(Edinburgh) Der bekannte Kirchenrechtler und Weihbischof von Malta, Charles Scicluna wurde vom Vatikan mit der Untersuchung der Vorwürfe gegen Kardinal Keith Patrick O’Brien beauftragt, wie die BBC berichtete. Kardinal O’Brien wird „unangemessenes Verhalten“ vorgeworfen. Der Kardinal war seit 1985 Erzbischof von Saint Andrews und Edinburgh in Schottland. Mitte Februar 2013 wurden in der Presse Vorwürfe gegen den Kardinal erhoben. Benedikt XVI. nahm noch wenige Tage vor dem Ende seines Pontifikats den Rücktritt O’Briens an. Schließlich verzichtete Kardinal O’Brien auch auf die Teilnahme am Konklave.
Der Kirchenrechtler Scicluna eilt der Ruf eines hervorragenden und unbestechlichen Juristen voraus. Von 1995 bis 2012 war der in Kanada geborene Sohn maltesischer Eltern an der Römischen Kurie tätig, in erster Linie unter Kardinal Raymond Leo Burke an der Apostolischen Signatur, dem Obersten Gerichtshof der Kirche. Als Anwalt der Gerechtigkeit an der Glaubenskongregation war er mit delicta graviora befaßt. Papst Benedikt XVI. beauftragte ihn 2005 mit den Untersuchungen gegen den Ordensgründer der Legionäre Christi, Marcial Maciel. Sciclunas Untersuchungsergebnisse führten zu strengen Disziplinarmaßnahmen gegen den Mexikaner, der die Ordensleitung abgeben, sein Priestertum nicht mehr ausüben durfte und ein Leben der Buße und der Zurückgezogenheit führen mußte.
Mit Top-Jurist Charles Scicluna schweres Geschütz gegen Kardinal aufgeboten
Scicluna wurde von Benedikt XVI. auch mit den Untersuchungen wegen des Vorwurfs der Pädophilie gegen Priester betraut, die zu einer Reihe von Laisierungen von Priestern führte, die sich ein Fehlverhalten zu schulde kommen haben lassen. Scicluna unterstützte an maßgeblicher Stelle den entschlossenen Kampf des deutschen Papstes gegen Pädophilie durch strengere Richtlinien, die von den Bischofskonferenzen übernommen werden mußten. Ende 2012 ernannte ihn Benedikt XVI. zum Weihbischof von Malta, wo er derzeit besonders gegen Regierungspläne zur Legalisierung der „Homo-Ehe“ und das Adoptionsrecht für Homosexuelle kämpft.
„Unter Standard gefallen, der von einem Priester und Kardinal erwartet wird“
Kardinal O’Brien, der nach Bekanntwerden des Amtsverzichtes von Papst Benedikt XVI. ein „Überdenken“ des Priesterzölibats forderte, gestand kurz vor dem Konklave ein, daß es „Momente“ gegeben habe, in denen sein Sexualverhalten „unter den Standard gefallen ist, der von einem Priester, Erzbischof und Kardinal“ erwartet wurde“. Mehrere Priester und ein ehemaliger Priester hatten im Februar 2013 dem Kardinal unangemessene Annäherungsversuche vorgeworfen.
Im Mai des vergangenen Jahres verließ der Kardinal „in Absprache mit dem Heiligen Vater“ Schottland, um sich für „einige Monate zur geistlichen Erneuerung, zu Gebet und Buße“ zurückzuziehen. Sein Nachfolger als Erzbischof von Saint Andrews und Edinburgh, Msgr. Leo Cushey, forderte in einem Schreiben den Klerus des Erzbistums auf, an der Untersuchung gegen seinen Vorgänger mitzuwirken.
Die Beauftragung von Msgr. Scicluna mit den Ermittlungen gegen Kardinal O’Brien gilt als Zeichen, daß die Schuld des schottischen Purpurträger konkret und schwerwiegend sein dürfte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons