(Rom) Im Vorfeld des Konklaves veröffentlichen wir die Redebeiträge einiger Kardinäle auf der jüngsten Bischofssynode, die zum zentralen Thema Neuevangelisierung vom 7. bis 28. Oktober 2012 in Rom tagte. Es werden die Beiträge jener Kardinäle veröffentlicht, auf die sich in besonderem Maße das Interesse konzentriert. Die Veröffentlichung soll zugänglich machen, was führende Kirchenmänner zum Thema Neuevangelisierung zu sagen haben und einen Vergleich zwischen diesen ermöglichen.
Den Auftakt macht Timothy Michael Kardinal Dolan, seit 2009 Erzbischof von New York und seit 2010 Präsident der Bischofskonferenz der USA. Kardinal Dolan wurde 1950 in Saint Louis im Bundesstaat Missouri geboren. 1976 empfing er die Priesterweihe und wurde in seine Heimatdiözese inkardiniert. 1994 Rektor des Päpstlichen Nordamerika-Kollegs in Rom, 2001 Weihbischof seiner Heimatdiözese Saint Louis, 2002 Erzbischof von Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin. Am 18. Februar 2012 erhob ihn Papst Benedikt XVI. in den Kardinalsstand. Der Amerikaner Dolan liebt eine knappe, klare Sprache. Ihm wird nachgesagt, keine Auseinandersetzung zu scheuen, was das erhöhte Interesse der amerikanischen Regierung am Konklave erklärt, seit die Möglichkeit eines nordamerikanischen Papstes im Gespräch ist.
Seine amerikanische Herkunft könnte das größte Hindernis für Dolans Wahl sein. Eine Gleichsetzung von Christentum und USA, wie sie etwa in der islamischen Welt häufig zu hören ist, versuchte der Vatikan immer zu zerstreuen. Allerdings könnte gleichzeitig niemand glaubwürdiger diese irrige Gleichsetzung entkräften als ein US-Amerikaner. Papst Benedikt XVI. war zudem der Meinung, daß der entscheidende Kampf gegen die sich im Westen ausbreitende Diktatur des Relativismus in den USA stattfinde, aber Auswirkungen auf den gesamten Westen habe. Er machte in den USA mehr vitale Kräfte als im alten Europa aus, um aus diesem Kampf siegreich hervorzugehen. Wegen seiner Umgänglichkeit und seines ausgeprägten Humors gilt der großgewachsene Erzbischof von New York als ausgesprochen populär. Urbs et Orbis müßten sich allerdings nach einem Papst mit polnischem und einem mit deutschem Akzent, an einen Papst gewöhnen, der Italienisch mit amerikanischem Akzent spricht.
Seine Rede hielt Kardinal Dolan am 9. Oktober 2012 im Rahmen der dritten Generalkongregation. Er erntete den größten Applaus aller Synodenteilnehmer, wie der Vatikanist Paul Badde in Der Welt berichtet.
Der große amerikanische Prediger des Evangeliums, der Ehrwürdige Erzbischof Fulton J. Sheen, sagte einmal:
„Das erste Wort Jesu im Evangelium war ‚komm‘, das letzte Wort Jesu war ‚geh‘.“
Die Neuevangelisierung erinnert uns daran, dass die Akteure der Evangelisierung zunächst selbst evangelisiert werden müssen.
Der heilige Bernhard sagte, „Wenn du ein Kanal werden willst, musst du zunächst ein Reservoir sein“.
Daher glaube ich, dass das erste Sakrament der Neuevangelisierung das Bußsakrament ist, und wir danken Benedikt XVI., daß er uns dies in Erinnerung gerufen hat.
Ja, die Akteure der Evangelisierung werden von den der Einführung in das christliche Leben – Taufe, Firmung und Eucharistie – beauftragt, herausgefordert und ausgestattet.
Das Sakrament der Versöhnung evangelisiert die Evangelisierer, da es uns auf sakramentale Weise in Kontakt mit Jesus bringt, der uns zur Umkehr des Herzens ruft und uns inspiriert, auf seine Einladung zur Buße zu antworten.
Das Zweite Vatikanische Konzil rief zu einer Erneuerung des Bußsakraments auf, doch leider wurden wir vielerorts zu Zeugen des Verschwindens dieses Sakraments.So sind wir beschäftigt mit dem Ruf nach der Reform von Strukturen, Systemen, Institutionen und nicht so sehr von uns selbst, als vielmehr von unseren Mitmenschen. Ja, das ist gut.
Aber die Antwort auf die Frage “Was läuft eigentlich schief in unserer Welt“ liegt nicht in der Politik, der Wirtschaft, der Säkularisierung, der Umweltverschmutzung oder der Erderwärmung. Nein. Vielmehr ist es so, wie Chesterton geschrieben hat: „Auf ihre Frage was in unserer Welt schiefläuft, heißt die Antwort: ‚Ich‘.“
Ich! Dies einzugestehen führt zur Umkehr des Herzens und zur Buße, zum Grund der Einladung des Evangeliums.
Dies geschieht im Bußsakrament. Es ist das Sakrament der Neuevangelisierung.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Erzdiözese New York