(Paris) Bischof Bernard Fellay, der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X., gab vergangene Woche dem französischen Sender TV Libertés ein Interview, das am 29. Januar veröffentlicht wurde. Dabei wurde er auch auf eine mögliche kanonische Anerkennung der Piusbruderschaft durch den Heiligen Stuhl angesprochen. Offensichtlich tut sich etwas, denn gestern veröffentlichte der päpstliche Hausvatikanist Andrea Tornielli den Artikel: „Priesterbruderschaft St. Pius X.: Versöhnung rückt immer näher“.
TV Libertés: Papst Franziskus hat Ihnen eine Personalprälatur für die FSSPX angeboten. Mit dieser kanonischen Situation könnten Sie eine Unabhängigkeit mit den Bischöfen bewahren. Msgr. Schneider, der ihre Seminare besucht hat, drängt, diesen Vorschlag anzunehmen, auch wenn die Situation in der Kirche nicht zu 100 Prozent zufriedenstellend ist. Besteht nicht mit der Zeit die Gefahr, eine mehr oder weniger autonome, autokephale Kirche zu schaffen, wenn diese Situation der konstanten Distanzierung gegenüber Rom, gegenüber dem Papst, gegenüber der Kurie, gegenüber den Bischöfen fortgesetzt werden sollte? Warten Sie für die Unterzeichnung eines römischen Vorschlags auf einen Pius XIII. auf dem Stuhl Petri, auf den wir alle warten?
Bischof Fellay: Ich denke, es ist nicht notwendig, zu warten, bis alles in der Kirche geordnet ist, bis alle Probleme geordnet sind. Es gibt jedoch eine Reihe von Bedingungen, die notwendig sind, und für uns ist die notwendigste Bedingung das Überleben. Ich habe Rom wissen lassen, ohne jede Zweideutigkeit, auf dieselbe Weise, wie Msgr. Lefebvre es seinerzeit gesagt hat: Es gibt eine conditio sine qua non. Das heißt, wenn diese Bedingung nicht erfüllt wird, werden wir uns nicht bewegen: nämlich daß wir bleiben können, was wir sind, das heißt, alle Prinzipien bewahren können, die wir bewahrt haben, weil es katholische Prinzipien sind.
In der Tat haben wir schwerwiegende Vorwürfe gegen das, was auf dem Konzil, in der Kirche, durch bestimmte Männer geschehen ist, dann die berühmte Frage zur Art, wie man die Ökumene geführt hat, zum Beispiel das, was man Religionsfreiheit nennt, die Beziehung zwischen Kirche und Staat, jedem die Freiheit zu geben, seine Religion zu praktizieren und unter welchem Titel …
Ich denke aber, daß wir dazu in die richtige Richtung gehen, das heißt, daß Rom nachgibt.
Es ist interessant, daß wir seit zwei Jahren sagen können, daß es Fragen gibt, zu dem, was das Konzil erklärt hat, daß es Aussagen des Konzils gibt, die nicht den Kriterien der Katholizität entsprechen. Das bedeutet, daß wir das Recht haben, anderer Meinung zu sein und doch als katholisch betrachtet werden. Genau zu den ganzen Fragen, über die wir diskutieren. Das zum ersten Teil.
Zum zweiten Teil, daß es das Risiko eines Schismas gibt, der Etablierung einer Parallelkirche. Ich habe dieses Problem mit dem Papst selbst, mit Papst Franziskus besprochen, und wir sind uns darin einig. Es gibt heute eine bestimmte Anzahl von praktischen Bestimmungen, die ein Schisma faktisch unmöglich machen, das heißt, daß wir in der Praxis, in den Alltagshandlungen Rom unsere Unterwerfung zeigen und dessen Autoritäten anerkennen. Das gilt nicht nur für die Messe, indem wir den Namen des Papstes und des Ortsbischofs im Hochgebet nennen. Wir haben auch das schöne Beispiel des Papstes, der uns die Vollmacht gegeben hat, die Beichte abzunehmen und auch Rechtsakte zu setzen.
Es ist kompliziert, aber es kann geschehen, das ein Priester eine strafwürdige Handlung begeht. Wir haben durch Rom die Zuständigkeit erhalten, einen solchen Fall zu richten. Das ist wirklich eine normale Beziehung. Und es ist nicht nur die Beichte: Im vergangenen Sommer wurde bestätigt, daß der Generalobere die Priester der Bruderschaft frei weihen kann, ohne den Ortsbischof um Erlaubnis fragen zu müssen. Das war ein Text Roms, der von verschiedenen Seiten veröffentlicht wurde und der besagt, daß die Bruderschaft rechtmäßig weiht, wir können also sagen frei.
Das sind wichtige Handlungen, Rechtsakte, die kanonisch sind, die gibt es schon und die meines Erachtens die Möglichkeit eines Schismas unterbinden. Natürlich ist immer aufzupassen.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: TV Libertés