(Rom) Der 23 Jahre alte Adrien Louandre ist einer von 300 jungen Menschen, die Mitglieder der Vorsynode zur Jugendsynode sind, die im kommenden Oktober in Rom stattfinden wird. Louandre war zum Zeitpunkt, als Papst Franziskus gewählt wurde, noch nicht getauft. Er wurde als Vertreter des französischen Mouvement Rural de Jeunesse Chrétienne (MRJC) nach Rom geschickt.
Bereits vor einem Jahr war kritisiert worden, daß im Vorbereitungsdokument zur Jugendsynode zwar alles mögliche Platz gefunden habe, es für das Dokument aber keine glaubens- und kirchentreue Jugend zu geben scheint. Kritiker warnen daher, daß die Kirche Gefahr laufe, durch den Versuch zu viele Fernstehende umarmen zu wollen, die eigene Kräfte und deren wirkliche geistlichen Grundlagen zu vernachlässigen.
Das Interview von Adrien Louandre
Für RCF, einem Radiosender, der in Frankreich und Belgien zu hören ist und der Französischen Bischofskonferenz nahesteht, berichtete Louandre über seine Eindrücke von der Vorsynode in Rom:
Adrien Louandre: Als Papst Franziskus gewählt wurde, war ich noch gar nicht getauft. Ich mag seine Botschaften über Ökologie, Immigration, die Begleitung junger Menschen, eine offenere Kirche, in der die Barmherzigkeit im Mittelpunkt steht. Wirklich, diese Frage der Offenheit ist wichtig, besonders für Homosexuelle: Wir müssen sie integrieren, aber ihnen auch erlauben, ihren Glauben in einer positiven Homosexualität zu leben. Bei jungen Menschen gibt es junge, traumatisierte Leidende, die Christus begegnen wollen: Wie kann man in ihre Wirklichkeit eintreten? Ich glaube sehr an die Theologie des Kreuzes: Christus beseitigt durch seine Liebe und durch das Kreuz das Leid.
RCF: Ihr arbeitet an einem vorbereitenden Text für die Synode, welche Elemente zeichnen sich ab?
Adrien Louandre: Es herrscht ein Konsens. Alle hören zu. Und diese Offenheit gegenüber Atheisten, gegenüber Agnostikern, gegenüber anderen Religionen…
RCF: Aber was ist mit dem Dogma?
Adrien Louandre: Wir erleben ein Wohlwollen für jede Person: Ich verstehe deine Wirklichkeit, also stimme ich dir zu. Was sehr stark vertreten ist, ist die Barmherzigkeit. Ich weiß nicht, wer du bist, aber wir haben den gleichen Vater, also liebe ich dich und akzeptiere dich, mit allem was du bist. Erst danach kommen die Dogmen und die Regeln.
Reaktionen von Katholiken
Das Interview stieß unter gläubigen Katholiken auf geringe Begeisterung. Eine kleine Auswahl der Kommentare von französischen Lesern bei Riposte Catholique:
„bla, bla, bla.“
„Ein perfekter Bergoglio-Schüler. Das könnte sein Pressesprecher sein.“
„Was für eine Lauheit, was für eine Leere.“
„Und was ist eine positive Homosexualität?“
„Was für ein Kauderwelsch.“
„Das ist Linkskatholik.“
„Er redet nur von sich selbst und seinen eigenen Widersprüchen.“
„Der arme Mann ist zu bemitleiden: Er ist nicht zum katholischen Glauben bekehrt, sondern zu Bergoglio. Wir müssen für ihn beten.“
„Homosexualität ist ihrem Wesen nach negativ. Sie mit dem Eigenschaftswort ‚positiv‘ in Verbindung zu bringen, ist daher bereits eine Verkehrung.“
„Woher kommt diese ‚positive‘ Homosexualität? In der Bibel findet sie sich nicht und im Katechismus aus nicht. Ah voilà! Sie steht in einem Apostolischen Schreiben namens ‚Amoris laetitia‘, im Paragraph 250. Dieser junge Claqueur hat genau aufgepaßt. Was haben wir uns also erst von der Jugendsynode zu erwarten?“
„Der Herr kam, nicht um zu verurteilen, sondern um zu heilen. Er kam, um von der Sünde zu heilen, nicht um die ‚positiv‘ umzuwerten.“
„Dieser junge Mensch ist das Ergebnis debiler Katechumenen-Programme. Nach zwei, drei Jahren der Glaubensvorbereitung scheint er selbst elementarste Aspekte des Glaubens nicht zu kennen, wird aber – offenbar weil er gut reden kann und genau sagt, was Bestimmte hören wollen – schon als Vertreter der katholischen Jugend zu einer Jugendsynode der Weltkirche geschickt.“
„Wie kommt ausgerechnet ein MRCJ-Vertreter in die Vorsynode? Da muß sich wohl jemand im Hintergrund etwas gedacht haben und hat ein bißchen geschoben.“
Der MRCJ: Von Jesus zu Marx über Mao zu … Franziskus
Mouvement Rural de Jeunesse Chrétienne (MRJC) ging 1963 aus der früheren Jeunesse agricole catholique (JAC, Katholischen Bauernjugend) hervor, bewegte sich aber schnell nach links. Nach dem Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils kam es zu einer politischen Radikalisierung der Führungsebene durch marxistische und progressive Ideen. Die 68er-Unruhen beschleunigten diese Entwicklung. Der MRJC befaßte sich in seiner Arbeit nicht mehr mit der Glaubensverkündigung, sondern mit „Kritik an der Ausbeutung durch das kapitalistische System“. Dazu wurden Schulungskurse für Marxismus angeboten. Marxistische Intellektuelle hielten Vorträge, unterstützt von linkskatholischen Aushängeschildern. Der MJRC unterstütze die kubanische Revolution. applaudierte der Kulturrevolution von Mao Tse-tung und engagierte sich zugunsten der Befreiungstheologie. 1972 wollte die maoistisch gewandelte MRJC direkter Teil der revolutionären Bewegung werden. Da sich die Mehrheit der Basis mit einem gemäßigten Linkskampf begnügte, kam es zum Bruch und Austritt der damals Führungsebene. Durch die entstandene Verwirrung war der Mitgliederstand rapide zusammengeschrumpft. Hatte die JAC 1954 noch 350.000 Mitglieder, waren es Mitte der 70er Jahre nur mehr 10.000.
Die Bischöfe weigerten sich aber einen klaren Trennstrich zu ziehen. Die neuen Führung gab sich gemäßigter. Die Bewegung behielt jedoch grundsätzlich den Linkskurs bei. Heute steht der MRJC mit 7000 Jugendlichen „in Kontakt“. Der Begriff „Mitgliedschaft“ wird vermieden. Der stolze Jahreshaushalt von 3,2 Millionen Euro stammt zu 60 Prozent von öffentlichen Institutionen. Die Französische Bischofskonferenz steuert rund 20 Prozent bei. Laut Jahresbericht waren das 2016 fast 600.000 Euro.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Riposte Catholique (Screenshot)