Verlust des Sakralen führt zum Mißbrauch in den Kirchen


Modeschau in der Kirche
Modeschau in der Kirche

(Rom) „Die Sau ist im Altar­raum ange­kom­men.“ So beschreibt Andrea Zam­bra­no die Pro­fa­nie­rung geweih­ter Kir­chen durch den Ver­ständ­nis­ver­lust für das Hei­li­ge. Die Anspie­lung auf den grun­zen­den Vier­bei­ner ist dabei durch­aus wört­lich zu neh­men, zumin­dest in einem Fall, wie das Bild belegt.

Anzei­ge

Es geht um neue For­men der Kir­chen­nut­zung und „Kir­chen­be­set­zung“. Womit wird die Kir­che gefüllt. Erfüllt ist sie durch die Anwe­sen­heit Got­tes im Altar­sa­kra­ment. Gefüllt wird sie in jüng­ster Zeit durch Spek­ta­kel und unhei­li­ge, rein welt­li­che Ereig­nis­se. Das Spek­trum reicht von Kunst- und Pho­to­aus­stel­lun­gen über Zir­kus­vor­füh­run­gen, Tanz­vor­füh­run­gen, Lesun­gen aus Büchern frem­der Reli­gio­nen, Mode­schau­en und vie­les mehr.

Apro­pos Mode, die neue­ste „Mode“ ist die Nut­zung der Kir­che als Spei­se­saal. Eine haar­sträu­ben­de Ver­wechs­lung mit dem „Mahl“ des Herrn. Zuerst kam die Aga­pe der „Urge­mein­de“, am Anfang vor der Kir­che oder im nahen Pfarr­heim, dann in der Kir­che „hin­ten“, dann im Sei­ten- und auch im Haupt­schiff. Schließ­lich wur­de an man­chen Orten aus der Aga­pe ein regel­rech­tes Essen an Tischen und Stüh­len, mit gedeck­tem Eßplatz. Natür­lich für die Armen, denn die Armen recht­fer­ti­gen für man­che offen­bar alles. Bei den Armen ist es natür­lich nicht geblie­ben. Vor allem Papst Fran­zis­kus faßt den Begriff sehr weit. In Paris gibt es schon ein Weih­nachts­din­ner in der Kir­che mit bezahl­tem Ein­tritt. Natür­lich ist der Erlös für einen „guten Zweck“. Einen beschei­de­nen reli­giö­sen Anstrich fin­det die „pasto­ra­le Spaß­ge­sell­schaft“ (Ripo­ste Catho­li­que) mit etwas Phan­ta­sie immer und überall.

Mittagessen von Papst Franziskus mit Migranten, Gefangenen, Armen in Bologna.
Mit­tag­essen von Papst Fran­zis­kus mit Migran­ten, Gefan­ge­nen, Armen in Bologna.

Papst Fran­zis­kus selbst mach­te es vor bei sei­nem Besuch in Bolo­gna. Was der Papst kann, dür­fen auch alle ande­ren. Oder etwa nicht?

Das Sakra­le wer­de ent­sorgt, so Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na, weil die Ver­mitt­lung zwi­schen einem immer fer­ne­ren oder inexi­sten­ten Gott und dem Men­schen nicht mehr not­wen­dig sei. An wel­che neue Auf­ga­be kön­ne also für die Kir­chen gedacht werden?

In Ita­li­en star­te­te die katho­li­sche Inter­net­zei­tung Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na die Initia­ti­ve #Sal­via­molechi­e­se (Ret­ten wir die Kir­chen). In einem ersten Auf­ruf wur­den Leser auf­ge­for­dert, ihre Erfah­run­gen zu berich­ten. Das Ergeb­nis sei „haar­sträu­bend“. Es sei­en zahl­rei­che Hin­wei­se auf den Miß­brauch von Got­tes­häu­sern ein­ge­gan­gen. „Die Ver­wir­rung zwi­schen Sakra­lem und Pro­fa­nem hat inak­zep­ta­ble Aus­ma­ße erreicht“, so die Internetzeitung.

Essen in der Kirche

Eine Mel­dung aus Rom lautet:

„Sehr geehr­ter Herr Chef­re­dak­teur, heu­te stell­te bei RAI Radio Uno am Ende der Sen­dung Il cie­lo sopra S. Pie­tro (Der Him­mel über St. Peter) ein Spre­cher der Gemein­schaft Sant’Egidio die Initia­ti­ve Stell noch einen Stuhl an den Tisch für Weih­nach­ten vor.“

Die Gemein­schaft Sant’Egidio, der auch der neue Erz­bi­schof von Bolo­gna ange­hört, bei dem Papst Fran­zis­kus in der Haupt­kir­che der Stadt mit Hun­der­ten Gela­de­nen ein Mit­tag­essen ein­nahm, orga­ni­siert seit vie­len Jah­ren in ihrer Kir­che in Tra­ste­ve­re in Rom ein Weih­nachts­es­sen in der spät­an­ti­ken Basi­li­ka. Die­se Pro­fa­nie­rung des Got­tes­hau­ses wird von der Gemein­schaft in die ver­schie­den­sten Län­der exportiert.

Ausstellung über Mao Tse-tung

Mao in der Kirche
Mao in der Kirche

Eine ande­re Mel­dung aus Genua besagt:

„In Genua orga­ni­siert die Kurie seit Jah­ren Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tun­gen in der Kathe­dra­le. Die Initia­ti­ve nennt sich ‚Offe­ne Kir­che“. Es wird ein Tisch auf­ge­stellt, wo die Leu­te mit dem Rücken zum Altar sit­zen, Mikro­pho­ne, ein Kom­men und Gehen, Geschwätz, Applaus, kei­ner, der sich bekreu­zigt, jeder meint, sich in der Kir­che wie in irgend­ei­nem Tagungs­saal zu befin­den. Da die Kurie über einen schö­nen, gro­ßen Kon­fe­renz­saal ver­fügt, ist die Ent­schei­dung ideo­lo­gisch moti­viert, man­che behaup­ten sogar ‚pasto­ral‘. Man denkt, die Leu­te an die Kir­che her­an­zu­füh­ren, indem man sie mit einem Trick ver­lei­tet, die Kir­che zu betre­ten. Kann es sein, daß die erbärm­li­chen Ergeb­nis­se die Hir­ten nicht zum Nach­den­ken veranlassen?“

In Roc­casec­ca bei Rom wird in der Kir­che zum hei­li­gen Tho­mas eine Aus­stel­lung über Mao Tse-tung durch­ge­führt. Gezeigt wer­den gigan­ti­sche Bil­dern vom „Vater der chi­ne­si­schen Revo­lu­ti­on“. Mit dem kom­mu­ni­sti­schen Per­so­nen­kult wer­den Fres­ken und Altar­bil­der aus dem 15. Jahr­hun­dert zuge­deckt. Nach­dem es zu Kri­tik kam, been­de­te der zustän­di­ge Pfar­rer vor weni­gen Tagen die Aus­stel­lung und ent­schul­dig­te sich bei den Gläu­bi­gen. War­um bedurf­te es der Pro­te­ste, um das zu erkennen?

Die sprichwörtliche Sau

Sau am Grill in der Kathedrale
Sau am Grill in der Kathedrale

Die sprich­wört­li­che Sau wur­de übri­gens nicht in Ita­li­en durch die Kir­che getrie­ben und dann am Spieß gegrillt, son­dern in Hil­des­heim. 2013 wur­de der Abschluß der Reno­vie­rungs­ar­bei­ten mit einem Grill­fest in der Kir­che gefei­ert. Nach Pro­te­sten – wie­der­um erst danach – ließ Bischof Robert Tel­le das Bild der brut­zeln­den Sau von der Inter­net­sei­te sei­nes Bis­tums löschen. Das Ereig­nis hat­te aber so stattgefunden.

Die Hil­des­hei­mer All­ge­mei­ne schrieb damals:

„Fre­vel oder net­te Geste? Kölsch statt Kelch, Kar­tof­feln statt Kom­mu­ni­on: Mit­ten im leer­ge­räum­ten Dom fei­er­te das Bis­tum im Jahr 2011 mit allen Betei­lig­ten an der Dom­sa­nie­rung ein Hand­wer­ker­fest. Der Anblick war gewöh­nungs­be­dürf­tig, nicht nur für from­me Katho­li­ken: Wo einst die Orgel­em­po­re stand, dreh­te sich ein auf­ge­spieß­tes Span­fer­kel. Lan­ge Bier­ti­sche sorg­ten für Gemüt­lich­keit, auf Ein­la­dung von Bischof Nor­bert Trel­le flos­sen 140 Liter Kölsch.“

Die Zei­tung frag­te die Leser in einer Online-Abstim­mung um ihre Mei­nung. 60 Pro­zent nann­te die Akti­on von Bischof Trel­le eine „pie­tät­lo­se Sauerei“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: NBQ/​In terris/​Hildesheimer All­ge­mei­ne (Screen­shot)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!