(Paris) Nachdem die französische Nationalversammlung mit satter Mehrheit von Sozialisten und Gleichgesinnten das neue Gesetz zum sogenannten „Lebensende“ beschlossen hat, betrachtet die französische Freimaurerei die Legalisierung der Euthanasie als faktisch vollzogen und fordert als nächsten Schritt, daß auch Minderjährige sich nach dem „Modell Belgien“ euthanasieren lassen sollen dürfen.
Mit der „Differenzierung“, die das Parlament vornahm, um die Gemüter zu beruhigen, halten sich die Logenbrüder erst gar nicht auf. Ein Gesetz über das „Lebensende“ gehörte – neben der Legalisierung der „Homo-Ehe“ – zum Wahlprogramm von Staatspräsident François Hollande, mit dem er 2012 die Wahlen gewann. Bei der Verabschiedung des neuen Gesetzes wurde von der Mehrheit ausdrücklich betont, daß damit weder Euthanasie noch Sterbehilfe an sich legalisiert würden. Legalisiert werde „lediglich“ das „Recht“ auf eine „tiefe und anhaltende [irreversible] Beruhigung“ von Patienten im Endstadium bis zum Eintritt des Todes. „Das sind jedoch nur Sophismen für leichtgläubige Seelen“, so Corrispondenza Romana. „Die immer unverfrorener auftretenden Freimaurer betrachten die Schlacht als gewonnen und gehen bereits zur nächsten Phase über“, nämlich der wirklichen Euthanasie und peilen die Ausweitung der (Selbst-]Tötungserlaubnis auch für Kinder an. Denn diesem Bereich sei „bisher zu wenig Aufmerksamkeit“ geschenkt worden, wie es in einer Presseerklärung des Großorients von Frankreich heißt. „Vorbild“ für die Logen ist das „Modell Belgien“. Vater und Mutter sollten sich auf den Unterhalt, die Erziehung und Ausbildung des Nachwuchses beschränken, aber kein Wort für den Fall mitzureden haben, daß ihre minderjährigen Kinder abtreiben oder sich töten lassen möchten.
Eltern sollen von Entscheidungsprozeß ausgeschlossen werden
Zur Förderung dieser Einschränkung des Elternrechts veranstaltet die Kommission für Gesundheit und Bioethik des Großorients am kommenden 3. Oktober eine eigene Tagung in Paris. Daran werden der soeben in seinem Amt bestätigte Großmeister Daniel Keller sowie Universitätsprofessoren, Experten und Politiker teilnehmen, darunter auch – und keineswegs zufällig – der belgische Senator Philippe Mahoux. Der Sozialist gehört zu den aktivsten Verfechtern umfassender Euthanasierungs-„Rechte“ in Belgien und gilt als einer der maßgeblichen Architekten der geltenden Gesetzgebung. Die Tagung will, laut Angaben der Veranstalter, das „Recht“ Minderjähriger auf Selbstbestimmung zum „Lebensende“ aus „medizinischer, rechtlicher, ethischer und philosophischer“ Sicht beleuchten und die „Autonomie“ der Minderjährigen stärken.
Die Durchsetzung der Euthanasie gehört nicht nur in Frankreich zu den Zielsetzungen der Freimaurerei, sondern weltweit. Bereits 2007 hatte der Großmeister des Großorients von Italien, Gustavo Raffi, bei der Jahrestagung der Freimaurerorganisation in Rimini erklärt, daß „jedes menschliche Wesen Herr seines Leben und seines Todes sein“ sollte. Eine Forderung, die der Großmeister im Namen einer „Würde und Freiheit des Gewissens“ eines jeden Individuums und gegen jede „absolute Wahrheit“ erhob. Der Großmeister bestätigt damit, wovor Benedikt XVI. (damals noch als Joseph Kardinal Ratzinger) in seiner Predigt während der Heiligen Messe Pro eligendo Romano Pontifice vom 18. April 2005 warnte: „Es entsteht eine Diktatur des Relativismus, die nichts als endgültig anerkennt und als letztes Maß nur das eigene Ich und seine Gelüste gelten läßt.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana