(Bahia) Msgr. Bernard Fellay, der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X. hielt am 9. Juli im brasilianischen Bahia einen Vortrag über die aktuelle Lage der Kirche. Einleitend gab Bischof Fellay einen Überblick über die kirchliche Entwicklung der letzten 50 Jahre. Er sprach über das Versprechen, das Kardinal Eugene Tisserant im lothringischen Metz den Russisch-Orthodoxen gab, daß auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil nicht über den Kommunismus gesprochen werde. Die Vereinbarung wurde bereits damals von einer kommunistischen Tageszeitung Frankreichs publik gemacht. Ebenso sprach Msgr. Fellay über Henri De Lubac, der in den 50er Jahren verurteilt, dann aber zum Konzilsexperten erhoben und schließlich zum Kardinal kreiert wurde.
Dann kam der Generalobere der Piusbruderschaft auf das Jetzt der kirchlichen Lage zu sprechen. Er berichtete von der Aussage des Kanzlers der Diözese Trier, daß 80 Prozent der Priester dort nicht an die Realpräsenz Jesu Christi in der Eucharistie glaubten. Vom beschleunigten Auflösungsprozeß des Priestertums in Europa. In Frankreich gibt es mehrere Diözesen, darunter jene von Langres, in der jeder Priester im Durchschnitt 60 Pfarreien betreuen müsse. Im Jahr 2010 wurden in Frankreich weniger Priester geweiht, als es Diözesen gibt.
In den Vereinigten Staaten von Amerika habe sich die Zahl der Ordensleute um 90 Prozent verringert. Wo vorher zehn Ordensleute wirkten, ist heute noch einer geblieben.
Als nächsten Schritt analysierte Msgr. Fellay die Position des Papstes. Dabei definierte er Papst Benedikt XVI. als „Mann, der einen progressiven Kopf habe, jedoch mit einem katholischen Herz, das die Tradition liebt“.
Wegen der zahlreichen Hürden im Vatikan, zögere der Heilige Vater die letzten nötigen Schlüsse aus den Folgen des Konzils zu ziehen. Wenn er die Enzyklika Quanta cura und den Syllabus Papst Pius IX. von 1864 als „zeitbedingt“ bezeichne, werde der Versuch deutlich, das Konzil um jeden Preis zu retten.
Alle Schritte, die der Papst zur Bewahrung des unveränderbaren Glaubens, der Tradition und der alten Messe setze, seien von extremen Widerständen begleitet, angefangen durch Teile der römischen Kurie wie dem Staatssekretariat.
So wußten Trappisten von Mariawald lange nichts davon, daß der Heilige Vater ihnen die Erlaubnis erteilt hatte, zur alten Ordensdisziplin und zum römischen Ritus von Papst Pius V. zurückkehren zu dürfen, weil das Staatssekretariat das entsprechende Dekret des Papstes liegenließ und keine Antwort an Mariawald weiterleitete.
Die Opposition sei auch im Episkopat mehr oder weniger weltweit sehr stark. „Die Bischöfe führen Krieg gegen die alte Messe“. Es gebe aber auch eine Reihe von guten Bischöfen und Priestern. Ein positives Zeichen sei, daß es an der römischen Kurie auch eine größere Gruppe von wohlwollenden Prälaten gebe. So würden täglich in der Petersbasilika mehr oder weniger als 20 Heiligen Messen in der außerordentlichen Form des römischen Ritus zelebriert. Zelebranten seien Kleriker, die dem Papst nahestünden.
Papst Benedikt XVI. selbst, aber auch sein Sekretär, zelebrieren privat die tridentinische Messe, ohne daß dies bisher jedoch aus Rücksicht auf die Opposition in irgendeiner Weise offiziell publik gemacht worden sei. Diese Zurückhaltung erkläre sich, so Msgr. Bernard Fellay, wenn man etwa bedenke, daß bei einer Tagung von 28 Diözesanpriestern in Italien einer berichtete, daß sein Bischof gesagt habe, die Kirche zu verlassen, falls der Papst öffentlich die Heilige Messe im alten Ritus zelebrieren würde. Mit dieser und ähnlichen unverhohlenen Drohungen sei der Heilige Vater konfrontiert.
Schließlich erwartet der Generalobere der Piusbruderschaft für die kommenden Jahre eine Zunahme des Widerstandes gegen jede Form der Restauration. Diese Entwicklung hänge damit zusammen, daß die letzten Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils abtreten und noch alles unternehmen würden, um die in der Kirche immer deutlicher erkennbare Restauration noch im letzten Augenblick zu verhindern.
Am Ende aber, so die Schlußfolgerung von Msgr. Fellay, erfülle in einer dramatischen Entwicklung die übernatürliche Hoffnung und die Gewißheit, daß Gott, durch die Fürsprache der Allerseligsten Jungfrau, alle Dinge wieder zurechtrücken werde.
(Messainlatino/GN, Bild: Dieter Volkerts)