(Asuncion) Gegen die traditionsverbundene paraguayische Diözese Ciudad del Este unter ihrem Bischof Rogelio Livieres Plana haben römische Sanktionen begonnen. Die unterschiedlichen Schlagzeilen der Sonntagsausgaben der beiden wichtigsten Tageszeitungen Paraguays ergeben zusammengenommen ein vielsagendes Bild. ABC Color titelte: „Livieres sagt, daß Bischöfe und Nuntius ihn vor dem Gesandten des Papstes verleumdet haben“. Ultima Hora titelte: „Der Papst suspendiert die Priesterweihen im Seminar von Monsignore Livieres“.
Laut Ultima Hora gab der Apostolische Visitator Kardinal Santos Abril y Castello am Ende der Visitation auf einer Pressekonferenz bekannt, daß bis auf weiteres in der Diözese keine Priesterweihen stattfinden dürfen (zu Ciudad del Este siehe eigenen Bericht Berufungsboom durch Alte Messe in Paraguay – Papst Franziskus ordnet Visitation an). Die für den 15. August angesetzten Priesterweihen mußten abgesagt werden. Dieselbe Maßnahme wurde im vergangenen Jahr auch gegen den traditionsverbundenen Orden der Franziskaner der Immakulata verhängt. „Wie vorhersehbar, führt sich Kardinal Santos Abril wie ein Piranha in einem Bidet auf, und das immer in der gleichen Linie“, kommentierte der spanische Kirchenhistoriker und katholische Blogger Francisco de la Cigoña. Von einem „brüderlichen Besuch“ könne keine Rede sein und „noch weniger von Barmherzigkeit“. Statt dessen wird das „repressive Vorgehen“ auf die lateinamerikanische Diözese ausgedehnt.
„Repressives Vorgehen“ wie gegen die Franziskaner der Immakulata
„Sind die Seminaristen zu traditionsverbunden? Haben sie dem Zweiten Vatikanischen Konzil ewigen Haß geschworen? Sind sie homosexuell? Haben sie über einem Foto von Papst Franziskus Würfel gespielt? Haben sie zu oft den Rosenkranz gebetet? Wir wissen es nicht, da kein Grund für die Maßnahme genannt wurde. Wir wissen aber, daß es sich um dieselbe Linie handelt, die gegen die Franziskaner der Immakulata angewendet wird: schwere Sanktionen ohne die Nennung eines Grundes. Die Piranhas können tun, was sie wollen und die Gläubigen haben zu applaudieren. Ich aber habe nichts zu applaudieren. Vielmehr denke ich, ein Recht zu haben, die Gründe für so drastische Maßnahmen zu erfahren. Handelt es sich nur um eine Laune von Kardinal Abril, um eine Gefälligkeit für irgendwen, oder gibt es drastische Gründe für eine so drastische Maßnahme? Doch dieser Kardinal läßt mich Schlimmstes erwarten. Sind wir Zeugen einer ziemlich tragischen Komödie, deren Ausgang bereits gleichzeitig mit der Ernennung von Kardinal Abril zum Apostolischen Visitator festgelegt wurde? Ein Drehbuch wie im Film Mission, in dem der Visitator aus Rom die Jesuitenredaktionen besucht und sich alles zeigen läßt, obwohl die Entscheidung zu deren Unterdrückung längst gefallen war? Herrschen in der Diözese Ciudad del Este viel schlimmere Zustände als in anderen Diözesen? Wenn dem so sein sollte, werde ich keinen Finger für den zu bestrafenden Bischof rühren. Oder handelt es sich um einen miserablen Racheakt, um eine vorbildhafte Diözese zu zerschlagen wo schon so viele andere in Ruinen liegen? Für den Fall ist Kardinal Abril der richtige Mann“, so de la Cigoña.
Schreiben des Papstes: „Suspendierung der Weihen bis Situation geklärt“
La Gaceta berichtete, daß der frühere Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio eine „Antipathie“ für den ebenfalls aus Argentinien stammenden Bischof Rogelio Livieres Plano von Ciudad del Este hege, den er seit vielen Jahren kenne. Daß der Apostolische Visitator Kardinal Santos Abril ein direkter ausführender Arm des Papstes ist, berichtet der Periodista Digital. Bischof Livieres gab bekannt, daß ihm Kardinal Santos Abril am Samstag ein Schreiben von Papst Franziskus überreichte, in dem die Aussetzung aller Weihen angeordnet wurde „bis die Situation geklärt ist“. Der Kardinal habe bei der Überreichung des päpstlichen Schreibens zum Bischof gesagt: „Da ich Ihren Geist des Gehorsams und der Aufmerksamkeit für die Anweisungen des Heiligen Stuhls kenne, vertraue ich darauf, daß Sie auch in diesem Fall so handeln werden.“
Bischof von anderen Bischöfen „verleumdet“?
Wie Kardinal Santos Abril gegenüber Journalisten andeutete, hätten „Informationen einiger Bischöfe“, die über den Apostolischen Nuntius Rom übermittelt wurden, zur Visitation geführt „die nun Gott sei Dank zu Ende geht und die exzellent gut endet“, so der Kardinal. Bischof Livieres hatte sich im paraguayischen Episkopat nicht nur Freunde gemacht. Den Erzbischof von Asuncion, einziger Metropolit des Landes, beschuldigte er, homosexuell zu sein, ohne daß Rom dagegen etwas unternehme. Auch für den ehemaligen Staatspräsidenten Paraguays, den ehemaligen Bischof Fernando Lugo fand er ein wenig schmeichelhaftes Wort. Der „Befreiungstheologe“ Lugo hatte für seine politische Karriere das Bischofsamt und sein Priestertum aufgegeben und, wie sich später herausstellte, Beziehungen zu mehreren Frauen unterhalten, aus denen zumindest ein Kind hervorging.
Bischof Livieres hingegen steht einer Diözese vor, die weitum, nicht nur in Paraguay unter allen Diözesen positiv heraussticht. Unter seinem Hirtenstab wuchs die Zahl der Seminaristen von 16 auf weit über 200. In den meisten Pfarreien seiner Diözese wird die Heilige Messe auch Alten Ritus zelebriert. „Damit beging der Bischof das schlimmste Verbrechen, das nach dem Konzilsdiktionar begangen werden kann“, so ein Kommentator auf dem Blog von Francisco de la Cigoña.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Teritorio Digital