von Peter Kwasniewski
Nachfolgend finden Sie den zweiten und letzten Teil des Artikels, den Dr. Peter Kwasnieski anlässlich des siebten Jahrestages des Inkrafttretens von Summorum Pontificum am vergangenen 14. September 2014 für „New Liturgical Movement“ verfasste, in deutscher Übersetzung. Der erste Teil ist am Dienstag erschienen.
Nachdem wir diese Punkte festgestellt haben, können wir leicht sehen, warum jede Bemühung, die Präsenz des usus antiquior in der Kirche heute zu verhindern oder einzuschränken, nur für großen Nachteil oder langfristigen Schaden sorgen würde.
Erstens wäre es ein Akt und ein Symptom des Ungehorsams, der von Gott nie gesegnet und stets durch ihn bestraft wird. Insbesondere würde es Ungehorsam gegenüber den rechtlichen Normen Papst Benedikt XVI. in Summorum Pontificum (und gegenüber den Klärungen in UniversঠEcclesià¦) darstellen, wie auch gegenüber der bekannten Äußerung Papst Johannes Paul II., dass „überall das Empfinden derer geachtet werden [muß], die sich der Tradition der lateinischen Liturgie verbunden fühlen, indem die schon vor längerer Zeit vom Apostolischen Stuhl herausgegebenen Richtlinien zum Gebrauch des Römischen Meßbuchs in der Editio typica vom Jahr 1962, weit und großzügig angewandt werden.“ Wie oben gezeigt wurde, genügt es nicht, es zu unterlassen, die traditionellen sakramentalen Riten schlechtzureden. Sie müssen gekannt und geliebt werden, wiedereingeführt und gefördert, studiert in Seminarien, den Gläubigen großzügig angeboten als ein kostbarer Schatz.
Zweitens, und hintergründiger, richtet sich der Gottesdienst auf das Herz des geistlichen Lebens einer Person, auf das, was höchst vertraut und wertgeschätzt ist. Jede Ablehnung, die Schätze der Kirche zu teilen, jede unbarmherzige Einschränkung dessen, was bereits verfügbar ist (oder verfügbar sein sollte), kann nur Zorn hervorrufen, Enttäuschung und Misstrauen, was die Einheit der Kirche verletzt, die fragil und von enormem Wert ist. Gewisse Bischöfe, Priester und Laien mögen die außerordentliche Form persönlich nicht sehr lieben, aber sie sollten die ansehnliche Minderheit von Katholiken anerkennen und respektieren, die es tun. Sie sollten einsehen, dass, wenn sie sie ihnen vorenthalten oder nicht gönnen, dies das beinahe das beleidigendste ist, was sie tun könnten – ähnlich dem Schlagen der Ehefrau, Mutter oder Großmutter eines Mannes. Um ganz offen zu sein – jene, die aufrichtig Frieden und gegenseitiges Verständnis wollen, sollten besser großzügig handeln, oder sie haben am Ende mit einem weiteren kirchlichen kalten Krieg zu tun. Wer will das schon?
Man braucht keinen Abschluss in Kernphysik, um zu sehen, dass es eine signifikante und wachsende Zahl von Katholiken zu Pfarreien und Kapellen zieht, wo die traditionelle Messe gefeiert wird, und mit ihren (im Durchschnitt) sehr großen Familien und starkem Engagement in Sachen Homeschooling gehört ihnen die Zukunft. 1988 gab es ungefähr 20 wöchentliche Sonntagsmessen im alten Ritus, heute sind es über 500. Es gibt keinen Grund, diese Bewegung zu bekämpfen, und allen Grund, sie zu unterstützen.
Trotz der Unruhe einiger, die es schwer finden, Frieden und gemeinsamem Nebeneinander eine Chance zu geben, ist die außerordentliche Form kein Problem für die Kirche und könnte, wie Ratzinger bzw. Benedikt uns zu erkennen hilft, nie aus sich selbst heraus ein Problem sein. Stattdessen könnte man beklagenswerten traditionalistischen Gesinnungen begegnen, die befremden oder provozieren – und dies, um fair zu sein, ist ein zweischneidiges Schwert, denn die Befürworter des Novus Ordo zeigen häufig ihre eigenen beleidigenden Gesinnungen, wie etwa eine merkwürdige Verschmelzung von theoretischem Liberalismus und praktischem Totalitarismus. Was zu tun ist, besteht nicht darin, eifersüchtig den usus antiquior zu limitieren und zu kontrollieren, als sei er eine gefährliche süchtigmachende Substanz – ein Ansatz, der diese beklagenswerten Gesinnungen nur schürt –, sondern eine korrekte Gesinnung zu lehren und vorzuführen, die mit offenen Armen, mit Demut und kindlicher Einfachheit, all das empfängt, was die Kirche selbst gibt, sodass der usus antiquior etwas normales und natürliches wird, nicht etwas verbotenes (und so, vielleicht, verführerischer?), kontroverses oder polarisierendes.
Überlassen wir die letzten Worte Papst Benedikt, aus seinem Brief an die Bischöfe vom 7. Juli 2007:
Mir kommt da ein Wort aus dem zweiten Korintherbrief in den Sinn, wo Paulus den Korinthern sagt: „Unser Mund hat sich für euch aufgetan, Korinther, unser Herz ist weit geworden. In uns ist es nicht zu eng für euch; eng ist es in eurem Herzen. Laßt doch als Antwort darauf … auch euer Herz weit aufgehen!“ (2 Kor 6, 11–13). Paulus sagt das in anderem Zusammenhang, aber sein Anruf kann und soll uns gerade auch in dieser Sache berühren. Machen wir unser Herz weit auf, und lassen wir all dem Raum, wozu der Glaube selbst Raum bietet.
Text: M. Benedikt Buerger
Bild: New Liturgical Movement