Franziskus! Wir haben dich nicht gewählt, damit du alles zerstörst


Zwei Argentinier: Kardinal Leonardo Sandri gestern bei Papst Franziskus
Zwei Argentinier: Kardinal Leonardo Sandri gestern bei Papst Franziskus

(Rom) Gestern emp­fing Papst Fran­zis­kus einen Kuri­en­kar­di­nal in Audi­enz. Der­glei­chen gehört zum All­tag im Vati­kan. Den­noch hat­te die­se Audi­enz eine beson­ders pikan­te Note.

Herzliche Audienz
Herz­li­che Audienz
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Von Fran­zis­kus emp­fan­gen wur­de sein Lands­mann Leo­nar­do Kar­di­nal Sand­ri. Der Kar­di­nal wur­de wie Fran­zis­kus in Bue­nos Aires gebo­ren und ist Sohn ita­lie­ni­scher Ein­wan­de­rer, aber sie­ben Jah­re jün­ger als der Papst. 1967 zum Prie­ster geweiht, wur­de er Sekre­tär des dama­li­gen Erz­bi­schofs von Bue­nos Aires und 1971 nach Rom geschickt, um die Diplo­ma­ti­sche Aka­de­mie des Hei­li­gen Stuhls zu besu­chen. 1974 trat er in den Dienst des Staats­se­kre­ta­ri­ats und war von 1997 bis 2000 Apo­sto­li­scher Nun­ti­us in Vene­zue­la, dann noch weni­ge Mona­te in Mexi­ko, um Ende 2000 von Johan­nes Paul II. als Sub­sti­tut an das Staats­se­kre­ta­ri­at beru­fen zu wer­den. Als sol­cher gab er im April 2005 den Tod des pol­ni­schen Papsts bekannt.

2007 ernann­te ihn Papst Bene­dikt XVI. zum Prä­fek­ten der Kon­gre­ga­ti­on für die ori­en­ta­li­schen Kir­chen und erhob ihn im sel­ben Jahr in den Kar­di­nals­stand. 2013 gehör­te er im Kon­kla­ve zu den Wäh­lern sei­nes Lands­man­nes Jor­ge Mario Kar­di­nal Berg­o­glio. Einer von nicht weni­gen Kuri­en­kar­di­nä­len, die den dama­li­gen Erz­bi­schof von Bue­nos Aires ent­ge­gen der Legen­de unter­stütz­ten, die Wahl Berg­o­gli­os sei ein Auf­stand der „Peri­phe­rie“ gegen die Römi­sche Kurie gewesen.

Lautstarke Kritik eines Kardinals an Papst Franziskus

Ver­gan­ge­nen Frei­tag berich­te­te der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti, daß die Hal­tung von Papst Fran­zis­kus gegen­über der Kri­tik an sei­nem umstrit­te­nen, nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia auch im Vati­kan man­chen ein Ärger­nis sei. Tosat­ti spricht von „zwei ver­schie­de­nen Quel­len“, die ihm fol­gen­des mitteilten.

„Ein Kar­di­nal mit gro­ßem Renom­mee, ein ehe­ma­li­ger Diplo­mat mit einem bedeu­ten­den Cur­ri­cu­lum an der Spit­ze einer Kon­gre­ga­ti­on und an her­aus­ra­gen­der Stel­le im Staats­se­kre­ta­ri­at, habe das Han­deln des Pap­stes geta­delt, indem er ihm der Sache nach gesagt habe: ‚Wir haben dich gewählt, damit zu Refor­men durch­führst und nicht alles zer­störst‘. Die Nach­richt ver­brei­te­te sich im Vati­kan, weil das Gespräch, wenn man von einem Gespräch reden kann, mit erhöh­ter Laut­stär­ke statt­fand, sodaß Türen und Wän­de durch­drun­gen wur­den. Der Pur­pur­trä­ger um den es geht, war einer von jenen, die im Kon­kla­ve 2013 die Kan­di­da­tur von Jor­ge Mario Berg­o­glio unter­stützt haben.“

Tosat­ti nann­te kei­nen Namen. Sei­ne Beschrei­bung ist jedoch so detail­liert, daß sie nur auf Kar­di­nal Sand­ri zutrifft.

Erstaun­li­cher­wei­se wur­de Kar­di­nal Sand­ri nur drei Tage nach Tosat­tis Ver­öf­fent­li­chung vom Papst in Audi­enz emp­fan­gen. Da der Papst erst am Sams­tag aus Ban­gla­desch zurück­kam, fand die Begeg­nung viel­mehr am ersten mög­li­chen Tag nach der Ver­öf­fent­li­chung statt.

Über den Inhalt des Gesprächs wur­de vom Vati­kan nichts bekannt­ge­ge­ben, dafür wur­den aber Pho­tos ver­öf­fent­licht, die zwei hei­ter lächeln­de Gesprächs­part­ner zei­gen. Bis­her gab es kei­ne Bil­der, auf denen die bei­den Argen­ti­ni­er sich so aus­ge­las­se­ner Freund­lich­keit zu sehen sind. Die Bil­der wol­len demon­stra­ti­ves Ein­ver­neh­men signa­li­sie­ren und sol­len offen­bar unaus­ge­spro­chen der Ver­öf­fent­li­chung Tosat­tis entgegenwirken.

Damit stellt sich nur mehr die Fra­ge, wer von bei­den even­tu­ell bes­ser vor dem Pho­to­gra­phen simulierte.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Osser­va­to­re Romano/​OSS (Screen­shots)

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