(Rom) Der Neokatechumenale Weg (CN) zeigt sich gegenüber Papst Franziskus überschwenglich dankbar. Der neue Papst hatte kurz nach seiner Wahl die von Benedikt XVI. eingeleitete Untersuchung der Glaubenskongregation gegen liturgische Sonderwege des Neokatechumenats einstellen lassen. Die von Kiko Argüello gegründete Neue Gemeinschaft betrachtete ihre liturgischen Besonderheiten damit als bestätigt.
Am vergangenen 1. Februar, als es zu einer Begegnung zwischen der Gemeinschaft und dem Papst in der großen Audienzhalle des Vatikans kam, sprach Franziskus allerdings eine dreifache Ermahnung aus. Er erwähnte dabei nicht ausdrücklich die Liturgie, forderte das Neokatechumenat jedoch auf, daß es „manchmal besser sein kann, darauf zu verzichten, jedes Detail zu leben, das Euer Weg verlangt, um die Einheit zwischen den Brüdern zu garantieren, die die eine kirchliche Gemeinschaft bilden, und von der Ihr Euch immer als ein Teil fühlen müßt“.
Besorgtes Schreiben von Kiko Argüello an Papst Franziskus
Beobachter sahen darin eine Anspielung auf die Liturgie, da diese in der Vergangenheit Hauptstreitpunkt mit den Diözesen und Pfarreien war. Kiko Argüello sandte am 15. März einen besorgten Brief an Papst Franziskus, in dem er eine angeblich tendenziöse Auslegung der Papstworte beklagte.
Der Vatikanist Sandro Magister veröffentlichte nun die Antwort von Kurienerzbischof Angelo Becciu, dem Leiter der Ersten Sektion des Staatssekretariats (Protokollnummer 40.535) an CN-Gründer Argüello. Datiert ist das Schreiben vom vergangenen 3. April.
Substitut Becciu versichert darin Argüello und „alle Angehörigen des Cammino“ der „väterlichen Nähe“ des Papstes und „seiner warmherzigen Ermutigung“. Der Papst wisse um den „evangelischen Dynamismus“, die „authentische Erfahrung der Lebensumkehr sehr vieler Gläubiger“ und die „guten Früchte“, die das Neokatechumenat „in der ganzen Welt“ hervorgebracht hat. „Seine Heiligkeit ist überzeugt, daß die obengenannten Worte, die beabsichtigten, die Notwendigkeit das kostbare Gut der kirchlichen Einheit zu schützen, zu unterstreichen, sich nicht für Mißverständnisse eignen, zumal sie für jede Form des christlichen Lebens gelten.“
Substitut Becciu bestätigt im Namen des Papstes liturgische Sonderformen
Vor allem aber würden diese Worte des Papstes nicht die Statuten des Neokatechumenalen Wegs „ändern, sondern sie vielmehr bestätigen: was die von Ihnen erwähnten Zelebrationen der Ostervigil und der Eucharistiefeiern des Sonntags betrifft, stellten die Artikel 12 und 13, in ihrer Vollständigkeit, den verbindlichen Bezugsrahmen dar.“
Abschließend schrieb der Substitut, daß der Papst um das Gebet für sein universales Amt bitte, und „Ihnen, dem internationalen Leitungs-Team und allen Angehörigen des Neokatechumenalen Weges den Apostolischen Segen übermittelt“.
Das Schreiben von Kurienerzbichof Angelo Becciu bestätigt erneut die Interpretation Kiko Argüellos, daß Papst Franziskus den liturgischen Sonderweg des Neokatechumenats akzeptiert. Denn Artikel 12 der Statuten besagt lediglich, daß das Neokatechumenat die „Pfarrei zu einer reicheren Feier der Osternacht anregen“ wird. Im Artikel 13, Absatz 2 heißt es: „Die Neokatechumenen feiern die Sonntagseucharistie in der kleinen Gemeinschaft nach der ersten Vesper des Sonntags. […] Die Eucharistiefeiern der neokatechumenalen Gemeinschaften am Samstagabend sind Bestandteil der sonntäglichen liturgischen Pastoral der Pfarrei und stehen auch anderen Gläubigen offen.“ Und im Absatz 3 steht: „Bei der Feier der Eucharistie in kleinen Gemeinschaften folgt man den liturgischen Büchern, die für den römischen Ritus approbiert sind, mit den Ausnahmen, die vom Heiligen Stuhl ausdrücklich zugestanden wurden. Was die Austeilung der Heiligen Kommunion unter beiderlei Gestalten betrifft, so empfangen die Neokatechumenen die Kommunion an ihrem Platz im Stehen.“
Die von der Gottesdienstkongregation 1988 „ad experimentum“ gewährte Ausnahme ist die Vorziehung des Friedensgrußes nach den allgemeinen Fürbitten.
Neokatechumenat feiert weiterhin „abgesonderte und rituell bizarre Messen“
„Seither schwenken die Neokatechumenalen dieses Schreiben mit der großzügigen Auslegung ihrer Statuten begeistert und fühlen sich noch mehr autorisiert, mit ihren abgesonderten und rituell bizarren Messen fortzufahren“, so Sandro Magister. Das Neokatechumenat feiert weiterhin die Sonntagsmesse bereits am Samstagabend, in gesonderten Räumlichkeiten und unter Ausschluß von Nicht-Mitgliedern. Weiterhin wird die Heilige Kommunion in beiderlei Gestalt empfangen und den Gläubigen zu ihrem Sitzplatz gebracht, wo sie ursprünglich sitzend eingenommen wurde. Ob der Kommunionempfang nach entsprechender Anweisung Roms inzwischen stehend erfolgt, wird von manchen bezweifelt. Ein kniender Kommunionempfang stand auch von Seiten Roms ohnehin nie zur Diskussion.
Andere Ermahnungen des Papstes werden ignoriert
Die beiden anderen päpstlichen Ermahnungen vom 1. Februar ignoriert das Neokatechumenat gänzlich. Der Papst forderte Rücksicht auf die örtliche Kultur, wohingegen der CN in alle Länder ein Einheitsformat exportiert; und Respekt für die Freiheit des Einzelnen, sollten Angehörige des Neokatechumenats sich von diesem trennen wollen oder andere Formen des christlichen Lebens außerhalb des Cammino suchen.
Text: Settimo Cielo/Giuseppe Nardi
Bild: Settimo Cielo