(Rom) Der Apostolische Kommissar der Franziskaner der Immakulata drängt die italienischen Bischöfe, Priester, die den geschundenen Orden verlassen wollen, nicht zu inkardinieren. Dabei soll es sogar zu Drohungen gekommen sein. Hintergrund sei ein „Komplott“ der Franziskaner der Immakulata zum „Sturz von Papst Franziskus“, vor dem der Kommissar das Kirchenoberhaupt retten wolle. Dazu kam es zu einem schriftlichen Schlagabtausch mit Pater Volpi.
Bis vor 16 Monaten gehörte der Orden der Franziskaner der Immakulata zu den blühendsten Ordensgemeinschaften der Katholischen Kirche. Der junge, erst 1990 kanonisch errichtete Orden erstaunte durch seine völlig gegenläufige Tendenz. Während andere Orden unter Nachwuchsmangel stöhnen, wuchs der Orden auch im Westen mit beeindruckendem Tempo. Im Bestreben, zu den Wurzeln des Franziskanerordens zurückzukehren und der ursprünglichen Ordensregel zu folgen, entdeckte der Orden die Schätze der Kirche, machte sich den überlieferten Ritus zu eigen und die Tradition der Kirche. Mit dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. war damit auch sein Schicksal besiegelt. Das sichtbare Aushängeschild der benediktinischen Reform der Reform, das von einem neurituellen Orden zu einem altrituellen Orden geworden war, verlor seinen Schutzpatron.
Kommissar Volpi von Papst-Vertrauten Galantino zu Bischofskonferenz eingeladen
Seit Juli 2013 untersteht der Orden der Franziskaner der Immakulata der kommissarischen Verwaltung. Die Ordenskongregation setzte dazu mit Zustimmung von Papst Franziskus den Kapuzinerpater Fidenzio Volpi ein. Der Apostolische Kommissar nahm zur Durchsetzung seiner Sanktionspolitik an der Herbstvollversammlung der Italienischen Bischofskonferenz teil, nachdem einige Bischöfe Bereitschaft gezeigt hatten, Brüder und Priester der Franziskaner der Immakulata in ihren Diözesen aufzunehmen.
Nachdem diese kommissarische Vorgangsweise bekanntwurde, kam es zu einem schriftlichen Schlagabtausch zwischen der Internetseite Nuova Bussola Quotidiana (NBQ) und Kommissar Volpi.
Den Auftakt machte ein Bericht von Matteo Matzuzzi am vergangenen 25. November. Matzuzzi ist Vatikanist der Tageszeitung Il Foglio.
Bischöfliches Kopfschütteln über morgendliche „Papstperle“
Matzuzzi berichtete über die „Orientierungslosigkeit“ vieler Bischöfe weltweit wegen der morgendlichen Predigt von Papst Franziskus vom 21. November in Santa Marta. Es war die „Tagesperle“, die ratloses Kopfschütteln unter den Bischöfen auslöste. Papst Franziskus beschuldigte mit harten Worten Priester und Pfarrsekretäre, an den Kirchentüren Preislisten für die Sakramente zu veröffentlichen. Als Radio Vatikan die „Perle“ verbreitete, machte mehr als ein Bischof einen Luftsprung in seinem Sessel. „So vermittelt man den Eindruck, als würden wir nur taufen, wenn wir einen Obulus im Briefumschlag sehen“, zitierte Matzuzzi einen italienischen Bischof.
Schwarze Schafe mag es überall geben, doch die Realität in der Kirche von Kapstadt bis Spitzbergen, von Wladiwostok bis Porto ist eindeutig. Die Abgaben sind minimal und werden bei Bedürftigkeit gänzlich nachgelassen. In weiten Teilen der Welt, in denen es keine staatlich eingetriebene Kirchensteuer wie in der Bundesrepublik Deutschland gibt, bestreitet der Klerus seinen Unterhalt aus diesen Abgaben.
Noch am Nachmittag desselben Tages erfolgte eine öffentliche Klarstellung durch Angelo Kardinal Bagnasco, den Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz: „Die Sakramente sind in keiner Weise zu bezahlen. Die Abgaben der Gläubigen sind eine Form, zu den materiellen Bedürfnissen der Kirche beizutragen.“ Die Aussage wurde von Beobachtern sofort als Antwort auf die morgendlichen Papstworte gelesen, wenn Kardinal Bagnasco den Papst auch nicht namentlich erwähnte.
Wer es nicht verstanden haben sollte, wurde im Umkehrschluß durch den Sprecher der Bischofskonferenz, Msgr. Domenico Pompili eines Besseren belehrt, als dieser kurz darauf erklärte: „Jede Lesart, die Worte des Vorsitzenden der Bischofskonferenz als Gegenposition zu Papst Franziskus stellen zu wollen, sind irreführend“.
Bischöfliche Verärgerung über argentinischen Papst
Daß etwas im Verhältnis zwischen dem Zentrum und den Rändern nicht funktioniert, steht jedoch fest. Deutlich wurde das bereits vor einigen Wochen, als der Papstvertraute, Erzbischof Bruno Forte von Chieti-Vasto, der als Synoden-Sondersekretär die umstrittenen Homo-Passagen des Zwischenberichts der Bischofssynode verfaßte, bei der Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz mit Pauken und Trompeten Bischof Mario Maini von Fiesole unterlag. Die lediglich 30 Prozent der Stimmen gegen die 70 Prozent von Bischof Maini waren beim entscheidenden zweiten Wahlgang keine knappe, nicht einmal eine ehrenvolle Niederlage, sondern für einen Mann wie Msgr. Forte, der sich für Höheres berufen fühlt, eine vernichtende Abfuhr.
Die Situation war für manche ausgesprochen peinlich, weshalb noch während der Bischofsversammlung damit begonnen wurde, den „Zwischenfall“ kleinzureden. „Man wollte neuen Gesichtern den Vortritt lassen“, lautete die Verlegenheitsformel.
Wie dem auch sei: Einer möglichen Beförderung Fortes auf einen der großen Erzbischofsstühle mit Kardinalswürde, die 2015 frei werden, nämlich Florenz und Bologna, scheint ein Riegel vorgeschoben zu sein. 2011 hatte sich Forte selbst für den Erzbischofsstuhl von Mailand ins Gespräch gebracht. Benedikt XVI. ernannte jedoch den damaligen Patriarchen von Venedig, Angelo Kardinal Scola. Forte wurde darauf als Patriarch von Venedig genannt, doch Benedikt XVI., den nicht nur Fortes hartnäckiger Widerstand gegen die korrigierte Übersetzung der Wandlungsworte in die Volkssprache (pro multis – für viele) irritierte, berief Francesco Moraglia, der sich ein aussagestarkes Wappen zulegte, das faktisch mit dem des heiligen Pius X. identisch ist, der ebenfalls Patriarch von Venedig war. Papst Franziskus kreierte Patriarch Moraglia bisher nicht zum Kardinal, obwohl traditionell mit dem Patriarchenstuhl die Kardinalswürde verbunden ist. Eine Zurücksetzung, die mit Moraglias Kirchenverständnis in Verbindung gebracht wurde.
Nicht genug damit: Im ersten Wahlgang erhielt übrigens Bischof Mariano Crociata von Latina 27 Stimmen. Crociata war bis 2013 Sekretär der Bischofskonferenz und wurde dann von Papst Franziskus über Nacht durch Bischof Nunzio Galantino von Cassano all’Jonio ersetzt. Bischof Crociata bat seine bischöflichen Mitbrüder, ihm keine Stimmen mehr zu geben, weil das als Affront gegen Papst Franziskus ausgelegt werden könnte. Genau das hatte ein Teil der Bischöfe mit seiner demonstrativen Stimmabgabe beabsichtigt.
Galantinos franziszeische Amtsausübung und die Einladung an Kommissar Volpi
Der neue, ohne Rücksprache mit Kardinal Bagnasco ernannte Generalsekretär Galantino füllt sein Amt so aus, daß er den Vorsitzenden der Bischofskonferenz außen vor läßt und direkt die Kontakte zum Vatikan hält. Genau das, so die Meinung von Beobachtern, war vom Papst mit Galantinos Berufung gewünscht: Eine grundlegende Umstrukturierung der Bischofskonferenz, ohne deren Vorsitzenden abzusetzen und damit zuviel Aufmerksamkeit zu erregen. Galantino ist der Bischof, der sich abfällig über die Lebensschützer äußerte, die gegen den unerhörten Massenmord an ungeborenen Kindern vor Abtreibungskliniken und Krankenhäusern eintreten und für das Lebensrecht eines jeden Menschen den Rosenkranz beten.
Der Papst-Vertraute Galantino war es auch, der den von Rom ernannten Apostolischen Kommissar der Franziskaner der Immakulata, Pater Fidenzio Volpi, zur Herbstvollversammlung der Bischöfe eingeladen hat. Den eigentlichen Zweck der Einladung bekam mehr als ein Bischof in den Pausen zu spüren. Kommissar Volpi näherte sich gezielt bestimmten Bischöfen und drängte sie, Brüder der Franziskaner der Immakulata, die den Orden wegen des radikalen Umsturzes verlassen wollen, nicht in ihrer Diözese zu inkardinieren. Die Vorgangsweise des Kommissars ist sehr ungewöhnlich, weil Inkardinierungen ständig in zahlreichen Diözesen weltweit stattfinden. Der Kommissars-Vorstoß richtet sich damit spezifisch gegen die ihm anvertrauten Priester. Ihnen verweigert Rom seit mehr als einem Jahr die Neugründung als altritueller Orden. Kommissar Volpi will verhindern, daß die Brüder den Orden verlassen und in Diözesen inkardiniert werden. Mit anderen Worten entsteht der Eindruck, daß die Franziskaner der Immakulata gezwungen werden sollen, im Orden zu bleiben, um sie zur Annahme der Neuausrichtung zu zwingen.
Umso deutlicher wird diese Absicht, wenn man in Rechnung stellt, daß Bischof Galantino als Sekretär der Bischofskonferenz mit einem offiziellen Schreiben die Bischöfe Italiens aufforderte, keine Franziskaner der Immakulata zu inkardinieren. Sollten entsprechende Gesuche gestellt werden, sollten die Bischöfe umgehend Kommissar Volpi darüber informieren.
Kommissar Volpis „Klarstellung“, die nichts klärte
Der Artikel Matzuzzis zog eine Gegendarstellung des Kommissars nach sich, der sich auf das Pressegesetz berief. Die Teilnahme an der Bischofskonferenz rechtfertigte der Kommissar mit seiner Funktion als Generalsekretär der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Italiens. Nicht er habe Bischöfe wegen der Franziskaner der Immakulata angesprochen, sondern er sei bei dieser Gelegenheit von Bischöfen angesprochen worden. Es gehöre zur „klugen Praxis“ der Kirche, daß ein Ordensverantwortlicher von Bischöfen kontaktiert werde, bevor er ehemalige Ordensangehörige inkardiniere, besonders wenn es sich um Priester handelt. Wenn Bischof Galantino die Bischöfe aufgefordert haben sollte, so Volpi, sich an dieser Praxis auszurichten, dann falle dies in seine Zuständigkeiten als Generalsekretär der Bischofskonferenz.
Damit gab Kommissar Volpi zwar unaufgefordert eine Klarstellung ab, ohne jedoch etwas zu klären. Darauf replizierte der Chefredakteur von NBQ, Riccardo Cascioli.
Cascioli schrieb dem Kommissar, daß niemand in Zweifel gezogen hatte, daß er zur Vollversammlung der Bischofskonferenz eingeladen wurde, daß aber die Gründe für diese Einladung Fragen aufwerfen, „vor allem bezüglich Ihres Verhaltens gegenüber einigen Bischöfen“.
Cascioli widersprach dem von Volpi verbreiteten Eindruck, er gehöre als Generalsekretär der Superiorenkonferenz von Amts wegen zur Bischofskonferenz oder daß diese Teilnahme eine geübte Praxis sei. Doch weder das eine noch das andere trifft zu. „Das erklärt“, so der NBQ-Chefredakteur, „weshalb viele Bischöfe erstaunt waren, als sie Ihre Anwesenheit bei der Versammlung zur Kenntnis nehmen mußten, ohne daß es ihnen gegenüber begründet wurde. Ich bin mir sicher, daß es ein begründetes Motiv für Ihre Anwesenheit gab, aber Ihr Schreiben klärt dies leider nicht auf.“
Nicht „kluge Praxis“, sondern „harter Druck“
Cascioli weiter: „Es mag sein, daß Bischöfe auch an Sie herangetreten sein werden (ich habe keinen Grund, dies zu bezweifeln, davon haben wir aber nicht gesprochen). Kritisiert haben wir aber, daß Sie mit einschüchterndem Gehabe und Gerede an Bischöfe herangetreten sind, um sie zu veranlassen, Inkardinierungsgesuche von Franziskanern der Immakulata abzulehnen. Eine Feststellung, die Sie in Ihrer Replik nicht dementieren. Abgesehen davon, ist sie durch mehrere Zeugen genau belegt. Damit stellt sich aber die Frage, wieweit eigentlich die Vollmachten des Kommissars eines Ordens reichen. Es ist uns kein vergleichbarer Fall bekannt.“
Cascioli zerpflückte dann Volpis Behauptung, es sei „kluge Praxis“ der Kirche, vor Inkardinierungen ehemaliger Ordensleute den zuständigen Ordensoberen zu kontaktieren. Dem sei so, bestätigt der NBQ-Chefredakteur, doch das, was Volpi und Galantino im Falle der Franziskaner der Immakulata tun, habe nichts mit den Konsultationen der kirchlichen Praxis zu tun, sondern sei „harter Druck“, der ausgeübt werde, der „bis zu Drohungen gegen Bischöfe“ reiche, „um zu verhindern, daß einige Brüder in einer Diözese oder einem anderen Orden Zuflucht finden“. Es gebe keine Alternative, das Motto Volpis laute, „entweder Franziskaner der Immakulata nach der ‚Regel‘ von Kommissar Volpi oder nichts“. Auch das sei „eine präzedenzlose Vorgangsweise, die noch vor dem Kirchenrecht dem elementarsten Recht auf Gewissensfreiheit widerspricht“, so Cascioli.
Verbissenes Vorgehen gegen Orden und die „Pläne“ Papst Franiskus zu stürzen
Das verschärfe die Fragen, die bisher schon keine genügende Antwort gefunden hätten: „Warum diese Verbisssenheit, nachdem bis heute weder die Gründe für die kommissarische Verwaltung dieses bis Sommer 2013 blühenden Ordens genannt wurden, noch ein Zeitrahmen für die kommissarische Verwaltung bekanntgegeben wurde.“
Die offizielle, vom Kommissar kontrollierte Internetseite des Ordens biete keine Hilfe, Antworten auf die offenen Fragen zu finden. Hilfreicher sei hingegen ein Blog, der von sich selbst sagt, Kommissar Volpi nahezustehen. Der Blog bezeichnet sich „in Übereinstimmung mit der kommissarischen Verwaltung der Franziskaner der Immakulata“ und veröffentlichte eine wüste Beschimpfung gegen den Artikel von Matteo Matzuzzi.
In einem anderen Eintrag vom 17. November erklärte der anonyme Blogger jedoch, warum Kommissar Volpi so „besorgt“ ist, daß keine Franziskaner der Immakulata in Diözesen inkardiniert werden: „Der eigentliche Zweck der Inkardinierungsansuchen erscheint klar: es geht um die Bildung einer Plattform, vielleicht off shore wie die Erzdiözese Lipa auf den Philippinen oder einer katholischen Minderheitendiözese wie in England, um die zu Priestern geweihten Kleriker und die ehemaligen Seminaristen der Franziskaner der Immakulata neu zu sammeln in der Hoffnung auf einen Umsturz in der derzeitigen Leitung der Weltkirche“.
Dazu Cascioli in seiner Antwort an Kommissar Volpi: „Mit anderen Worten: der Blog sagt, Sie würden im Einvernehmen mit jenen handeln, die Sie zur Versammlung der Bischofskonferenz nach Assisi eingeladen haben, weil ein Komplott zum Sturz von Papst Franziskus im Gange sei, dessen Urheber die Kleriker und ehemaligen Seminaristen der Franziskaner der Immakulata zusammen mit einigen Bischöfen seien, die sie in ihren Diözesen aufnehmen. Das allerdings wäre wirklich zum Lachen, würde es nicht jemand, der Ihnen nahesteht, als offiziöse Erklärung Ihres ganzen Vorgehens verbreiten. Ich hoffe daher, daß Sie diese Wiedergabe klären möchten und auch den Blog, der in Ihrem Namen spricht“. Gezeichnet Riccardo Cascioli.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/CR/Chiesa e Postconcilio/Osservatore Romano