(Rom/Vatikan) Nach 144 Jahren kehrt die päpstliche Fahne, die auf dem römischen Stadttor Porta Pia wehte, in den Vatikan zurück. Die Fahne war auf der Aurelianischen Stadtmauer Roms gehißt bis zum 20. September 1870, an dem die angreifenden italienischen Truppen dem Kirchenstaat nach über tausendjährigem Bestand ein Ende setzten.
Der Fahne kommt besonderer symbolischer Charakter zu, da den Truppen des savoyischen Königreichs genau an der von Michelangelo im 16. Jahrhundert errichteten Porta Pia im Anrennen gegen die Stadtmauern der Durchbruch gelang.
Die auf der Festung flatternde päpstliche Fahne fiel jedoch nicht in die Hände der Angreifer. Sie konnte von den Fürsten Ruspoli „gerettet“ werden. Den Truppen des Königreichs Italien gelang der entscheidende Einfall durch den Garten der Villa von Napoleon Karl Bonaparte, eines Großneffen Napoleons I., und Cristina Ruspoli. Im Garten der Villa fand der letzte Abwehrkampf statt, bei dem 19 päpstlichen Zuaven fielen. Die durch mehrere Gewehrschüsse durchbohrte Fahne wurde von Fürstin Cristina in Sicherheit gebracht und seither durch die Familie Ruspoli aufbewahrt.
Am 29. September 2011, dem Fest der päpstlichen Gendarmerie, erstattet Fürst Sforza Ruspoli die Fahne dem Vatikan zurück. Die Übergabezermonie findet um 17.30 Uhr auf dem Platz des Governatorats im Vatikan statt. Nach Aufstellung der verschiedenen Einheiten, der Ehrenbezeugung und dem Fahnenappell des Zwergstaates, wird Fürst Ruspoli die päpstliche Fahne der Porta Pia und damit die letzte Fahne des alten Kirchenstaates Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone übergeben. Anschließend folgt eine Gefallenenehrung, an deren Ende eine Botschaft Papst Benedikts XVI. verlesen wird.
Die Beziehungen der Familie Ruspoli mit den Päpsten kann auf eine lange Geschichte verweisen, die vor allem im 18. Jahrhundert eine sehr intensive Phase erlebte. 1708 schuf Francesco Maria Ruspoli auf eigene Kosten das nach ihm benannte Regiment Ruspoli mit einer Mannschaftsstärke von eintausend Soldaten und stellte es in den Dienst des Heiligen Stuhls. 1721 erhob Papst Benedikt XIII. Francesco Maria und seine Nachkommen in den römischen Fürstenstand. Ende des 18. Jahrhunderts leisteten die Ruspoli einen Beitrag von 800.000 Gold-Scudi zur Begleichung der Abgaben, die Napoleon Bonaparte der Kirche auferlegt hatte.
Das derzeitige Familienoberhaupt, der 84jäührige Fürst Sforza Ruspoli veranstaltet jedes Jahr am 20. September mit der Militia Christi eine Gegenveranstaltung an der Porta Pia, wo die Freimaurer und andere kirchenfeindliche Kräfte alljährlich den Sieg über den Kirchenstaat feiern. Zu diesem Anlaß hißte er stets die gerettete päpstliche Fahne auf der Festung am Stadttor zur Erinnerung an die päpstlichen Soldaten, die zur Verteidigung von Papst und Kirche ihr Leben ließen.
Text: Vatican Insider/Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider