(Rom) In wenigen Tagen beginnt in Rom die Bischofssynode über die Familie. Das inoffizielle Thema lautet nach den Vorgaben von Kardinal Walter Kasper: „Kommunion für die wiederverheiratet Geschiedenen“. Auf welcher Seite die große Mehrheit der deutschen Bischöfe steht, steht bereits fest. Die Rheinische Allianz steht hinter Kardinal Kasper und will bei der Bischofssynode durch gute Vorbereitung das Heft des Handelns an sich reißen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Reinhard Kardinal Marx von München-Freising erklärte das ganz offen beim „Gesprächsforum“ in Magdeburg vor zwei Wochen.
Kardinal Marx erlebte unter Papst Franziskus einen steilen Aufstieg. Er ist seit einigen Monaten DBK-Vorsitzender, wird zu Jahresbeginn 2015 Vorsitzender der Konferenz der Europäischen Bischofskonferenzen (COMECE) und gehört seit April 2013 als Vertreter Europas zum C9-Kardinalsrat, der den Papst in der Leitung der Weltkirche und bei der Kurienreform beraten soll. Ebenso machte ihn der Papst zum Koordinator des neuen Wirtschaftsrats des Vatikans.
Deutsche Bischöfe wollen „pastorales Aggiornamento“
Kardinal Marx gehört mit der deutschen Kirche zu den gewichtigen Wortführern eines „pastoralen Aggiornamento“, um den „bis vor wenigen Jahren noch unbekannten Situationen“ im familiären Bereich gerecht zu werden. Die Anspielung bezieht sich auf die Bischofssynode über die Familie, die unter Papst Johannes Paul II. 1980 stattfand und in dem Apostolischen Schreiben Familiaris consortio ihren Niederschlag fand. Sie will besagen, daß der Großteil des deutschen Episkopats der Meinung ist, daß Familiaris consortio nicht mehr auf der „Höhe der Zeit“ sei, weil sich die Verhaltensweisen der Menschen schnell und radikal verändern.
Das habe er, Marx, auch seinem deutschen Mitbruder im Kardinalsstand, Gerhard Kardinal Müller, Präfekt der Glaubenskongregation ganz direkt und unumwunden gesagt. Die Begegnung sei „herzlich“, die Atmosphäre „gut“ gewesen. Chef der Delegation, so Marx bescheiden, sei aber nicht er, sondern Bischof Franz-Josef Bode aus Osnabrück gewesen.
Kardinal Müller gilt, aufgrund seiner Position, aber auch seiner deutschen Herkunft, als Hauptgegner von Kardinal Kaspers Thesen. Müller betont, daß die „Barmherzigkeit die Vollendung der Gerechtigkeit“ sei und daher nie dazu herangezogen werden könne, um die Zehn Gebote aufzuheben oder die Bedeutung und den Geltungsbereich der Sakramente abzuschwächen oder sogar außer Kraft zu setzen. Andernfalls stünde man einer „schwerwiegenden Manipulation der wahren Barmherzigkeit“ gegenüber. Ein harter Vorwurf des Glaubenspräfekten, der Kasper und Marx trifft, ohne daß Müller sie beim Namen nannte.
Der Versuch, das Heft des Handelns auf Bischofssynode an sich zu ziehen
Marx kündigte in Magdeburg hingegen an, daß er persönlich, sobald die Synode begonnen haben wird, als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz den Synodalen ein bereits ausgearbeitetes Dokument vorlegen wird, das die Position der deutschen Bischöfe darlegen werde. Jedenfalls der Mehrheit. Die Minderheit wird wohl keine Stimme auf der Synode haben. Jene deutschen Bischöfe, die die Position von Kasper, Marx und seines Vorgängers Zollitsch unterstützen, werden alle namentlich das Dokument unterzeichnen, so der DBK-Vorsitzende. Die Reihen der deutschen Bischöfe werden ziemlich geschlossen sein.
Marx ließ in Magdeburg keinen Zweifel, daß das Dokument der von Kardinal Kasper im Februar beim Kardinalskonsistorium vorgezeichneten Linie folgt. Das angekündigte Dokument scheint ein weiterer Teil einer gezielten und geplanten Strategie zur Sache zu sein, die bereits auf das Jahr 2013 zurückgeht. In Ansätzen vielleicht bis auf das Konklave. Mit dem detailliert ausgearbeiteten Dokument wollen Kasper und Marx offenbar die Diskussion der Bischofssynode in eine bestimmte Richtung lenken.
Begeistert über die Aussichten sind progressive Organisationen wie „Wir sind Kirche“. Die Vorsitzende Martha Heizer, die mit ihrem Ehmann wegen eigenmächtiger Nachäffung der Heiligen Messe exkommuniziert wurde, erklärte: „Nur eine schnelle, überzeugende und anthropozentrische Reform“ könne dazu beitragen, in der Sexualmoral den entstandenen Abstand zwischen der traditionellen Lehre der Kirche und der Lebensrealität der katholischen Gläubigen zu verkürzen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Diözese Magdeburg (Screenshot)