(Vatikan) Der Kirche verursacht die völlig ungewohnte Situation derzeit einiges Kopfzerbrechen. Wie damit umgehen, daß der Papst abtritt, obwohl er noch lebt. Einige Fragen sind theoretischer Natur, andere praktischer. Theoretisch ist die Frage, ob es nach der Wahl eines neuen Papstes zwei Päpste geben werde. Über die Details wurde in diesen Tag viel gesagt und geschrieben. Papst Benedikt XVI. wird, wie er angekündigt hat, ein für die Welt unsichtbarer Zeuge im Gebet sein.
Sobald er in zwei Monaten von Castel Gandolfo in das Kloster im Vatikan zurückkehren wird, wird er für die Welt unsichtbar sein. Dann kann bestenfalls noch ein Paparazzo von der Peterskuppel aus vielleicht mit Riesenteleobjektiv einen Zufallstreffer landen und aus der Ferne ein flüchtiges Bild von ihm erheischen. Hören und sehen wird die Welt von ihm nichts mehr. Er wird nur mehr ein betender Papst sein, der bereits das Konklave vor dem Herrn begleiten wird.
Die praktischen Unsicherheiten für die „zurückbleibende“ Welt zeigen sich auch im Glockengeläut. Heute, den 28. Februar um 20 Uhr läutet die Glocke an der Fassade der Petersbasilika die Sedisvakanz ein. Es wird kein Läuten mit dem Klöppel sein, sondern ein Schlag von außen mit Hammer. Damit wird der Welt mitgeteilt, daß der Stuhl des Petrus verwaist ist.
Es ist ein dumpfes Läuten, das die Schwere des Augenblicks verkündet. Ein Zeichen des Verlustes und der Trauer. Erst mit der Wahl des neuen Papstes werden die Glocken der Peterskirche festlich läuten, um der Welt zu verkünden, daß sie ein neues Kirchenoberhaupt hat. Die Kirche kennt eine genaue Läuteordnung, die zwischen verschiedensten Momenten unterscheidet.
Heute wird auch bei dieser ein neues Kapitel aufgeschlagen. Als Papst Benedikt XVI. im Hubschrauber den Vatikan verließ, läuteten die Glocken des Petersdomes festlich. Ein Dankesläuten, wie Vatikansprecher Pater Federico Lombardi mitteilte.
Auch im deutschen Sprachraum gibt es die Initiative, das Ende des Pontifikats mit einem Festgeläute zu begleiten. Die Initiative ist gut gemeint, weil sie die Verbundenheit mit Benedikt XVI. zum Ausdruck bringen will. Sie verwechselt aber den Zeitpunkt. Die Glocken für dieses Pontifikat läuteten bereits am 19. April 2005 festlich als Moment der Freude über das Habemus Papam.
Die Sedisvakanz ist ein Augenblick des Stillstandes und der Trauer, verursacht durch den tatsächlichen Tod eines Papstes oder wie im Falle Benedikts XVI. durch dessen „Tod“ für die Augen der Welt. Es ist auch ein Augenblick, der eine besondere Verwundbarkeit der Kirche anzeigt, da sie kein sichtbares Oberhaupt in der materiellen Welt besitzt. Es gibt gute Gründe für die Praktiken, die die Kirche pflegt. Diese können durch neue Initiativen gestärkt werden. Sie sollten aber nicht, auch nicht in guter Meinung, beliebig verkehrt werden.
Der 28. Februar 2013 ist ein Tag, an dem die Kirche Benedikt XVI. für sein Pontifikat dankt. Es ist aber auch ein Tag der Verwaisung, die der Situation an jedem Karsamstag nahekommt, weil die Kathedra Petri ab heute unbesetzt ist. Es braucht Zeiten der Trauer und Zeiten der Freude. Die Welt tut sich mit ersten schwer und möchte nur letztere kennen.
Die Bildgalerie zeigt Aufnahmen von der letzten Generalaudienz Benedikts XVI. vom 27. Februar 2013 am Petersplatz. Unter den mehr als 250.000 Gläubigen befanden sich ausgesprochen viele aus dem deutschsprachigen Raum, die eigens nach Rom gereist waren, um „ihrem“ Papst zu danken. Sie haben damit ein lebendiges Zeichen dafür gegeben, daß es auch ein anderes Deutschland gibt.
In tiefer Verbundenheit danken wir Papst Benedikt XVI. für sein leuchtendes Lehramt und sein Werk als Diener der Wahrheit.
Text und Bilder: Giuseppe Nardi