(Madrid) Die Angriffe gegen die katholische Kirche haben in Spanien jüngst an Heftigkeit zugenommen. Bei den Parlamentswahlen im Dezember 2015 verlor der bürgerliche Partido Popular (Volkspartei) seine Mehrheit. Allerdings waren die Linksparteien nicht imstande, innerhalb der von der Verfassung vorgesehenen Frist eine Regierung zu bilden. Am kommenden 26. Juni finden daher Neuwahlen statt. Ein weiterer Linksruck wird nicht ausgeschlossen.
Die Attacken gegen den Erzbischof von Valencia, Antonio Kardinal Cañizares, durch Vertreter der Linksparteien, lassen einen neuen Eskalationsgrad gegen die Kirche erkennen. Der ehemalige Kurienkardinal hatte die natürliche Familie verteidigt und die Gender-Ideologie kritisiert. Cañizares wandte sich vor allem gegen „falsche“ Gesetze die der menschlichen Natur zuwiderlaufen und damit im Widerspruch zum staatlichen Auftrag stehen, für das Allgemeinwohl zu sorgen.
Eine Position, die von den Linksparteien (PSOE, Podemos, IU) kaum mehr geduldet wird. Sie wollen der Kirche einen Maulkorb umhängen, und sie am liebsten zum Schweigen bringen. Die jüngste Kampagne, bei der selbst kirchliche Angestellte, die in linken politischen Parteien aktiv sind, den hohen Kirchenvertreter öffentlich beleidigten, zeigt, daß die Meinungsfreiheit in ernster Gefahr ist. Ein Phänomen, das nicht nur in Spanien zu beobachten ist.
In diesen Kontext fallen Bemühungen der spanischen Kirche, sich von der staatlichen Finanzierung unabhängig zu machen. Zwischen 10 und 50 Prozent beträgt derzeit der Anteil an staatlichen Zuwendungen zum Jahreshaushalt der spanischen Diözesen.
Der staatliche Beitrag zur Finanzierung der Kirche ist durch ein 1979 am Übergang zur Demokratie zwischen dem Staat und der Kirche unterzeichneten Abkommen geregelt. Gegen eine Finanzierung der Kirche durch den Staat hatte die politische Linke seit den 80er Jahren agitiert. 2007 setzte die Linksregierung Zapatero eine Ergänzung durch, die eine direkte Bezuschussung der Kirche durch den Staat abschaffte. Stattdessen wurde festgelegt, daß der Staat 0,7 Prozent der Einkommensteuer (IRPF) jener Steuerzahler an die Kirche abführt, die dies wünschen. Die Regelung lehnt sich an vergleichbare Bestimmungen an, die 1984 im Konkordat zwischen der katholischen Kirche und Italien festgelegt wurden.
Seit der Neuregelung von 2007 erhält die katholische Kirche keine Subventionen mehr aus dem Steuertopf. Es wird ihr nur mehr das Geld überwiesen, das Katholiken ihr freiwillig durch eine ausdrückliche Erklärung auf der Steuererklärung abführen wollen. Im Gegensatz zur Kirchensteuer in Deutschland ist die Abgabe freiwillig. Festgelegt ist lediglich die Quote.
Das Erzbistum Madrid finanziert sich zu 18 Prozent aus der IRPF-Abgabe. Im Erzbistum Barcelona liegt der Anteil bei 34,1 Prozent, im Bistum Cordoba bei 14,5 Prozent.
Insgesamt betragen die indirekten Zuwendungen des Staates (Durchlaufposten IRPF-Abgabe) jährlich rund 250 Millionen Euro. Eine bescheidene Summe im Vergleich zu den mehr als fünf Milliarden, die Deutschlands Kirche durch die Kirchensteuer erhält. Entsprechend bescheiden sind auch die Gehälter spanischer Priester, die zwischen 700‑1000 Euro liegen.
Dennoch wird innerhalb der Spanischen Bischofskonferenz über verstärkte Bemühungen diskutiert, sich auch von der indirekten Zuwendung durch den Staat unabhängig zu machen und den Haushalt der Diözesen zur Gänze auf Selbstfinanzierung umzustellen. Finanzielle Abhängigkeit, und sei sie nur indirekt, könne den eigenen Handlungsspielraum und die Unabhängigkeit, auch die Meinungsfreiheit einschränken, heißt es dazu in Spanien. Der Geldhahn sei zu jeder Zeit ein beliebtes Druckmittel der gerade herrschenden Obrigkeit gewesen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Infovaticana