(Paris) Eine halbe Millionen Franzosen folgten dem Aufruf der Bürgerrechtsbewegung Manif pour tous und demonstrierten am vergangenen Sonntag in Paris unter dem Motto „Der Mensch ist keine Ware“ gegen Leihmutterschaft und Gender-Ideologie und für die Familie. Der Kulturkampf gegen die sozialistischen Experimente geht weiter. Außerhalb Frankreichs breiten die meisten Medien den Mantel der Zensur darüber. Selbst die katholischen Nachrichtenagenturen berichten nur verhalten. Manche beteiligen sich sogar am Kleinrechnen der Teilnehmerzahlen, das von der französischen Regierung betrieben wird. Deren Motivation läßt sich erklären, die der katholischen Agenturen weniger.
Auch in Bordeaux gingen mindestens 30.000 Menschen für dasselbe Anliegen auf die Straße. Die Demonstranten fordern ein „weltweites Verbot der Leihmutterschaft“. Der Uterus der Frau dürfe nicht für Geschäftemacherei und ein inakzeptables Spiel mit dem Leben mißbraucht werden. Ebenso lehnt Manif pour tous die künstliche Befruchtung „ohne Vater“ ab. Sowohl die Leihmutterschaft als auch die künstliche Befruchtung für alleinstehende Frauen oder Lesben will die sozialistische Regierung unter Staatspräsident François Hollande (PS) legalisieren.
Nach acht Monaten kehrte Manif pour tous mit den beiden Kundgebungen auf beeindruckende Weise auf die Straße zurück. Die abgelehnten Maßnahmen seien eine direkte Folge der umstrittenen Lex Taubira, benannt nach der linksradikalen Justizministerin Christiane Taubira, mit der Frankreich die „Homo-Ehe“ legalisierte. Aus der Ablehnung des Homo-Ehe-Gesetzes entstand Manif pour tous als Ausdruck einer neuen Generation von Bürgerrechtsbewegungen. Daraus wurde eine Massenbewegung, wie die beiden Kundgebungen erneut unter Beweis stellten.
Mit einem Marsch durch Paris forderte Manif pour tous die Aufhebung der Lex Taubira sowie der Rundschreiben, mit denen die Justizministerin das Verbot der Leihmutterschaft zu umgehen versucht. Weiters forderten die Demonstranten die Rücknahme des „Gleichheitsplans“, mit dem die Regierung an Kindergärten und Schule die Kinder mit der Gender-Ideologie indoktriniert.
Neue Dunkelmänner, neues Obskurantentum
Die Vorsitzende von Manif pour tous, Ludovine de La Rochà¨re sagte in ihrer Rede auf dem Boulevard du Montparnasse: „Wir werden weiter friedlich, aber ohne Schonfrist mobilisieren. Wir werden es nicht mehr zulassen, daß die Ultra-Libertären ihren Kalender und die Etappen dieses behaupteten ‚Fortschritts‘ diktieren. Es gibt nichts Obskurantistischeres als die Leihmutterschaft. Und wir werden noch mehr tun: wir werden unsere Forderungen und Gesetzesvorschläge zur Stärkung der Familien und zur Verteidigung der Kinder weitertragen.“
Kein Vater, keine Mutter
18 Monate nach der Legalisierung der „Homo-Ehe“ und des Adoptionsrechts für Homo-Paare hat Frankreich zahlreiche weitere Schritte in Richtung schrankenloser Legalisierung der künstlichen Befruchtung gesetzt. So hatten es die Kritiker von Manif pour tous vorausgesagt, so hatte es die sozialistische Regierung abgestritten. Mit den „gesellschaftspolitischen Experimenten“, so de La Rochà¨re werden die Kinder willkürlich des Vaters beraubt. Durch die Legalisierung der Leihmutterschaft beraube man die Kinder willkürlich auch der Mutter.
„Der Mensch ist keine Ware“
Dieses Motto wurde von Sprechchören in Bordeaux gesungen. Ebenso: „Die Frau ist keine Gebärmaschine“, um einen Slogan der Feministenbewegung in der sexuellen Revolution aufzugreifen und gegen die Leihmutterschaft zu richten. „Schluß mit dem Steuer-Knüppel gegen Familien“. Die Demonstranten haben jedoch kein Vertrauen in die Zusage des seit April amtierenden neuen französischen Premierminister Manuel Valls (PS), der eine Legalisierung der Leihmutterschaft ausschloß. Von „Heuchelei“ der Regierung spricht der Sprecher von Manif pour tous.
„Die Zusicherungen von Valls sind schön und gut. Es braucht aber Fakten nicht nur Worte“, so Laurence La Croix von Tempi befragt, die mit ihren beiden Kindern nach Paris zur Kundgebung gekommen ist. Der 23jährige Grégoire pflichtet ihr bei und faßt die Besorgnis vieler zusammen: „Die Banalisierung der Gebärmutter führt zu Exzessen, etwa die Menschen zur Ware zu degradieren, aber auch zu Entartungen wir der Eugenik.“ Beide wollen auch in Zukunft für die Verteidigung der Familie auf die Straße gehen.
Schweigen und Zahlenspiel katholischer Medien: Fallbeispiel Radio Vatikan
Die Ablehnung der „Homo-Ehe“ bringt manche katholische Medien in ideologische Verlegenheit, denn Übereinstimmung mit der kirchlichen Lehre darf bei katholischen Journalisten und Redaktionen nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden. Zahlreiche katholischen Medien verschwiegen oder „verpaßten“ das französische Großereignis. Dazu gehört erstaunlicherweise auch die Französische Sektion von Radio Vatikan. Andere berichteten, sahen sich aber bemüßigt, das Zahlenspiel der Gegner von Manif pour tous mitzuspielen. Bei der Nachrichtenagentur der österreichischen Bischöfe blieben von den mehr als 530.000 Teilnehmern nur mehr „100.000 Teilnehmer“ übrig.
Ein völliges Durcheinander zeigt Radio Vatikan, „die Stimme des Papstes“ und der Weltkirche“: Die meisten Sektionen nahmen keine Notiz vom französischen Kulturkampf. Die direkt betroffene Französische Sektion berichtete zwar zwei Tage über die „Versicherung“ von Premierminister Valls, es werde von der sozialistischen Regierung keine Legalisierung der Leihmutterschaft angestrebt, mit der er versuchte, der bevorstehenden Massenmobilisierung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Am Ende der Meldung wurden zwar die Manif pour tous-Kundgebungen angekündigt, dann aber mit keinem Worte über diese berichtet.
Die Deutsche Sektion von Radio Vatikan berichtete hingegen. Am Anfang der Meldung heißt es, daß „zehntausende Menschen gegen Leihmutterschaft und künstliche Befruchtung für homosexuelle Paare protestiert“ haben. Die Meldung endet unter Hinweis auf den Protest gegen die „Homo-Ehe“ mit den Sätzen: „Die Auffassungen der Demonstranten werden nach einer jüngsten Umfrage von knapp einem Drittel der französischen Bevölkerung geteilt. Die Organisatoren zählten mehr als 500.000 Teilnehmer, die Polizei sprach von nur 80.000″. Die Deutsche Sektion ergreift damit Partei und zwar nicht für die Demonstranten und deren Anliegen.
Einzig die Italienische Sektion von Radio Vatikan berichtete ausführlicher und mit der aussagestarken Schlagzeile: „Frankreich: 500.000 demonstrieren gegen Leihmutterschaft und Gender-Ideologie“. Im Bericht fehlt nicht ein Hinweis auf das „übliche Zahlenspiel“, wie es in der Meldung heißt, und auf die Behauptung der Polizei, es seien „nur 70.000“ Teilnehmer anwesend gewesen. Auch in diesem Fall wird deutlich, auf welche Seite sich die Redaktion stellt, und das ist nicht dieselbe der Deutschen Sektion.
Tatsächlich nannte das Innenministerium in seinem Bericht 70.000 Teilnehmer. Aus welchem „Polizeibericht“ die 80.000 der Deutschen Sektion von Radio Vatikan stammen, bleibt ebenso unklar wie die 100.000 Teilnehmer der österreichischen katholischen Nachrichtenagentur. Auch der Vatikan tut sich ziemlich schwer im Umgang mit Manif pour tous. Obwohl 10o.000 Katholiken Papst Franziskus mit einem Appell um klare Worte an Frankreichs Staatspräsident Hollande baten, blieben die nicht verhandelbaren Werte beim Treffen ausgeklammert. Umgekehrt lud Papst Franziskus die Manif pour tous-Vorsitzende zwar in den Vatikan ein, fand dann aber nur 5 Minuten Zeit für sie.
Nur zur Erinnerung soll erwähnt werden, daß Manif pour tous, die heute größte Bürgerrechtsbewegung der EU, von Katholiken gegründet wurde. Die Initialzündung kam sogar von einer „traditionalistischen“ Katholikin.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi