(Peking) In der Volksrepublik China forderte erstmals ein Leiter der staatlichen Kommission für Familienplanung Paare auf, mehr Kinder zu zeugen. Die Einladung richtet sich zwar nur an Paare, die eine Erlaubnis für ein zweites Kind besitzen. Der Schritt wird jedoch als Signal gewertet, daß die seit Jahrzehnten betriebene Ein-Kind-Politik gescheitert ist.
Hintergrund des Vorstoßes ist der schnelle Alterungsprozeß der chinesischen Gesellschaft. Xie Lingli, Vorsitzender der staatlichen Kommission für Bevölkerungsplanung für Shanghai erklärte in gegenüber dem offiziösen China Daily, daß durch die Regierung durch die Richtungsänderung „den Anteil der Alten an der Bevölkerung reduzieren und den künftigen Arbeitskräftemangel abschwächen“ wolle.
Shanghai, die größte Stadt Chinas, zählt mehr als drei Millionen Bewohner, die älter als 60 Jahre sind. Das entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von 22 Prozent. Bis zum Jahr 2020 wird ihr Anteil auf 34 Prozent ansteigen. Derzeit kommen 1,6 Personen im arbeitsfähigen Alter auf einen über 60-Jährigen. 1975 waren es noch 7,7.
Seit den 70er Jahren können Paare im kommunistischen China unter Strafe nur ein Kind haben. Lediglich mit staatlicher Ausnahmegenehmigung sind für einige Gruppen zwei Kinder zugelassen. Die neue Kampagne für ein zweites Kind sieht auch finanzielle staatliche Hilfen vor.
Xie Lingli gestand gegenüber der Presse Fehler der bisherigen Bevölkerungspolitik ein. Die wachsende Zahl der Alten erzeuge einen im stärkeren Druck auf die jüngeren Generationen und die Gesellschaft. „Wir müssen das Problem lösen“, erklärte Lingli, wenn er auch einschränkend hinzufügte, daß dies nicht bedeute, „daß die Familienplanungspolitik überdacht werde“.
Bereits zu Jahresbeginn 2009 hatte der Vorsitzende der Familienplanungskommission öffentlich eingestanden, daß mehr als zwei Drittel der chinesischen Frauen gerne „zwei oder mehr Kinder“ hätten.
Fachleute erklären, daß schon bisher – trotz der strengen Bestimmungen – Wohlhabende und kommunistische Parteifunktionäre häufig Ausnahmeregelungen für zwei oder mehr Kinder erhielten.
(Asianews/JF)