(Rom) Könnte 2017 das Jahr werden, in dem das fünfte marianische Dogma verkündet wird? Darüber berichtete zumindest EWTN unter Berufung auf ein Dokument der International Marian Association.
Diese marianische Vereinigung überreichte Papst Franziskus eine Petition, öffentlich Maria den Titel als „Coredemptrix“, als „Miterlöserin mit Jesus dem Erlöser“ zu verleihen. Die Theologische Kommission der International Marian Association legte dazu ein Dokument von zehn Seiten vor. Die Bitte an den Papst wird von mehr als 100 Theologen, Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und führenden Laien aus 20 Ländern unterstützt. Die International Marian Association widmet sich der „ganzen Wahrheit und Liebe zu Maria, der Mutter Jesu“. Die Bitte steht im Zusammenhang mit dem 100. Jahrestag der Marienerscheinungen im portugiesischen Wallfahrtsort Fatima.
Die International Marian Association begründet die Bedeutung ihrer Bitte damit, daß durch die Verkündigung des Dogmas Klarheit über die herausragende und einzigartige Rolle Mariens in der Mitwirkung am Erlösungswerk ihres Sohnes geschaffen werde, wie Robert Festiggi, Professor für Mariologie am Priesterseminar des Erzbistums Detroit, in einer Stellungnahme für EWTN sagte.
„Ich glaube, daß viele Menschen die Ausbreitung des Bösen in der Welt spüren und die Bedeutung der Rolle Mariens als geistliche Mutter erkennen“, so Festiggi. „Eine päpstliche Erklärung über die marianische Miterlöserin würde unser Verständnis der Rolle Mariens verdeutlichen, die als Neue Eva ihren Sohn, den Neuen Adam, unterstützt.“ Der Mariologe verwies in diesem Zusammenhang auf das Konzilsdokument Lumen Gentium.
Seit dem 10. Jahrhundert Mitwirkung Mariens am Erlösungswerk Christi betont
Der Titel der Miterlöserin sei bereits für das 10. Jahrhundert belegt, als einige Litaneien Maria unter dem Titel „Erlöserin mit ihrem Sohn“ anriefen. Der Titel als „Neue Eva“ gehe sogar schon auf das 2. Jahrhundert zurück. Im 15. Jahrhundert kam dann der eigentliche Begriff „Miterlöserin“ auf. Man wollte Mißverständnisse vermeiden, weshalb nicht der Eindruck entstehen sollte, Maria werde als „Erlöserin“ angesprochen. Erlöser sei allein Jesus Christus, doch habe Maria Anteil an diesem Erlösungswerk ihres Sohnes.
Das 17. Jahrhundert, die Zeit der Gegenreformation mit ihrer Vertiefung der Rolle Mariens wegen der protestantischen Angriffe, wurde zum „Goldene Zeitalter“ des Titels „Miterlöserin“, so Festiggi. Offizielle Anerkennung fand er dennoch erst 1908, als die Ritenkongregation ihn erstmals in einem Dekret verwendete, mit dem die Sieben Schmerzen Mariens zum Fest erhoben wurden.
Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde es stiller um den Begriff. Im Vorspann und den erklärenden Noten zum ersten marianischen Schema von 1962 wurde darauf verwiesen, daß einige Begriffe und Ausdrücke nicht verwendet werden, „obwohl sie wahr sind“, weil sie für die „getrennten Brüder schwer zu verstehen sein könnten“, wie Prof. Festiggi ausführte.
Auch aus diesem Grund wäre eine päpstliche Erklärung mit einer offiziellen Anerkennung der Miterlöserrolle Mariens von Bedeutung, um in diesem Punkt die „nötige Klarheit“ zu schaffen. Festiggi verwies darauf, daß das Konzil dennoch die Bedeutung Mariens vertiefte und Papst Paul VI. Maria 1964 zur „Mutter der Kirche“ proklamierte.
„Maria Miterlöserin“, informell bereits von zwei Päpsten mehrfach gebraucht
Leider, so Festiggi, wüßten auch die meisten Katholiken nicht, daß der Titel Miterlöserin bereits informell vom Lehramt anerkannt wurde. Zwei Päpste, Pius XI. dreimal und Johannes Paul II. sechsmal, haben sich öffentlich auf Maria als „Miterlöserin“ bezogen.
Es gebe nach wie vor in Teilen der Kirche die Sorge, die Protestanten und andere, die nicht in Einklang mit der katholischen Lehre stehen, könnten durch die Anerkennung dieses marianischen Titels irritiert werden. Professor Festiggi ist ganz anderer Meinung: Eine offizielle Anerkennung würde eine Klärung bedeuten und dabei auch den „getrennten Brüdern“ ein Ansporn sein, diesen Punkt zu vertiefen.
Der Mariologe gab zu erkennen, daß die International Marian Association zwar auf die Verkündigung der Miterlöserrolle als neues marianisches Dogma hofft, aber nicht unbedingt damit rechnet. Man wäre bereits „glücklich“, so Festiggi, wenn es irgendeine offizielle päpstliche Anerkennung des marianischen Titels gebe: „Wir vertrauen auf den Heiligen Geist, den Heiligen Vater und die Gebete der allerseligsten Jungfrau Maria, unserer geistlichen Mutter, auf daß der Wille Gottes geschehe.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/Mediatrix