Die oberschwäbische Benediktinerabtei Ottobeuren feiert in diesem Jahr ihr 1250-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass haben die Mönche, mit inhaltlicher und großzügiger finanzieller Unterstützung von außerhalb ein zweibändiges Buchprojekt mit dem Titel „Ottobeuren. Barocke Bildwelt des Klostergebäudes in Malerei und Plastik“ im EOS-Verlag herausgegeben. Auf hunderten Bildern – die leider in einigen seltenen Fällen etwas zu klein geraten sind – präsentieren die Herausgeber die Gemälde, Statuen, Stuckarbeiten und andere künstlerische Besonderheiten, welche der Abtei weltweite Berühmtheit verschafft haben. Fast jeder dürfte das Problem kennen, etwa ein Gemälde zu betrachten und dessen Schönheit anzuerkennen, doch das Dargestellte nicht wirklich entschlüsseln zu können. Die beiden Bildbände liefern hier fachkundige Kommentare und Erläuterungen, die dem Leser vielfach neue Dimensionen erschließen.
Gegründet 764 ist die Geschichte der Abtei, die den Heiligen Alexander und Theodor geweiht ist, eng verbunden mit der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, das in etwa dem gleichen Zeitraum existierte. Stifter des Kloster waren die alemannische adlige Ehepaar Sylach und Ermiswinth, deren Sohn Toto wenig später der erste Abt von Ottobeuren wurde. Bereits im zehnten Jahrhundert wurde von Bischof Ulrich von Augsburg die Reichsunmittelbarkeit erwirkt, doch wurden die Vogteirechte erst 1710 durch Abt Rupert Ness vom Augsburger Bischof abgelöst.
Die barocke Klosteranlage des 18. Jahrhunderts, wie wir sie heute noch kennen, hat die enormen Ausmaße von 480 mal 430 Metern und geht zurück auf die Initiative des bereits erwähnten Abtes Rupert Ness. Die vollständige Reichsunmittelbarkeit bedeutete, dass Abt Rupert uneingeschränkter Landes- und Gerichtsherr über ein Gebiet von rund 265 Quadratkilometern und etwa 10.000 Einwohnern war. Der reichsunmittelbare Status von Ottobeuren erklärt auch die prunkvolle Ausstattung der Gebäude, die natürlich nicht nur dem klösterlichen Leben, sondern auch der Verwaltung des Hoheitsgebietes der Abtei zu dienen hatten.
Nichtsdestotrotz stellte das Weltliche nicht das Geistliche in den Schatten: „Nur scheinbar überstrahlen die weltlich-herrschaftliche Merkmale die klösterlichen Elemente des Ottobeurer Klostergebäudes, weil die klausuralen Bereiche für Laien unzugänglich sind; sie ‚gehören‘ den Mönchen. Dass es dem Reichsprälaten und Bauherrn, Abt Rupert Ness, vor allem zu Anfang weniger um die reichsstiftische Repräsentatio als vielmehr um die benediktinische Gemeinschaft ging, belegt die Entstehungsgeschichte des 1711 begonnenen Neubaues; in der Sorge für seine Mitbrüder ließ Abt Rupert als erstes das südöstliche Quadrum funktionsfähig mit Zellen, Refektorium und Küche errichten und ausstatten.“ Zudem belegt die finanzielle Bilanz, dass es den Mönchen nicht um exzessiven Prunk ging, wie es andernorts oft der Fall war: „Trotz immenser Ausgaben für Bau und Ausstattung der Klosteranlage gelang es, keine Schulden anzuhäufen.“
Text: M. Benedikt Buerger
Bild: Verlag