(Rom) Derzeit diskutieren die Synodenväter über die wiederverheirateten Geschiedenen und die Homosexualität. Sandro Magister weist darauf hin, wie die Lesungen der Heiligen Messe den Synodenvätern Antwort auf umstrittene Fragen geben. So geschehen zur Homosexualität vor wenigen Tagen.
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Das Wort dem Apostel Paulus – ohne Zensur
von Sandro Magister
Seit die Synodenväter mit der Diskussion des dritten Teils des Instrumentum laboris begonnen haben, jenem mit den umstrittensten Aussagen, wird in den Werktagsmessen jeden Tag ein Ausschnitt aus dem Brief an die Römer gelesen, dem theologischen Meisterwerk des Apostels Paulus.
Auch hier, was für ein Zufall, wie am Sonntag, den 4. Oktober mit der Eröffnungsmesse, als in allen Kirchen der katholischen Welt die Worte Jesu im Markusevangelium zu hören waren: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (siehe Erste Rede bei Bischofssynode hält der Heilige Geist – Exklusiv der vollständige Wortlaut).
Was für ein Zufall: Die Heilige Schrift gibt Antwort zur Homosexualität
Nun aber hat der Zufall zwischen Synode und Leseordnung nicht mit der Unauflöslichkeit der Ehe zu tun, sondern mit einem anderen heißen Eisen: der Homosexualität.
Am Dienstag, den 13. Oktober wurde in der Heiligen Messe die Stelle aus dem ersten Kapitel des Römerbriefs gelesen, die von den Versen 16 bis 25 reicht.
Paulus sagt darin: „Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit. Daher sind sie unentschuldbar. Denn sie haben Gott erkannt, ihn aber nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt. Sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert.“
Und weiter: „Sie behaupteten, weise zu sein, und wurden zu Toren. Sie vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit Bildern, die einen vergänglichen Menschen und fliegende, vierfüßige und kriechende Tiere darstellen. Darum lieferte Gott sie durch die Begierden ihres Herzens der Unreinheit aus, sodaß sie ihren Leib durch ihr eigenes Tun entehrten. Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge, sie beteten das Geschöpf an und verehrten es anstelle des Schöpfers – gepriesen ist er in Ewigkeit. Amen.“
Die Lesung endete hier, nicht aber der Paulusbrief
In der Messe am 13. Oktober endete die Lesung an dieser Stelle und setzte am nächsten Tag mit dem zweiten Kapitel des Römerbriefs fort.
Doch das erste Kapitel des Paulusbriefes an die Römer endet nicht an dieser Stelle. Die Lesung ließ verschämt eine Stelle aus, die den Synodenvätern allerdings nicht unbekannt sein konnte.
Paulus fährt nämlich fort und sagt ganz deutlich, was er mit diesem Hinweis auf die „Unreinheit“ jener meinte, die „ihren Leib durch ihr eigenes Tun entehrten“.
Darum der vollständige, erschütternde Schluß des ersten Kapitels im Brief an die Römer:
„Darum lieferte Gott sie entehrenden Leidenschaften aus: Ihre Frauen vertauschten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen; ebenso gaben die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau auf und entbrannten in Begierde zueinander; Männer trieben mit Männern Unzucht und erhielten den ihnen gebührenden Lohn für ihre Verirrung. Und da sie sich weigerten, Gott anzuerkennen, lieferte Gott sie einem verworfenen Denken aus, sodaß sie tun, was sich nicht gehört: Sie sind voll Ungerechtigkeit, Schlechtigkeit, Habgier und Bosheit, voll Neid, Mord, Streit, List und Tücke, sie verleumden und treiben üble Nachrede, sie hassen Gott, sind überheblich, hochmütig und prahlerisch, erfinderisch im Bösen und ungehorsam gegen die Eltern, sie sind unverständig und haltlos, ohne Liebe und Erbarmen. Sie erkennen, daß Gottes Rechtsordnung bestimmt: Wer so handelt, verdient den Tod. Trotzdem tun sie es nicht nur selber, sondern stimmen bereitwillig auch denen zu, die so handeln.“
Katechismus von 1997: Homosexualität eine „himmelschreiende“ Sünde
Wenn Paulus das sagt, dann ist offensichtlich, daß die Synodenväter, die darauf abzielen, die doktrinellen und pastoralen Paradigmen der Kirche in Sachen Homosexualität zu ändern, einige Schwierigkeiten haben werden, ihren Vorschlag mit diesem „Wort des lebendigen Gottes“ in Einklang zu bringen, wie es in der Heiligen Messe am Ende einer jeden Lesung heißt.
Es wird aber auch immer deutlicher, daß in beträchtlichen Teilen der Kirche die Wahrnehmung der praktizierten Homosexualität als Sünde wie ein Relikt der Vergangenheit zu entschwinden scheint. Und das obwohl der Katechismus der Katholischen Kirche, nicht der berühmte Pius X. von 1905, sondern der „neue“ von 1992 in der Editio typica von 1997, nach wie vor „die Sünde der Homosexualität“ unter den vier „himmelschreienden“ Sünden aufzählt, zusammen mit Mord, Unterdrückung der Armen und dem Vorenthalten des gerechten Lohns.
Jenen, die die Homosexualität anerkennen wollen, kann widersprochen werden mit dem Argument, daß das praeter Scripturum wäre, nicht nur außerhalb, sondern sogar gegen die Heilige Schrift wäre. So tat es auch der Waldenserpastor Paolo Ricca 2011 und stemmte sich damit gegen seine protestantischen Glaubensgenossen, die dennoch der „Homo-Ehe“ zustimmten.
Auch im katholischen Bereich fehlt es nicht an Theologen und Bischöfen, die bereit sind, zu behaupten, der heilige Paulus sei nicht wörtlich zu nehmen, sondern im historischen „Kontext“ seiner Zeit zu sehen, die stark vorurteilsbeladen, „patriarchalisch“ und voller „ethnisch-religiöser Verachtung“ gewesen sei, was heute alles inakzeptabel sei.
Die deutsch-französische „Schattensynode“, die vergangenen Mai an der Gregoriana stattfand, deren Hauptakteure heute in der wirklichen Synode sitzen, behauptete genau diese moderne „Lesart“ der Heiligen Schrift im Licht des heute vorherrschenden Denkens.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Settimo Cielo