(Wien) Der österreichische Künstler Alfred Hrdlicka wird im Auftrag der Erzdiözese Wien eine Skulptur der 1998 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochenen Ordensfrau Maria Restituta Kafka schaffen. Dies teilte der Pfarrer des Stephansdoms, Toni Faber, in einem Interview in der österreichischen Tageszeitung Die Presse mit. Aus den Worten des rührigen Pfarrers läßt sich schließen, daß dieser Auftrag eine Art Kompensation für die Aufregung um die Jubiläumsausstellung des Künstlers im Wiener Dommuseum ist. Seiner Aussage zufolge ist er im Beisein von Kardinal Christoph Schönborn zu Hrdlicka gefahren, um diesen Auftrag zu erteilen.
Daß ein weit über die Grenzen Österreichs bekannter Künstler einen solchen Auftrag erhält, ist kaum erstaunlich. Befremdend aber ist die Tatsache, daß Alfred Hrdlicka mit seiner Ausstellung im Wiener Diözesanmuseum nicht nur in Kirchenkreisen Empörung ausgelöst hat. Einige Tage nach Beginn dieser Ausstellung ließ Kardinal Schönborn ein großflächiges Bild daraus entfernen, das Apostel darstellte, die vor einem Kreuz mit Corpus onanierten. Dem Interview zufolge war es Pfarrer Faber selbst, der diese Hommage an Hrdlicka angeregt hatte und auch den Wiener Kardinal bei der Vernissage dieser umstrittenen Kunstausstellung vertrat.
„Für mich hat Provokation in einem Museum einen durchaus guten Platz“, meint Faber, ohne zu erwähnen, daß es sich dabei um ein sakrales Museum handelt, in dessen Räumen liturgische Gegenstände und auch Werke berühmter Künstler, wie Lucas Cranach zu finden sind. Für einigen Wirbel hatte Pfarrer Faber im Jahr 2006 gesorgt, als er am Valentinstag im Stephansdom unter dem Motto „Segensgottesdienst für Liebende“ hetero-und homosexuelle Paare segnete. Letztere allerdings nur „einzeln“, um mit dem Kirchenrecht nicht in Konflikt zu geraten.
Warum Kardinal Christoph Schönborn nochmals in ein solches Fettnäpfchen zu treten wagt, bleibt schleierhaft. Der Direktor des Diözesanmuseums, Dr. Bernhard Böhler, hatte zu der fraglichen Ausstellung täglich bis zu 400 Protest-E-Mails erhalten, viele davon aus den USA, von wo aus die ersten negativen Reaktionen zur Hrdlicka-Ausstellung gekommen waren. Wenn man den Worten des Dompfarrers glauben kann, war er selbst der Urheber dieser Provokation.
Aber dabei will er es nicht belassen. Es tue ihm sehr weh, so Faber, daß er nicht mit einem anderen Künstler, Hermann Nitsch, zusammen arbeiten könne. Nitsch ist weit über die österreichischen Grenzen als Aktionskünstler bekannt, der Tiere schlachtet und mit deren Blut spielt. Er schätze Nitsch sehr, bemerkt der etwas ungewöhnliche Dompfarrer im Interview. Er wisse aber, daß Nitsch sich in Kirchenkreisen unbeliebt gemacht habe, besonders bei Bischof Kapellari. So meint Faber: „Ich weiß, wie tief er (Hermann Nitsch) das Religiöse, das christliche Opfer der Eucharistie verstehen kann. Wenn er die Monstranz aus einem geschlachteten Lamm herausnimmt und ausstellt, ist es genau das, was ich jeden Tag bei einer Messe sage und tue: Seht das Lamm Gottes.“
Daß sich der Wiener Oberhirte den Luxus leistet, einen derart umstrittenen Priester an exponierter Stelle zu lassen, soll daran liegen, daß er sich – nach dem Mediendebakel um seinen Vorgänger Kardinal Hans Hermann Groà«r – ein etwas „moderneres Image“ geben möchte. Dies meint zumindest einer seiner Amtsbrüder. Ob diese Rechnung aufgeht, wird die Zukunft zeigen.
(Manfred Ferrari)