Papst ernennt Sondergesandten für Medjugorje – Mission mit „ausschließlich pastoralem Charakter“


Medjugorje - Papst Franziskus hat heute einen Sondergesandten für den Ort in der Herzegowina ernannt, der "pastorale Vorschläge" unterbreiten soll.
Medjugorje - Papst Franziskus hat heute einen Sondergesandten für den Ort in der Herzegowina ernannt, der "pastorale Vorschläge" unterbreiten soll.

(Rom) Eine Ent­schei­dung Roms zum Phä­no­men im her­ze­go­wi­ni­schen Ort Med­jug­or­je scheint näher­zu­rücken. Papst Fran­zis­kus hat heu­te einen Son­der­ge­sand­ten des Hei­li­gen Stuhls für Med­jug­or­je ernannt.

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Wie es im Tages­bul­le­tin des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes heißt, wur­de Erz­bi­schof Hen­ryk Hoser SAC, Bischof von War­schau, von Papst Fran­zis­kus zum Son­der­ge­sand­ten des Hei­li­gen Stuhls ernannt mit dem Auf­trag, sich nach Med­jug­or­je zu begeben.

„Der Auf­trag hat zum Zweck, ver­tief­te Kennt­nis der pasto­ra­len Situa­ti­on jener Rea­li­tät und vor allem der Bedürf­nis­se der Gläu­bi­gen zu gewin­nen, die in Wall­fahrt dort­hin gelan­gen, und auf deren Grund­la­ge even­tu­el­le pasto­ra­le Initia­ti­ven für die Zukunft zu empfehlen.“

Die Mis­si­on des Son­der­ge­sand­ten „wird einen aus­schließ­lich pasto­ra­len Cha­rak­ter haben“, so die vati­ka­ni­sche Erklärung.

Es sei „vor­ge­se­hen“, daß S. Ex. Msgr. Hoser, der wei­ter­hin sein Amt als Erz­bi­schof-Bischof von War­schau-Pra­ga aus­üben wird, sei­ne Auf­ga­be bis zum Ende des kom­men­den Som­mers abschlie­ßen wird.

Bisher alle Entscheidungen negativ

Bis­her waren alle Ent­schei­dun­gen der zustän­di­gen Bischö­fe (Orts­bi­schof und Bischofs­kon­fe­renz) zu Med­jug­or­je nega­tiv. Ein über­na­tür­li­cher Cha­rak­ter wird bestrit­ten. 2010 setz­te Papst Bene­dikt XVI. eine Unter­su­chungs­kom­mis­si­on des Hei­li­gen Stuhls ein, um das Phä­no­men zu unter­su­chen. Die unter dem Vor­sitz des ehe­ma­li­gen Kar­di­nal­vi­kars von Rom, Kar­di­nal Camil­lo Rui­ni, ste­hen­de Kom­mis­si­on been­de­te ihre Arbeit 2012. Wegen des uner­war­te­ten Amts­ver­zichts von Bene­dikt XVI. kam es zu kei­ner Ent­schei­dung mehr. Papst Fran­zis­kus ließ sich 2014 von Kar­di­nal Rui­ni die Ergeb­nis­se der Unter­su­chungs­kom­mis­si­on mit­tei­len. Seit­her wur­de wie­der­holt über eine bevor­ste­hen­de Ent­schei­dung spekuliert.

Beob­ach­ter spre­chen davon, daß der anhal­ten­de Pil­ger­strom eine Ent­schei­dung für den Vati­kan „hei­kel“ mache. Med­jug­or­je-Befür­wor­ter dräng­ten in den ver­gan­ge­nen Jah­ren dar­auf, eine Ent­schei­dung solan­ge auf­zu­schie­ben, solan­ge die behaup­te­ten „Erschei­nun­gen“ nicht abge­schlos­sen sei­en. Kri­ti­ker spra­chen von einem Auf­schub auf den „Sankt­nim­mer­leins­tag“.

Seit 1981 soll in Med­jug­or­je die Got­tes­mut­ter sechs „Sehern“ erschei­nen. Das Phä­no­men dau­ert seit­her an. Man­chen „Sehern“ erscheint die Got­tes­mut­ter, laut deren Anga­ben, ein­mal im Monat, ande­ren jede Woche und wie­der ande­ren jeden Tag. Letz­te­res gilt für Ivan Dra­gice­vic. Vor allem gegen ihn rich­ten sich Maß­nah­men der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, die ihm das Auf­tre­ten in Kir­chen und kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen unter­sagt, bei denen die Echt­heit der „Erschei­nun­gen“ behaup­tet wird oder „Erschei­nun­gen“ stattfinden.

„Pastorale Lösung“, daher „pastoraler Charakter“ der Hoser-Mission?

In den ver­gan­ge­nen bei­den Jah­ren war über eine „pasto­ra­le Lösung“ bzw. „admi­ni­stra­ti­ve Lösung“ für Med­jug­or­je spe­ku­liert wor­den. Eine Echt­heit des Phä­no­mens wer­de nicht aner­kannt bzw. eine Letzt­ent­schei­dung auf den Zeit­punkt ver­scho­ben, da es zu kei­nen „Erschei­nun­gen“ mehr kommt. Gleich­zei­tig wer­de Med­jug­or­je zu einer Gebets­stät­te erho­ben und direkt der Kon­trol­le des Hei­li­gen Stuhls unterstellt.

Beob­ach­ter sehen in die­ser „Lösung“ den Ver­such, die Nicht-Aner­ken­nung Med­jug­or­jes abzu­fe­dern, damit Gläu­bi­ge sich nicht ent­täuscht von der Kir­che abwen­den, son­dern seel­sorg­lich auf­ge­fan­gen werden.

Ob Papst Fran­zis­kus die­sen Weg gehen wird, muß sich erst zei­gen. Er selbst hat­te im Juni 2015, als er Sara­je­wo besuch­te, eine „bal­di­ge“ Ent­schei­dung ange­kün­digt. Laut dem heu­ti­gen Tages­bul­le­tin des Vati­kans ist vor Herbst 2017 mit kei­ner Ent­schei­dung zu rech­nen. Offen­bar fällt dem Papst eine Ent­schei­dung nicht leicht.

Steht Entscheidung schon fest?

Grund­sätz­lich scheint die­se auf der Grund­la­ge der Arbeit der Rui­ni-Kom­mis­si­on schon fest­zu­ste­hen. Dar­auf deu­tet der Hin­weis in der heu­ti­gen Vati­kan­er­klä­rung hin, daß die Mis­si­on des Son­der­ge­sand­ten Hoser nur mehr „pasto­ra­len Cha­rak­ter“ hat.

Seit dem Herbst 2013 kri­ti­sier­te das Kir­chen­ober­haupt mehr­fach For­men des Appa­ri­tio­nis­mus und einer „Sucht nach Bot­schaf­ten“. Am 7. Sep­tem­ber 2013 kri­ti­sier­te Fran­zis­kus als Papst erst­mals bei einer mor­gend­li­chen Pre­digt „Chri­sten ohne Chri­stus“, die sich an „Erschei­nun­gen klam­mern“, und „die etwas Beson­de­res suchen“. Ohren­zeu­gen berich­te­ten, daß er als Nega­tiv­bei­spiel nament­lich Med­jug­or­je erwähnt hat­te. Er sprach von einem „Offen­ba­rungs­spek­ta­kel“ zu dem es Men­schen drän­ge, „um neue Din­ge zu hören“. Die Offen­ba­rung, so der Papst, sei jedoch „mit dem Neu­en Testa­ment abgeschlossen“.

In den bei­den Zusam­men­fas­sun­gen der Kurz­pre­digt in San­ta Mar­ta, die von Radio Vati­kan und vom Osser­va­to­re Roma­no erstellt wur­den, fin­det sich die Erwäh­nung von Med­jug­or­je nicht.

Als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires dul­de­te Kar­di­nal Jor­ge Mario Berg­o­glio Auf­trit­te von Med­jug­or­je-Sehern. Kar­di­nal Berg­o­glio erteil­te Dra­gice­vic 2013 noch kurz vor sei­ner Abrei­se zum Kon­kla­ve nach Rom die Erlaub­nis, in Bue­nos Aires zu spre­chen. An den Tref­fen am 4. und 6. März 2013 nah­men 15.000 Men­schen teil. Pater Ber­is­lav Ostojic, ein her­ze­go­wi­ni­scher Fran­zis­ka­ner aus Cit­luk nahe Med­jug­or­je, war von 2010 bis zum Kon­kla­ve Berg­o­gli­os Beicht­va­ter. Ein Umstand, der viel­leicht Ein­fluß auf die dama­li­gen Ent­schei­dun­gen hatte.

Papst Franziskus: „Madonna, die Botschaften wie ein Poststellenleiter verteilt, ist nicht echt“

Erst vor weni­gen Tagen bezeich­ne­te Papst Fran­zis­kus eine Madon­na, die „Bot­schaf­ten“ wie ein Post­stel­len­lei­ter ver­tei­le, als „nicht echt“. Beob­ach­ter sehen einen Zusam­men­hang zwi­schen die­ser Aus­sa­ge und der heu­ti­gen Ent­schei­dung zu Medjugorje.

Der her­ze­go­wi­ni­sche Ort steht für ein Phä­no­men, das die Kir­chen­ge­schich­te vor 1981 nicht kann­te: eine Flut von Bot­schaf­ten. In Lour­des erschien die Got­tes­mut­ter acht­zehn­mal, in Fati­ma sechs­mal, um nur die­se bei­den Bei­spiel zu nen­nen. Vie­le Mari­en­er­schei­nun­gen ken­nen kei­ne all­ge­mei­ne Bot­schaft an die Mensch­heit. Wenn es sol­che gab, dann fie­len sie kurz und bün­dig aus.

Mit dem Auf­tre­ten des Phä­no­mens von Med­jug­or­je setz­te eine Flut von Bot­schaf­ten ein, je nach Zäh­lung sol­len es bereits 10.000–30.000 sein. Seit Med­jug­or­je ist die­sel­be Bot­schaf­ten­flut auch im Zusam­men­hang mit ande­ren kirch­lich nicht aner­kann­ten Phä­no­men auf­ge­tre­ten und wei­sen auf einen gewis­sen Nach­ah­mungs­ef­fekt hin. Die kaum über­schau­ba­re Quan­ti­tät der Bot­schaf­ten, die in kei­nem Ver­hält­nis zur Qua­li­tät ste­hen, gilt Skep­ti­kern als eines der Haupt­ar­gu­men­te gegen einen über­na­tür­li­chen Cha­rak­ter des Phänomens.

Kri­ti­ker erklä­ren die Bekeh­run­gen und posi­ti­ven Initia­ti­ven, die in direk­tem oder indi­rek­tem Zusam­men­hang mit Besu­chen in Med­jug­or­je ste­hen, mit der beson­de­ren Offen­heit der Gläu­bi­gen für Gott, die frucht­bar wer­de. Die posi­ti­ven Aspek­te sei­en weni­ger an den Ort gebun­den, son­dern an die inne­re Bereit­schaft der Men­schen, sich Gott hinzugeben.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL (Screen­shot)

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