Der Volksaltar als Richtungswechsel


Volksaltar
Der „Küchentisch“ in der Herz-Jesu-Kapelle der Kathedrale von Ferrara. Wechsel der Zelebrationsrichtung als Ausdruck des Richtungswechsels.

(Fer­ra­ra) Am 15. Febru­ar 2017 eme­ri­tier­te Papst Fran­zis­kus Erz­bi­schof Lui­gi Negri von Fer­ra­ra, ein Wech­sel mit eini­gen, teils erstaun­li­chen Fol­gen.

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Erz­bi­schof Negri rag­te als Diö­ze­san­bi­schof aus der gro­ßen Schar sei­ner Mit­brü­der her­aus, und das nicht nur in Ita­li­en. Den­noch wur­de er von Fran­zis­kus, obwohl bei guter Gesund­heit, mit Errei­chung der Alters­gren­ze sofort eme­ri­tiert. Negris Geg­ner hät­ten ihn am lieb­sten noch viel frü­her aus sei­nem Amt gejagt. Den­noch erhebt er auch als eme­ri­tier­ter Bischof sei­ne Stim­me: als Mit­her­aus­ge­ber der Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na, deren Grün­dung er unter­stütz­te, als Seel­sor­ger, Refe­rent und Buch­au­tor. In sei­nem jüng­sten, im März erschie­ne­nen Buch „Die Her­aus­for­de­rung“ schreibt er, daß in der Kir­che unter Papst Fran­zis­kus ein „Kli­ma der Ver­wir­rung“ und ein „Kli­ma der Ver­gel­tung“ herrsche.

Kathedrale von Ferrara
Kathe­dra­le von Ferrara

Neben dem Pres­by­te­ri­um sei­ner frü­he­ren Bischofs­kir­che befin­det sich die Herz-Jesu-Kapel­le. In ihr gab es bis­her kei­nen Volks­al­tar. Die­se Kapel­le soll­te unter Erz­bi­schof Negri Aus­gangs­punkt für eine lit­ur­gi­sche Erneue­rung durch Wie­der­ge­win­nung des sakra­len Ver­ständ­nis­ses sein. Hier wur­de nicht nur die Hei­li­ge Mes­se wie­der im über­lie­fer­ten Ritus zele­briert, son­dern auf Wunsch des eme­ri­tier­ten Erz­bi­schofs auch im Neu­en Ritus ver­sus Deum zele­briert. Wegen der par­al­le­len Lage zum Pres­by­te­ri­um ist auch die Kapel­le geostet, wes­halb die Zele­bra­ti­ons­rich­tung am Hoch­al­tar tat­säch­lich ad ori­en­tem war.

Auf Anwei­sung sei­nes Nach­fol­gers, Erz­bi­schof Gian­car­lo Pere­go, wur­de nun auch in die­ser Kapel­le ein „Küchen­tisch“ auf­ge­stellt, so die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Sei­te Mes­sa in Lati­no.

Das seit 1970 geschaf­fe­ne Pro­vi­so­ri­um der „Volks­al­tä­re“ wur­de inzwi­schen weit­ge­hend durch fest­ste­hen­de, geweih­te Altä­re ersetzt. Der „Küchen­tisch“ wur­de durch einen Kubus, meist schwarz, dun­kel­grau oder dun­kel­braun, ersetzt, neu­er­dings auch durch aller­lei ande­re Gestal­tun­gen. In Fer­ra­ra griff man vor­erst auf den „Küchen­tisch“ zurück, um den Hoch­al­tar zu ver­decken und einen Haupt­aspekt der Lit­ur­gie­re­form von 1969 umzu­set­zen: die Dre­hung der Zele­bra­ti­ons­rich­tung zum Volk hin.

Einer der füh­ren­den Pro­mo­to­ren der Lit­ur­gie­re­form – schon vor 55 Jah­ren schien Rom eine Stadt am Rhein und nicht mehr am Tiber zu sein, was durch den deut­schen Ein­fluß auch seit eini­gen Jah­ren wie­der gilt –, der Köl­ner Erz­bi­schof Josef Kar­di­nal Frings, nann­te den zen­tra­len Grund von Volks­al­tar und ver­än­der­ter Zele­bra­ti­ons­rich­tung: „Es ent­spricht dem demo­kra­ti­schen Zuge unse­rer Tage“.

Auch in Fer­ra­ra hat die­se Sicht­wei­se wie­der Ein­zug gehalten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL/​Wikicommons

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2 Kommentare

  1. Es ent­spricht dem demo­kra­ti­schen Zuge unse­rer Tage. Der Volks­al­tar. Das eine hat doch mit dem ande­ren nichts zu tun. Dann wäre der über­lie­fer­te Ritus unde­mo­kra­tisch und der heu­ti­ge Ritus demo­kra­tisch. So muss man Ihn ja wohl ver­ste­hen. Erstaun­lich wenn er das gesagt hat. Man könn­te sehr böse sein und fra­gen ob es dann nicht rich­tig wäre den über­lie­fer­ten Ritus gesetz­lich zu ver­bie­ten weil er gegen unse­re frei­heit­li­che demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ver­stößt. Selbst der Papst hat gegen die­sen Ritus Vorbehalte.

  2. Der Hoch­al­tar stellt Gott in den Mit­tel­punkt, der Prie­ster und die Gläu­bi­gen beten gemein­sam Gott an, sie fei­ern ein Opfer.

    Der Küchen­tisch stellt den Men­schen in den Mit­tel­punkt, sie dre­hen Gott den Rücken zu, sie fei­ern ihr Mahl.

    End­punkt ist dann das Essen mit mög­lichst Armen in der Kir­che, wie bereits von Papst Fran­zis­kus vorgemacht.

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