Aus der Handreichung Vorrangige Option für die Familie. 100 Fragen und 100 Antworten im Zusammenhang mit der bevorstehenden Bischofssynode über die Familie vom 4. bis 25. Oktober 2015 im Vatikan.
75. Frage: Stimmt es, wie Kardinal Walter Kasper behauptet, dass in der Urkirche die Teilnahme wiederverheirateter Geschiedener an der Kommunion allgemein toleriert und akzeptiert wurde?
Antwort: Kein Konzil der Frühkirche und kein Kirchenvater hat die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene als Norm zugelassen. Einige moderne Studien, wie die des bekannten Patrologen Henri Courzel SJ, widerlegen die Behauptung von Kardinal Kasper (vgl. John M. Rist, Scheidung und Wiederverheiratung in der Frühkirche – historische und kulturelle Betrachtungen, in: In der Wahrheit Christi bleiben. Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg 2014, S. 53–75).
Die von Kardinal Kasper angeführten Zitate sind nicht korrekt und auch im Kontext anderer Zitate aus den gleichen Quellen falsch zitiert. P. Pérez-Soba schreibt: „Dabei verschweigt er [Kasper] aber die offensichtliche Tatsache, dass die Schriften der Väter, die diese Möglichkeit absolut verneinen, wesentlich zahlreicher sind und noch dazu viel deutlicher sprechen als die von ihm zitierten“ (Pérez-Soba und Kampowski, Das wahre Evangelium der Familie, Media Maria, Illertissen 2014, S. 88).
Die Entscheidungen der Generalräte und der lokalen Synoden sind nur dann als gültig anzusehen, wenn sie der echten und immerwährenden Tradition der Kirche entsprechen, ganz nach der goldenen Regel des hl. Vinzenz von Lérins: „quod semper, quod ubique, quod ab omnibus“ [was immer, was überall, was von allen (gelehrt wurde)] (vgl. Kardinal Walter Brandmüller, Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe, in: In der Wahrheit Christi bleiben, a.a.O., Kap. V).
76. Frage: In den orthodoxen Kirchen gibt es zur Segnung einer zweiten Ehe ein besonderes Ritual, das nicht als Sakrament gesehen wird, sondern als Lösung zur Vermeidung einer größeren Sünde; nach diesem Segen werden die Zusammenlebenden zu den Sakramenten zugelassen. Könnte die Katholische Kirche diesem Beispiel folgen?
Antwort: Die Theologie der orthodoxen Kirchen über die Ehe unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der katholischen Lehre. Außerdem stellen die erwähnten Praktiken in den orthodoxen Kirchen eine historische Entgleisung infolge der Unterwerfung dieser Kirchen unter die weltliche Macht dar und sind daher für die Katholische Kirche weder gerechtfertigt noch anwendbar. Msgr. Cyril Vasil SJ, Sekretär der Kongregation für die Ostkirchen, behandelt dieses Thema sehr ausführlich in seinem Essay Trennung, Scheidung, Auflösung des Ehebandes und Wiederheirat – Theologische und praktische Ansätze der orthodoxen Kirchen (in: In der Wahrheit Christi bleiben, a.a.O., Kap. IV).
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Angaben zur Handreichung:
Aldo di Cillo Pagotto/Robert F. Vasa/Athanasius Schneider: Vorrangige Option für die Familie. 100 Fragen und 100 Antworten im Zusammenhang mit der Synode. Vorwort von Jorge A. Kardinal Medina, Edizioni Supplica Filiale, Roma 2015, www. supplicafiliale.org
Die gedruckte Ausgabe in deutscher Sprache kann angefordert werden bei:
Deutsche Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum (TFP)
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