(Econe) Die Priesterbruderschaft St. Pius X. wird „in Kürze“ dem Heiligen Stuhl eine Antwort auf die am 14. September vom Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, angebotene doktrinelle Präambel geben. Dies sagte der Generalobere der Piusbruderschaft, Msgr. Bernard Fellay, dem Pressedienst seiner Gemeinschaft. Die derzeitige Fassung der Präambel könne „nicht unsere Annahme finden“. Die darin gewährte „legitime Diskussion“ über Teile des Zweiten Vatikanischen Konzils sei noch nicht ausreichend. Es bedürfe noch „umfangreicher Abklärungen“, so Fellay. Mit Blick auf Druck aus den eigenen Reihen erteilte Msgr. Fellay einer voreiligen Ablehnung der angebotenen Präambel jedoch eine Abfuhr. Das wäre zwar „das einfachste vielleicht, aber nicht das ehrlichste“, so der Generalobere.
Fellay erteilt einer vorschnellen Ablehnung des römischen Angebots eine Absage
Da Rom bereits bei der Übergabe der Präambel betonte, daß es sich „um keinen endgültigen Text“ handle, sondern „Erläuterungen und Änderungen“ möglich seien, werde Msgr. Fellay „in diesen Tagen den römischen Autoritäten“ einen „Vorschlag“ unterbreiten. Er wird „mit Offenheit die lehrmäßigen Positionen“ enthalten, „an denen wir unbedingt glauben festhalten zu müssen“. So sei vor allem die Frage zu klären, „wie groß“ der „Rahmen“ für eine „legitime Diskussion“ über das letzte Konzil sei.
Msgr. Fellay kündigte in dem Interview, das sich in erster Linie an die Bruderschaft selbst und deren Umfeld zu richten scheint, an, daß – wohl in Absprache mit Rom – das „Schlußdokument“ dieser Gespräche, welches auch immer das Ergebnis sein werde, „veröffentlicht werden“ wird. Unabhängig davon, ob es am Ende eine Einigung geben werde oder nicht, werden, so der Generalobere der Piusbruderschaft, „die Präzisierungen, die wir entweder erhalten oder nicht, ein nicht zu vernachlässigendes Verdienst haben. Sie werden besser herausstellen, wo die Schwierigkeiten sind und wo die Lösungen liegen“.
Präambel räumt erstmals Kritik am Konzil ein – Msgr. Fellay verlangt Präzisierungen
Über die aktuellen Verhandlungen halten sowohl die Priesterbruderschaft St. Pius X. als auch der Heilige Stuhl vollkommenes Stillschweigen. Dies sei wegen der Wichtigkeit des „Vorhabens“ notwendig, garantiere „Seriosität“ und verhindere die „große Gefahr, die Opposition der Progressisten hervorzurufen“, so der Generalobere. Diese würden „schon die Idee einer Diskussion über das Konzil ablehnen“ und für „indiskutabel“ halten, obwohl, so Msgr. Fellay, es sich beim Zweiten Vatikanischen Konzil um ein reines „Pastoralkonzil“ ohne dogmatische Entscheidungen handelte.
Rom verlange die Annahme der nachbesserbaren doktrinellen Präambel als Voraussetzung für die kanonische Anerkennung der Piusbruderschaft als Teil der katholischen Kirche. Für die Priesterbruderschaft sei hingegen die Klärung der offenen Fragen zur Glaubenslehre Voraussetzung für die Annahme der Präambel, präzisierte Msgr. Fellay. „Denn wir vergessen nicht, dass es sehr wohl die lehrmäßigen Unterschiede sind, welche seit vierzig Jahren am Anfang der Meinungsverschiedenheit zwischen Rom und uns stehen.“
„Zu wollen, dass Gott den Sieg gibt, ohne die Soldaten zur Schlacht zu rufen, ist eine Form der Fahnenflucht“
Fellay hob weiters hervor, daß sich unabhängig von der Bruderschaft, aber wegen der theologischen Gespräche mit dem Heiligen Stuhl auch andere Teilen der katholischen Kirche mit Kritik am Zweiten Vatikanischen Konzil und der kirchlichen Entwicklung Gehör verschaffen.
Auf die Frage, welche Lösung es nach der Analyse zur Genesung der Kirche gebe, antworte er: „Ohne ein Wunder kann es keine unmittelbare Lösung geben. Um es mit einem Ausdruck von Johanna von Orleans zu sagen: Zu wollen, dass Gott den Sieg gibt, ohne die Soldaten zur Schlacht zu rufen, ist eine Form der Fahnenflucht.“ Ein „dramatischer Niedergang an Berufungen“ sei der Gradmesser für den Zustand, in dem sich die Kirche befinde. „Junge Bischöfe und Priester, welche diese Situation ererben , werden sich immer mehr der Sterilität der 50 Jahre Öffnung zur modernen Welt bewußt. Sie geben nicht einzig und allein der Laisierung der Gesellschaft schuld, sie fragen sich auch nach der Verantwortung des Konzils, das die Kirche dieser Welt in voller Säkularisation geöffnet hat. Sie fragen sich, ob die Kirche sich bis zu diesem Punkt der Moderne anpassen konnte, ohne den Geist derselben anzunehmen“, so Msgr. Fellay.
Bischöfe, die Opposition gegen Papst betreiben, werden sie noch mehr gegen Piusbruderschaft betreiben
Die „Opposition“ von Bischöfen gegen Rom durch die Nichtumsetzung des Motu proprio Summorum Pontificum über die tridentinische Messe oder durch die Weigerung, das pro multis im Kanon der Messe mit „für viele“ zu übersetzen, ermögliche es Papst Benedikt XVI. „sehr leicht, die erbitterte Opposition zu erfassen“, welche die Priesterbruderschaft St. Pius X. „zweifellos von Seiten der Bischöfe in ihren Diözesen erfahren werde“, sollte es zu einer Einigung mit Rom kommen, die Msgr. Fellay offensichtlich nicht ausschließt.
Fellay hält Einigung für möglich
Der Generalobere der Piusbruderschaft läßt erkennen, davon überzeugt zu sein, daß Papst Benedikt XVI. „eine kanonische Lösung wünsche“. Er, der Papst, müsse aber „auch die Mittel ergreifen“, die „diese Lösung überhaupt erst realistischerweise ermöglichen wird.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Messa in Latino