(Rom) Am Sonntag zelebrierten die Papstwähler die Heilige Messe in ihren jeweiligen Titelkirchen in Rom und Umgebung. Jeder Kardinal erhält mit seiner Erhebung in den Kardinalsstand eine Kirche in Rom zugewiesen, deren Pfarrer er offiziell ist. Jeder Kardinal hat damit Anteil an der Seelsorge der Diözese Rom, während gleichzeitig die Verbundenheit zum Papst ausgedrückt wird.
Unter den Zelebranten waren auch die beiden Purpurträger, die als Kandidaten in das Konklave eintreten: Angelo Kardinal Scola von Mailand in seiner aus dem 6. Jahrhundert stammenden Titelkirche Santi XII Apostoli im Rione Trevi und Odilo Kardinal Scherer von Sao Paulo in seiner von Bernini geplanten 1678 geweihten Titelkirche Sant’Andrea al Quirinale, die von 1870–1946 als Hofkapelle des italienischen Königshauses diente. Damit könnte sich eine Situation wie bei den beiden Konklave von 1978 wiederholen, in denen sich die Kardinäle Benelli (Florenz) und Siri (Genua) gegenüberstanden und entgegengesetzte Kirchenmodelle vertraten. Der Gegensatz zwischen den beiden Lagern ist 2013 nicht so akzentuiert wie damals, dennoch gibt es deutliche Unterschiede.
Kardinal Scherers „eucharistisches Verständnis“
Messa in Latino veröffentlichte einige Anmerkungen zu den Liturgien der beiden. Kardinal Scherer sei der „Kandidat der Progressiven und der Schlitzohre an der Römischen Kurie“. Man könne Scherers „modus celebrandi nur als nachlässig und an der kanonischen Grenze zum Mißbrauch“ bezeichnen. „Zum Beispiel die Kommunionspendung ohne Patene, obwohl diese auch in den Rubriken des Novus ordo vorgeschrieben wäre. Es gibt keinen Grund darauf zu verzichten, zumindest wenn ein Kirchenfürst zelebriert, denn an Ministranten fehlt es ja bestimmt nicht.“
Die Mißachtung der kirchlichen Bestimmungen „hat Folgen: eine geweihte Hostie ist dem Kardinal aus der Hand geglitten und mangels Patene auf den Boden gefallen“. Das Entgleiten könne jedem Priester passieren. Die Konsequenzen seien durch den nachlässigen Umgang mit den liturgischen Bestimmungen jedoch schwerwiegend: Der Herr fällt in den Staub und liegt am Boden. Wie der Zelebrant auf diese Situation reagiere, sei wiederum aufschlußreich in Bezug auf sein eucharistisches Verständnis. „Kardinal Scherer hob die konsekrierte Hostie einfach wieder auf und fertig. Dies, obwohl in solchen Fällen eventuelle Hostienpartikel aufgelesen und der Boden in besonderer Form gereinigt werden sollte, statt die zwangsläufig am Boden liegenden Partikel des Leibes unseres Herrn mit den Füßen jener treten zu lassen, die dann einfach darübersteigen.“
Kardinal Scola: Nächster Papst soll „großen Päpsten“ der letzten 150 (nicht 50) Jahre folgen
Die Zelebration von Kardinal Scola hingegen war, „immer nach dem Novus Ordo, sehr feierlich und würdig“. Einzige, „allerdings verzeihliche Nachlässigkeit, die nicht den Zelebranten trifft: Ist es möglich, daß sich in einer Kirche in Rom kein rosafarbenes Meßgewand findet, obwohl Laetare-Sonntag war?“ Ergreifend „tadellos“ war hingegen die Zelebration des „überaus sympathischen“ amerikanischen Kardinals Dolan.
Kardinal Scola „bestach“ vor allem durch seine Predigt. Darin sagte er: „Beten wir, daß der Heilige Geist Seiner Kirche jenen Mann schenkt, der sie auf den vorgezeichneten Spuren der großen Päpste der vergangenen 150 Jahre führt“.
„150 Jahre und nicht 50 Jahre, das ist bemerkenswert“, so Messa in Latino. Der Kardinal schlug damit einen großen Bogen, in dem die Nachkonzilszeit nicht einmal ein Drittel ausmacht und auch das Pontifikat Pius IX. eingeschlossen ist. „Ein zurückhaltend formuliertes, aber eindeutiges Bekenntnis zur Hermeneutik der Kontinuität, die Papst Benedikt XVI. als Weg zur kirchlichen Erneuerung lehrte“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Erzdiözesen Sao Paulo und Mailand