(Genf) Als „überraschend“ bezeichnete der Vatikan-Vertreter die Anschuldigungen des UN-Kinderrechtskomitees (UNCRC) gegen die Katholische Kirche. Die Schlußfolgerungen scheinen „bereits im voraus festzustehen“ und „ideologisch“ motiviert zu sein. Die Maßnahmen, die vom Heiligen Stuhl gegen den sexuellen Mißbrauch von Kindern unternommen wurden, „sind Fakten, offensichtliche Fakten, die nicht unterschlagen werden können“, so Erzbischof Silvano Maria Tomasi, der ständige Beobachter des Vatikans bei den UN-Einrichtungen in Genf gegenüber Radio Vatikan.
Gestern legte das UN-Kinderrechtskomitee Anmerkungen vor, die den Vatikan „überraschten“. Das Komitee, bestehend aus 18 „unabhängigen Experten“ behauptet, der Heilige Stuhl würde weiterhin die Kinderrechtskonvention verletzen. Die Medien stilisierten daraus erwartungsgemäß umgehend „neue harte Anklagen gegen die Kirche“.
Kirche hat „Hausaufgaben“ gemacht – „Hier geht es aber um Ideologie“
Dabei hat die Kirche ihre „Hausaufgaben“ besser gemacht als alle anderen Staaten, wie es um Umfeld von Kurienerzbischof Silvano Maria Tomasi heißt. Der Vatikan hat die Maßnahmen zum Schutz der Kinder in den vergangenen Jahren konsequent umgesetzt. Was nicht umgesetzt wurde, sind inakzeptable ideologische Vorgaben, die man versucht, in die „Kinderrechte“ einzuschmuggeln.
Der Vatikandiplomat selbst gab sich offiziell zurückhaltender: „Der Heilige Stuhl nimmt die Schlußfolgerungen des Berichts zur Kenntnis und wird sie aus Respekt vor der internationalen Konvention einer genauen Überprüfung unterziehen“. Die Kirche „bedauere jedoch, sehen zu müssen, daß das Komitee mit einigen Anmerkungen den Versuch unternimmt, sich in die Lehre der Katholischen Kirche über die menschliche Person und die Ausübung der Religionsfreiheit einzumischen“, so der Erzbischof.
„Sehr unkorrekte Bemerkungen“ des UN-Komitees
Die Anmerkung bezieht sich auf „Empfehlungen“ des Komitees, daß die Katholische Kirche ihre Haltung zur Abtreibung ändern sollte. Der Erzbischof spricht von „sehr unkorrekten Bemerkungen“. Man könne den Eindruck gewinnen, daß der Bericht nicht das Ergebnis der Begegnung zwischen dem Komitee und dem Heiligen Stuhl vom 16. Januar 2014 ist, sondern eine „ideologisch vorgefaßte Meinung“. Der Heilige Stuhl lieferte damals auf alle Fragen exakte Antworten, wie im Vorwort des Komitee-Berichts sogar anmerkend hervorgehoben wird. Doch in den Schlußfolgerungen und Empfehlungen wurde dem in keiner Weise Rechnung getragen.
Mit anderen Worten: das UNO-Komitee vertritt den Standpunkt der Abtreibung-Lobby. Obwohl es eigentlich um den Schutz von Kindern vor sexuellem Mißbrauch geht, versucht das Komitee die Kirche mit dem Pädophilieskandal von Klerikern unter Druck zu setzen, die Tötung ungeborener Kinder zu akzeptieren.
Das offizielle Komitee der Vereinten Nationen zum Schutz der Kinder, verlangt deren Tötung. Der Wunsch der Frau auf Abtreibung ist in der ideologischen Perspektive des Komitees ein „höheres Gut“ als das Leben eines Kindes. Mit einer solchen Einstellung die Kirche wegen „Fehlverhaltens“ einiger Kleriker unter Anklage zu stellen, ist ein gewagtes Unterfangen.
Homo-Lobby im Hintergrund aktiv
„Dieses Komitee hat den Vereinten Nationen keinen guten Dienst erwiesen, indem es vom Heiligen Stuhl eine Änderung seiner nicht verhandelbaren Lehre fordert. Wahrscheinlich haben Nichtregierungsorganisationen, die Interessen in Sachen Homosexualität, Homo-Ehe und andere solche Themen vertreten, ihre Positionen geltend gemacht und damit eine gewisse ideologische Linie verstärkt.“
Das Komitee verlangt von der Kirche „Schulsexualerziehung, Homosexualität, Gender-Ideologie, Verhütungsmittel und Abtreibung“ (reproduktive Gesundheit) zu akzeptieren. Gleichzeitig wird die Kirche dargestellt, als würde und könnte sie jemanden verfolgen, diskriminieren oder sogar „bestrafen“, was an der Realität völlig vorbeigeht.
Einige „ideologisch motivierte“ Empfehlungen des UN-Kinderrechtskomitees
Punkt 25: Das Komitee verlangt die Tilgung des „diskriminierenden“ Ausdruck „nichteheliche Kinder“ aus dem Kirchenrecht, besonders Canon 1139. Sie nimmt positiv zur Kenntnis, daß der Heilige Stuhl mit der Revision begonnen hat und erwähnt in diesem Zusammenhang ein Dekret von Papst Franziskus vom Juli 2013. Die Kommission gibt sich jedoch „besorgt“ wegen der „früheren Erklärungen des Heiligen Stuhls zur Homosexualität, die zur sozialen Stigmatisierung und zur Gewalt gegen die lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Jugendlichen und gegen die Kinder, die von gleichgeschlechtlichen Paaren aufgezogen werden“ beigetragen haben.
Punkt 26: Die Kommission „empfiehlt dem Heiligen Stuhl alle seine Gesetze und Bestimmungen zu ändern […] und sofort die diskriminierende Klassifizierung der außerhalb einer Ehe geborenen Kinder als uneheliche Kinder“. Die Kommission „fordert den Heiligen Stuhl zudem dazu auf, seine moralische Autorität einzusetzen, um jede Form der Belästigung, Diskriminierung oder Gewalt gegen Minderjährige aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder der sexuellen Orientierung ihrer Eltern zu verurteilen und sich auf internationaler Ebene für die Straffreiheit von Homosexualität einzusetzen.“
Punkt 27: Die Kommission beklagt die katholische Geschlechterlehre von der Komplementarität der Geschlechter, die sich ergänzen, und ihrer gleichen Würde, denn dies „widerspricht der faktischen und rechtlichen Gleichheit“, die im Artikel 2 der Kinderrechtskonvention festgeschrieben sei. Die Kommission beklagt, daß der Heilige Stuhl keine Informationen lieferte, welche „konkreten Maßnahmen“ er ergriffen habe, „um die Geschlechterstereotype aus den Schulbüchern katholischer Schulen zu entfernen“, wie es das Komitee bereits 19995 verlangt habe.
Punkt 35: Die Kommission „ist besorgt wegen der fortgesetzten Praxis der anonymen Kindesweglegung von Neugeborenen, die katholischerseits in verschiedenen Ländern durch sogenannte Baby-Klappen organisiert wird“.
Punkt 36: Die Kommission „empfiehlt“ der Kirche die Praxis der Kindesweglegung zu unterbinden und statt dessen „angemessene beratenden und soziale Unterstützung anzubieten und Maßnahmen zur Familienplanung und reproduktiven Gesundheit zu fördern, die unerwünschte Schwangerschaften vermeidet“.
Punkt 48: Die Kommission „ist besorgt“, daß „der Heilige Stuhl und die Kirche nicht die Existenz verschiedener Formen von Familien anerkennt und häufig die Kinder aufgrund ihrer familiären Situation diskriminieren“.
Punkt 49: Die Kommission „empfiehlt dem Heiligen Stuhl sicherzustellen, daß die Bestimmungen des Kirchenrechts die Diversität der familiären Zusammensetzungen anerkennt und Kinder nicht aufgrund ihres Familientypus in dem sie leben, diskriminieren.
Punkt 54: Die Kommission „bringt ihre Besorgnis zum Ausdruck“, daß 2009 in Brasilien der Arzt und die Mutter vom Erzbischof von Pernambuco bestraft wurden, weil sie eine Abtreibung an einem neunjährigen Mädchen durchgeführt hatten, das vom Stiefvater vergewaltigt worden war. „Eine Verurteilung, die später von der Bischofskongregation der Katholischen Kirche bestätigt wurde.“
Punkt 55: Die Kommission „fordert den Heiligen Stuhl auf, seine Position zur Abtreibung zu überdenken, die das Leben und die Gesundheit schwangerer Mädchen in Gefahr bringt, und den Canon 1298 über die Abtreibung zu ändern, in dem Umstände genannt werden, die eine Abtreibung erlauben.“
Punkt 56: Die Kommission „ist ernsthaft besorgt über die negativen Auswirkungen der Position und der Praxis des Heiligen Stuhls, die Jugendlichen den Zugang zu Verhütungsmitteln verweigern ebenso zu Informationen über die sexuelle und reproduktive Gesundheit“.
Punkt 57: Die Kommission „erinnert den Heiligen Stuhl“ an die „Gefahren der unerwünschten Schwangerschaften und der illegalen Abtreibungen, die sich für junge Mädchen in einer sehr hohen Sterblichkeitsrate niederschlagen, ebenso wie das Risiko, daß sich Jugendliche mit sexuell übertragbaren Krankheiten einschließlich HIV/AIDS anstecken.“
Daher emphiehlt die Kommission dem Heiligen Stuhl: „alle Hindernisse und Tabus zu überwinden, die den Zugang für Jugendliche zu sexueller und reproduktiver Information behindern, einschließlich der Familienplanung und Verhütungsmittel, den Gefahren einer zu frühen Schwangerschaft […]; die Interessen der Jugendlichen in den Mittelpunkt der Entscheidungen zu stellen […]; Sicherstellung, daß Sexualkundeunterricht und HIV/AIDS-Prävention obligatorisch an Teil des Programms an katholischen Schulen ist; das Interesse der schwangeren Mädchen zu garantieren, ihren Standpunkt anzuhören und im Bereich der reproduktiven Gesundheit zu akzeptieren“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi