Vor der Weihehandlung hat der Regens des Priesterseminars in Zaitzkofen eine Erklärung verlesen, um die Absicht zum Ausdruck zu bringen, mit welcher die Priesterbruderschaft diese Weihe vornimmt.
Die Ansprache im Wortlaut.
Als Regens möchte ich am Beginn der heutigen Priesterweihe eine Erklärung darüber abgeben, wie wir die heutige Weihehandlung sehen und sie beurteilt wissen wollen.
Wir bedauern die Emotionalisierung der öffentlichen Diskussion über die Priesterbruderschaft St. Pius X. und auch dieser Priesterweihen.
Wir bedauern die verbale Ausgrenzung, die wir in diesen Tagen massiv von seiten mehrerer deutscher Bischöfe erfahren.
Wir stellen fest: Ihre Haltung unterscheidet sich sehr von der Handlungsweise Roms.
Es ist zu beachten, daß Rom den baldigen Beginn der lehrmäßigen Gespräche mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. über das 2.Vatikanische Konzil nicht an die Bedingung geknüpft hat, daß wir fortan auf die Spendung von Sakramenten verzichten, bis ein praktisches Abkommen zustandegekommen ist.
Würde unsere Gemeinschaft der Forderung mehrerer deutscher Bischöfe nachkommen und aufhören, Priester zu weihen, die Messe zu feiern und Sakramente zu spenden, weil wir uns momentan kirchenrechtlich nur in einer Grauzone befinden, dann würde das faktisch unsere Auflösung bedeuten.
Indem diese Forderung erhoben wird, verkehrt man die Absicht des Papstes, die er mit der Rücknahme des Exkommunikationsdekretes verfolgt, ins Gegenteil.
Wir stellen fest, daß die Priesterbruderschaft nicht Grund, sondern nur Anlaß ist für den aktuellen öffentlichen Streit, der immer mehr das eigentliche Problem der Kirche in das Blickfeld nimmt.
Dieses Problem kann man mit den Worten des ehemaligen Bischofs von Regensburg, Dr. Rudolf Graber, fassen:
„Es geht um das Ganze, es geht um die Kirche, es geht um eine gigantische Revolution in der Kirche!“ – „Der Protestantismus war der erste Schritt; dann folgt der Modernismus; das Ende ist der Atheismus“. – Man will „die Kirche ihres übernatürlichen Charakters entkleiden, sie mit der Welt amalgamieren, das konfessionelle Nebeneinander zu einem ökumenischen Ineinander machen“.
Diese Einschätzung ist auch die unsrige. Wir sehen die Kirche in einem beispiellosen Ausnahmezustand, heute noch mehr als vor 36 Jahren, da Bischof Graber seine hervorragende Analyse der Kirchenkrise veröffentlicht hat unter dem Titel „Athanasius und die Kirche unserer Zeit“.
Nur vor diesem Hintergrund ist das heutige Handeln der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu verstehen: Es gibt eine Krise des Glaubens in der Kirche und eine Krise des Priestertums, es gibt eine Notsituation, die nicht zuletzt durch Kräfte innerhalb der Kirche verursacht wurde und die den Glauben und das ewige Heil vieler Seelen in Gefahr bringt.
Weil wir die Kirche lieben, ist es für uns eine Gewissenspflicht, unsere Priesterausbildung nach den Maßstäben der 2000jährigen Tradition fortzusetzen, die mit der Priesterweihe ihren krönenden Abschluß findet. Allen, denen das Wohl der Kirche wirklich am Herzen liegt, bitten wir, über menschliche Fährnisse hinwegzusehen und an unseren ehrlichen und aufrichtigen Willen, der Kirche zu dienen, zu glauben. Nur eine sachliche Auseinandersetzung, getragen von gegenseitiger Achtung, kann der Kirche zum Segen gereichen.
Pater Stefan Frey, Regens