(Venedig) Der katholische Blogger Cordialiter befaßt sich zum Jahresbeginn mit der Berufungskrise, von der die Kirche im Westen gequält wird. Eine Krise, die Priesterberufungen betrifft und ebenso die Ordensberufungen. Vor allem allem der Krise der Ordensberufungen sind folgende Gedanken gewidmet.
Was tun, um Berufungen zu gewinnen?
Ich habe Hunderte von Briefen erhalten von Menschen, die auf der Suche nach ihrer Berufung waren. Mehrere fragten mich nach guten Ordensgemeinschaften, in denen sie Erfahrung mit einer geistlichen Berufung machen konnten. Natürlich habe ich jene empfohlen, die mir nach bestem Wissen und Gewissen die geeignetsten schienen, das sind die eifrigsten und strengsten Orden, in denen man als wirkliche Ordensleute lebt (das heißt, nicht erschlafft ist) und in denen die gesunde und gute Glaubenslehre bewahrt wurde.
Mir ist bewußt, daß es großen Bedarf an Berufungen gibt. Manchmal erreichen mich richtige Hilferufe auch von Ordensleuten, die darunter leiden, daß ihr Orden ausstirbt. Ich kann allerdings nur wenig tun. Mir scheint aber eine Grundregel zutreffend und klug: Wenn man viele Berufungen anziehen will, muß man jene Orden nachahmen, die viele Berufungen haben. Denn es ist eine Tatsache, daß es auf der einen Seite Orden gibt, denen das Aussterben droht, da seit vierzig Jahren ihre Noviziate leerstehen, daß es aber auf der anderen Seite Orden gibt, die ein großes Wachstum erleben und über zahlreiche Postulanten und Novizen verfügen.
Wenn ein Orden erschlafft ist, nützt ihm die modernste und beste „Berufungswerbung“ im Internet oder in Zeitschriften nichts. Die jungen Menschen, die den Glauben ernstnehmen und eine Berufung verspüren, interessieren diese dekadenten Orden nicht, die in erster Linie bequem leben und offenbar auch bequem aussterben wollen.
Sichere Faustregel, die die Kirchengeschichte lehrt
Wenn Orden also Berufungen wecken, fördern und anziehen wollen, lehrt die Kirchengeschichte klare Faustregeln, die geistlicher Natur sind: kehrt zum ursprünglichen Gründergeist des eigenen Ordens zurück; führt wieder das überlieferte Ordenskleid ein; tragt das Ordenskleid verpflichtend und immer, das euch durch den Ordenseintritt zum eigentlichen und einzigen Gewand werden soll, dem Gewand des neuen Ordensmenschen (Ordensleute in Jeanshosen und T‑Shirt, oder Ordensleute mit bloß über den üblichen Allerweltsklamotten übergestülptem Ordenskleid, ziehen fast niemanden an); befolgt treu und streng die eigene Ordensregel; stellt Momente des Gemeinschaftslebens im Orden wieder her, vor allem die täglichen gemeinsamen Gebetszeiten; beachtet während der meisten Zeit des Tages Stille und Schweigen im Kloster; werft alle Fernseher zum Fenster hinaus; verbrennt die Bücher aller Theologen, die vom Virus des Modernismus befallen sind; lest wieder die geistlichen Werke der großen Klassiker des Christentums (von Thomas von Kempen über Alfons von Liguori bis Franz von Sales und zahlreiche andere, vor allem auch die Kirchenväter); verzichtet auf jede Form von Luxus und macht euch einen armen, genügsamen Lebensstil zu eigen; belebt die Bußübungen und Sühnepraktiken neu, die in Vergessenheit geraten sind; und stellt die Liebe zur Askese wieder her und damit den Wunsch nach christlicher Vollkommenheit.
Fördert die überlieferte Form des Römischen Ritus
Ich konnte feststellen, daß es noch etwas anderes gibt, was die jungen Katholiken anzieht: das heilige Meßopfer in der überlieferten Form. Die Orden und Gesellschaften apostolischen Lebens, die der Alten Messe verpflichtet sind, haben zahlreiche Berufungen. Warum? Weil sie auf wunderbare Weise die Sakralität zum Ausdruck bringt. Die Gebete sind zum Teil deutlich verschieden von jenen der modernen Liturgie, die Gesänge erheben das Herz leicht zu Gott, die Gesten des Ritus sind tiefer und frommer: man kniet mehr und empfängt auch die Heilige Kommunion kniend in den Mund, nie aber auf die Hände. Der Opfercharakter als Kern und Herzstück des Ritus und unseres Glaubens kommt deutlich zum Ausdruck, während die Neue Messe eine gesellige Versammlung ist oder eine Art fernes Erinnern an das Letzte Abendmahl vor mehr als 1950 Jahren.
Leider gibt es noch nicht in allen Ländern mehrere Ordensgemeinschaften des Alten Ritus. Es werden hoffentlich aber mehr.
Kümmert euch nicht um die Ungehorsamen
Leider gibt es noch viele Menschen (ich meine die Modernisten), von denen die Heilige Messe im überlieferten Ritus verachtet wird und die jene verfolgen, die ihr anhängen. Doch Papst Benedikt XVI. hat mit seinem Motu proprio Summorum Pontificum die Heilige Liturgie aller Zeiten wiederhergestellt. Er hat ebenso klargestellt, daß sie nicht abgeschafft war. Heute ist es jedem Priester erlaubt, die ordentliche oder außerordentliche Form des Römischen Ritus zu wählen. Gleiches gilt für die Ordensgemeinschaften. Er stellte es aber nicht nur jedem frei, sondern verpflichtete die gesamte Kirche, den Alten und verehrungswürdigen Ritus zu pflegen. Wie man jedoch weiß, sind viele Katholiken heute dem Papst ungehorsam und lehnen sich unverfroren gegen seine Anweisungen auf. Glücklicherweise sind die Modernisten bereits in fortgeschrittenem Alter, während die treuen Anhänger der Messe des Heiligen Pius V. vor allem junge Katholiken sind. Aus diesem Grund kann, trotz schlechter Erfahrungen, man denke an die geschundenen Franziskaner der Immakulata, eigentlich die Zukunft nur besser werden. Die Kirche wird eine andere sein als heute, aber sie wird nicht modernistisch sein.
Wenn also ein Orden viele Berufungen anziehen will, dann „genügt“ es, das wirkliche Ordensleben der Gründungszeit wiederherzustellen, den überlieferten Ritus anzunehmen und ohne Scheu dem Volk den unverkürzten Glauben zu verkündigen und den reichen, zweitausendjährigen Schatz der Frömmigkeitsübungen im Volk zu verbreiten. Ich bin überzeugt, nicht weil ich das meine, sondern weil Gott seine Gnade schenken wird, daß sich dann auch die Noviziate füllen werden.
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Divinas vocaciones/Cordialiter/Dominikanerorden