(Paris) Die deutsche Sprache wurde von der Gender-Gerechtigkeit, einem künstlichen Eingriff in die Sprache von außen, schon heimgesucht. Die vielen „ChristInnen“ und „SeelsorgerInnen“ in der katholischen Kirche lassen grüßen. Die romanischen Sprachen blieben bisher von solcher ideologischer Auffrisierung verschont. Das soll sich ändern. Besser gesagt, in Frankreich hat die Linksregierung bereits damit begonnen.
Ein Parlamentsabgeordneter richtete eine ironische Anfrage an die moslemische Ministerin für Frauenrechte Vallaud-Belkacem zu zahlreichen Fällen von „umgekehrter Diskriminierung“. Die Ministerin antwortete mit bitterem Ernst: „Der Kampf gegen Geschlechterstereotype ist unsere Priorität“.
In der Anfragebeantwortung führte die sozialistische Ministerin aus: „Der Kampf gegen die Geschlechterstereotype vor allem in der Schule hat für das Ministerium für Frauenrechte Vorrang.“ Womit sich das Ministerium genau befaßt und was denn offensichtlich zu den drängendsten Problemen Frankreichs gehört, führte die Ministerin auch aus: „Wir arbeiten auch an der Unterdrückung von Anspielungen auf das Geschlecht bei Berufsbezeichnungen, vor allem im Gesundheitswesen.“
Die Antwort der französischen Ministerin und Regierungssprecherin marokkanischer Abstammung Najat Vallaud-Belkacem hat etwas Unglaubliches an sich. Dieselbe Ministerin präsentierte jüngst eine eigene Internetseite der Regierung „um die Abtreibung zu sponsern“. Der Abgeordnete Jacques Bompard der Ligue du Sud brachte insgesamt vier Anfragen ein, mit denen er ein „Ende untragbarer Diskriminierungen“ forderte.
„Hebamme“ ändern
Der Ton der Anfragen Bompards ist ironisch gehalten mit dem Ziel, die feministische Rhetorik der Regierung Hollande bloßzustellen. In diesem Sinn machte er die Ministerin darauf aufmerksam, daß sie „doch erkennen müsse, daß die Berufsbezeichnung Hebamme (im Französischen sage-femme) als solche bereits eine schwerwiegende Diskriminierung und ein Attentat auf die Geschlechtergleichheit darstellt“. Er stellte die Frage, ob die Regierung beabsichtige, die „so schrecklich reaktionäre und rückwärtsgewandte Berufsbezeichnung zu ändern und Maßnahmen zur Förderung der Gleichheit zu ergreifen“.
Umgekehrte Diskriminierung
Die Ministerin ignorierte die Ironie und antwortet in vollem Ernst, daß die Bezeichnung „sage-femme“ bedeute „wer das Wissen der Frau besitze“, weshalb keine „Diskriminierung“ vorliege und auch Männer die Berufsbezeichnung führen könnten.
In den anderen Anfragen beklagte Bompards, daß „61 Prozent der Beamten“ Frauen sind. Dieses „schwerwiegende Ungleichgewicht“ bedeute umgekehrt eine offenkundige „Diskriminierung“ der Männer. Gleiches gelte im Bereich der Krankenpflege, wo 90,7 Prozent der Beschäftigten Frauen sind.
Gleichheit auf allen Ebenen
Ministerin Vallaud-Belkacem antwortete mit größtem Ernst, daß „keine Diskriminierung“ vorliege, weil „die Männer Zugang zu diesen Arbeiten haben“. Die Situation sei zwar „nicht zufriedenstellend“, eine „Begünstigung“ der Frauen wollte die Ministerin allerdings nicht herauslesen. Dennoch fügte sie allen Ernstes hinzu, daß „die Regierung die Männer ermutige, auch diese Berufswege einzuschlagen“, denn es „ist Regierungsziel“, die „Geschlechtergleichheit in der Gesamtheit der Berufe auf allen hierarchischen Ebenen zu erreichen“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi