Papst Franziskus wie eine „Dampfwalze und entscheidet alles selbst“ – Kuriose Bitte um „Verzeihung“


Neuer Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz(Rom) Papst Fran­zis­kus ernann­te am Tag vor Hei­lig­abend einen neu­en Gene­ral­se­kre­tär der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz. Noch im ersten Monat sei­nes Pon­ti­fi­kats hat­te der Papst die ita­lie­ni­schen Bischö­fe auf­ge­for­dert, ein neu­es Sta­tut der Bischofs­kon­fe­renz zu erar­bei­ten. Wäh­rend die Bischofs­kon­fe­ren­zen ihren Vor­sit­zen­den selbst wäh­len und auch deren Amts­dau­er selbst bestim­men (eine Aus­nah­me bil­det Bel­gi­en), ist in Ita­li­en der Papst als Bischof von Rom auto­ma­tisch auch Vor­sit­zen­der der Bischofs­kon­fe­renz. Aller­dings wur­de die­ses Amt seit sei­ner Ein­füh­rung unter Papst Pius XII. nie vom regie­ren­den Papst aus­ge­übt. Er ernennt dafür einen Dele­ga­ten, der ihn als Vor­sit­zen­den ver­tritt. Das Ernen­nungs­recht steht dem Papst auch für den Gene­ral­se­kre­tär der Bischofs­kon­fe­renz zu. Die ita­lie­ni­schen Bischö­fe for­der­te der neue Papst auf, ihm mit­zu­tei­len, ob der Vor­sit­zen­de und der Gene­ral­se­kre­tär wei­ter­hin durch den Papst ernannt wer­den sol­len oder ob sie die­se Ämter durch Wahl sel­ber beset­zen möch­ten. Trotz die­ser Auf­for­de­rung gehe der Papst „wie eine Dampf­wal­ze vor­wärts und ent­schei­det alles selbst“, so der Vati­ka­nist San­dro Magister. 

„Dampfwalze“ Franziskus – Bisheriger Generalsekretär überraschend abgesetzt

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Papst Fran­zis­kus setz­te kur­zer­hand den bis­he­ri­gen Gene­ral­se­kre­tär der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, Maria­no Cro­cia­ta ab und ernann­te ihn zum Bischof der klei­nen Diö­ze­se Lati­na-Ter­ra­ci­na-Sez­ze-Pri­veno, was dem Abschie­ben auf ein unbe­deu­ten­des Neben­ge­leis gleich­kommt. Bischof Cro­cia­ta war 2008 von Bene­dikt XVI. zum Gene­ral­se­kre­tär beru­fen wor­den, nach­dem ihn die­ser im Jahr zuvor zum Bischof von Nota ernannt hatte.

Am 28. Dezem­ber erfolg­te dann die Bekannt­ga­be des neu­en Gene­ral­se­kre­tärs „auf völ­lig unty­pi­sche Art und Wei­se“, so Magi­ster. Statt ihn gemäß gel­ten­den Bestim­mun­gen zu ernen­nen, das heißt auf Vor­schlag des Prä­si­di­ums und nach Anhö­rung des Stän­di­gen Rats der Bischofs­kon­fe­renz, ernann­te ihn Papst Fran­zis­kus eigen­mäch­tig und ohne Rück­spra­che. Dafür tat er dies mit einem unge­wöhn­li­chen Zusatz, als wür­de er die Prie­ster und Gläu­bi­gen der Diö­ze­se des neu­en Gene­ral­se­kre­tärs „um Erlaub­nis bit­ten“, so der Papst wört­lich, ihnen den Bischof „weg­zu­neh­men“. Die­se „Bit­te um Erlaub­nis“ war natür­lich rhe­to­ri­scher Art, die der Papst in einem „gewag­ten rhe­to­ri­schen Kon­strukt“ (San­dro Magi­ster) als offe­nem Brief an die Diö­ze­se for­mu­lier­te. Offen­bar gehört die der­zei­ti­ge Füh­rungs­spit­ze der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, bestehend aus Erz­bi­schof Ange­lo Kar­di­nal Bag­nas­co von Genua und den Erz­bi­schö­fen von Peru­gia, Poten­za und Turin (der Gene­ral­se­kre­tär, auch Mit­glied des Prä­si­dums, war ja bereits abge­setzt), nicht zu den bevor­zug­ten Gesprächs­part­nern des Papstes.

Papst bat Diözese um „Erlaubnis“ den Bischof zum Generalsekretär ernennen zu dürfen

Der neu­ernann­te Gene­ral­se­kre­tär ist Bischof Nun­zio Galan­ti­no von Cass­a­no all’Jonio. Der 65 Jah­re alte Bischof stammt aus Apu­li­en. Sei­ne Diö­ze­se liegt in Kala­bri­en und gehört mit knapp 100.000 Gläu­bi­gen zu den klein­sten der Apen­ni­nen­halb­in­sel. Unge­wöhn­lich an der Ernen­nung ist auch, daß sie nur inte­rim erfolg­te. Es scheint unklar, ob sie pri­mär der Ent­fer­nung von Bischof Cro­cia­ta dien­te, oder ob der Papst einer mög­li­chen Sta­tu­ten­än­de­rung der Bischofs­kon­fe­renz nicht vor­grei­fen woll­te, falls die Bischö­fe den Gene­ral­se­kre­tär künf­tig selbst ernen­nen möch­ten. In die­sem Fal­le blie­be die Fra­ge, wes­halb zum jet­zi­gen Zeit­punkt ein Wech­sel erfolg­te. Gene­ral­se­kre­tär Galan­ti­no wird auf eige­nen Wunsch wei­ter­hin Bischof sei­ner Diö­ze­se bleiben.

In sei­nem ver­öf­fent­lich­ten Brief an die Diö­ze­se bat der Papst Prie­ster und Gläu­bi­ge, ihren Bischof „zumin­dest für eine bestimm­te Zeit für eine wich­ti­ge Mis­si­on für die ita­lie­ni­sche Kir­che“ nach Rom gehen zu las­sen. Er wer­de aber wei­ter­hin ihr Bischof blei­ben, wobei der Papst ver­si­cher­te, daß er „regel­mä­ßig eini­ge Tage“ in die Diö­ze­se kom­men werde.

Papst Franziskus: „Ich bitte Euch, mich zu verstehen… und mir zu verzeihen“

„Ich bit­te Euch, mich zu ver­ste­hen… und mir zu ver­zei­hen“, schrieb der Papst am Ende des Brie­fes, datiert am 28. Dezem­ber, der aber ohne Abwar­ten einer Reak­ti­on durch eben die­se mit rhe­to­ri­schem Auf­wand ange­spro­che­nen Prie­ster und Gläu­bi­gen, sofort in Kraft trat.

Die Bischofs­kon­fe­renz nahm den völ­li­gen Allein­gang des Pap­stes mit zwei knap­pen, küh­len Pres­se­er­klä­run­gen zur Kenntnis.

Msgr. Galan­ti­no wur­de am 25. Febru­ar 2012 zum Bischof geweiht und über­nahm die Lei­tung sei­ner Diö­ze­se. Er ist Pro­fes­sor für Anthro­po­lo­gie an der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät für Süd­ita­li­en. In der Bischofs­kon­fe­renz war er bis­her für die höhe­ren theo­lo­gi­schen Stu­di­en zuständig.

Durch sei­ne Ernen­nung ad inte­rim ist Bischof Galan­ti­no zwar mit allen Rech­ten und Pflich­ten Gene­ral­se­kre­tär der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, wie lan­ge sei­ne Amts­zeit aller­dings dau­ern wird, ist nicht bekannt. Papst Bene­dikt XVI. hat­te 2007 Erz­bi­schof Bag­nas­co von Genua zu sei­nem Dele­ga­ten als Vor­sit­zen­den der Bischofs­kon­fe­renz ernannt. Die­ser wähl­te sich Bischof Cro­cia­ta als Generalsekretär.

Bei der Ernen­nung des neu­en Gene­ral­se­kre­tärs läßt sich ein ähn­li­ches Vor­ge­hens­mu­ster des Pap­stes bei Per­so­nal­ent­schei­dun­gen fest­stel­len, das bereits an der Römi­schen Kurie mehr­fach zur Anwen­dung gelang­te. Auch dort erfolg­te der erste Ein­griff nicht direkt an der Spit­ze, son­dern zunächst bei der Num­mer Zwei im hier­ar­chi­schen Gefü­ge. Die uner­war­te­te Erset­zung von Kar­di­nal Bag­nas­cos Gene­ral­se­kre­tär scheint ein Indiz zu sein, daß auch die­ser als Vor­sit­zen­der der Bischofs­kon­fe­renz abge­löst wer­den dürfte.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo

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