­zis­kus­po­li­zei“? Die ita­lie­ni­sche Poli­zei blockier­te einen Klein­la­ster der Lebens­rechts­be­we­gung, der mit zwei Rie­sen­pla­ka­ten an den ver­stor­be­nen Kar­di­nal Car­lo Caf­farra erin­ner­te. Die Begrün­dung: „Weil Kar­di­nal Caf­farra nicht auf der Linie mit Papst Fran­zis­kus war“.

Gedenkaktion an großen Kardinal auf den Straßen Roms

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Zwei Mona­te nach dem über­ra­schen­den Tod von Kar­di­nal Car­lo Caf­farra wol­len meh­re­re Orga­ni­sa­tio­nen an die­sen ent­schie­de­nen Ver­tei­di­ger des Lebens­rechts unge­bo­re­ner Kin­der und der Fami­lie erin­nern. Damit erleb­ten sie gestern eine böse Überraschung.

Zitat von Johannes Paul II. und Dank an Kardinal Caffarra
Zitat von Johan­nes Paul II. und Dank an Kar­di­nal Caffarra

Kar­di­nal Caf­farra war bis zu sei­ner Eme­ri­tie­rung durch Papst Fran­zis­kus Erz­bi­schof von Bolo­gna und eine der her­aus­ra­gen­den Gestal­ten des Wel­tepi­sko­pats. Mit kan­ti­gem Pro­fil, ent­schlos­se­ner Uner­schrocken­heit, außer­ge­wöhn­li­cher Bil­dung, fei­nen Manie­ren und hin­ter­sin­ni­gem Humor war er nicht nur dem „roten Bolo­gna“ ein Sta­chel im Fleisch. Er gehör­te zu den vier Unter­zeich­nern der Dubia (Zwei­fel) zum umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia. Kurz vor sei­nem Tod fühl­te er sich über­wacht.

Die Lebens­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on Pro Vita und die katho­li­sche Kul­tur­ver­ei­ni­gung Fede e Cul­tu­ra (Glau­be und Kul­tur) mie­te­ten die gro­ße Wer­be­flä­che eines Klein­last­wa­gens. Auf dem dar­an ange­brach­ten Groß­flä­chen­pla­kat sind ein Bild von Papst Johan­nes Paul II., ein Zitat von ihm über die Unauf­lös­lich­keit der Ehe sowie ein Bild von Kar­di­nal Caf­farra mit der Auf­schrift: „Dan­ke, Kar­di­nal Car­lo Caf­farra“, dem Todes­da­tum und den Wor­ten: „In memo­ri­am“ zu sehen.

So war der Last­wa­gen auf den Stra­ßen Roms und rund um den Vati­kan unter­wegs (sie­he Bilder).

Polizei stoppt Aktion: Im Auftrag von wem?

Das vollständige Plakat der Aktion. Gefährdung der öffentlichen Ordnung?
Das voll­stän­di­ge Pla­kat der Akti­on. Gefähr­dung der öffent­li­chen Ordnung?

Auf der Via del­la Con­ci­lia­zio­ne, der Pracht­stra­ße, die von der Engels­burg zum Peters­platz führt, wur­de der Last­wa­gen von Poli­zi­sten in Uni­form und Zivil ange­hal­ten. Der Lei­ter der Poli­zei­sta­ti­on des Stadt­teils Bor­go, in dem auch der Vati­kan liegt, tele­fo­nier­te mit Toni Bran­di, dem Grün­der von Pro­Vi­ta und Ver­ant­wort­li­chen der Initia­ti­ve. Der Beam­te, so Bran­di in einer Pres­se­aus­sendung, habe ihn nach dem Zweck der Akti­on befragt. Er wol­le das wis­sen, „weil Kar­di­nal Caf­farra nicht auf der Linie von Papst Fran­zis­kus war“.

Bran­di erklär­te, daß es sich um eine Akti­on im Geden­ken an den ver­stor­be­nen Kar­di­nal hand­le, der „zeit­le­bens für das Lebens­recht gekämpft und dem Papst Respekt gezollt hat“.

Zwei Stun­den lang wur­de der Last­wa­gen von der Poli­zei fest­ge­hal­ten. Die Beam­ten führ­ten meh­re­re Tele­fon­ge­sprä­che mit Bran­di, dabei wur­de behaup­tet, es gebe „Sor­ge wegen der öffent­li­chen Ordnung“.

Wer hat­te die­se Sor­ge? Der Vati­kan? Die römi­sche Stadt­re­gie­rung? Und warum?

Schließ­lich wur­de der Last­wa­gen wie­der frei­ge­ge­ben, das Trans­pa­rent mit Kar­di­nal Caf­farra durf­te aller­dings nicht mehr gezeigt wer­den. Bran­di will heu­te per­sön­lich nach Rom rei­sen, um von der zustän­di­gen Poli­zei­be­hör­de Aus­kunft über die Zen­sur­maß­nah­me zu erhalten.

Bran­di dazu:

„Was ist an der Bot­schaft sub­ver­siv, daß der Staat um die öffent­li­che Ord­nung fürch­tet? Ist es mög­lich, daß in einem demo­kra­ti­schen und zivi­li­sier­ten Land, in dem Mei­nungs­frei­heit herrscht, nicht eines hei­lig­mä­ßi­gen Man­nes gedacht wer­den kann und eines Pap­stes, der erst vor weni­gen Jah­ren gestor­ben ist? Bei­de sind ein Leben lang für die Ver­tei­di­gung des Lebens von der Zeu­gung bis zum natür­li­chen Tod und für die Ver­tei­di­gung von Ehe und Fami­lie ein­ge­tre­ten: Ist das etwa ver­bo­ten oder schon ein Verbrechen?“

Engagierter Kämpfer für die Menschenrechte

Toni Bran­di, ein Unter­neh­mer, wur­de vor der Grün­dung von Pro Vita vor allem als Men­schen­rechts­ak­ti­vist bekannt. Als sol­cher hat­te er die Grün­dung der Lao­gai Rese­arch Foun­da­ti­on ange­regt, die sich mit dem KZ-System der kom­mu­ni­sti­schen Volks­re­pu­blik Chi­na und des­sen Opfern befaßt. Die Stif­tung ver­öf­fent­lich­te seit­her zahl­rei­che Dos­siers über die poli­ti­sche und reli­giö­se Ver­fol­gung in Chi­na, die KP-Dik­ta­tur, die Ein-Kind-Poli­tik, den Organ­han­del, Hin­rich­tun­gen, Lebens­mit­tel­si­cher­heit und Bil­lig­im­por­te. Sei­ne Arbeit ließ ihn die Not­wen­dig­keit erken­nen, auch in Ita­li­en aktiv zu wer­den gegen die „Kul­tur des Todes“. Dazu grün­de­te er 2012 die Lebens­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on Pro­Vi­ta, deren Vor­sit­zen­der er seit­her ist.

Auf der Inter­net­sei­te von Pro Vita, wo über die Poli­zei­ak­ti­on berich­tet wur­de, fie­len die Kom­men­ta­re ein­hel­lig aus: „Eine Schan­de!“ Ein Leser schrieb: „Es ist soweit: Es ist Zeit Zeug­nis zu geben.“

Die näch­sten Stun­den wer­den viel­leicht Klar­heit schaf­fen, ob Beam­te in vor­aus­ei­len­dem Gehor­sam ihr Amt miß­braucht haben oder es einen „Tele­fon­an­ruf“ von höhe­rer Stel­le gab, wo sich jemand durch das Pla­kat des Last­wa­gens „gestört“ fühl­te – und wenn ja: vor oder hin­ter der Leo­ni­ni­schen Mauer?

Der Vor­fall gibt jeden­falls Aus­kunft über das aktu­ell in Rom herr­schen­de Klima.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Pro Vita

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1 Kommentar

  1. Der Vati­kan­staat und der Staat Ita­li­en sind nicht das­sel­be, da müs­sen doch ganz ande­re recht­li­che Zustän­dig­kei­ten gel­ten. Es gibt zudem das Recht etwas pla­ka­tie­ren zu dür­fen und das obliegt nicht der Bewer­tung durch die Poli­zei. Unmög­lich, dass das in Ita­li­en anders ist als im übri­gen Euro­pa. So einen Papst gab es noch nie, der nicht nur ein auto­ri­tä­res und unchrist­li­ches Amts­ver­ständ­nis aus­drückt, son­dern noch dazu gegen die über­lie­fer­te Glau­bens­leh­re auf­tritt. Da braut sich etwas Gefähr­li­ches zusam­men mit die­sem Papst, aber wem sage ich das. Wir lesen ja fast täg­lich davon auf Katho​li​sches​.info.

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