Der Heilige Stuhl erwartet die Antwort der Lefebvrianer, bereit, pastorale und disziplinäre Fragen zu diskutieren, nicht aber doktrinelle


Der Vati­ka­nist Andrea Tor­ni­el­li faß­te in einem heu­te ver­öf­fent­lich­ten Bei­trag für Vati­can Insi­der den der­zei­ti­gen Stand der Gesprä­che zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. zusam­men, den wir in deut­scher Über­set­zung zugäng­lich machen.

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Die Ant­wort von Bischof Ber­nard Fel­lay, dem Gene­ral­obe­ren der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X., zur Dok­tri­nel­len Prä­am­bel, die ihm am ver­gan­ge­nen 13. Juni im Vati­kan über­ge­ben wur­de, ist noch nicht in Rom ein­ge­trof­fen. „Es ist klar, daß der Ball nun bei der Bru­der­schaft liegt“, hat­te am Tag nach jenem Tref­fen der Pres­se­spre­cher des Vati­kans, Pater Feder­i­co Lom­bar­di, kom­men­tiert. Man wuß­te im übri­gen, daß eine Ant­wort schwer­lich vor dem Gene­ral­ka­pi­tel der Lefeb­vria­ner ein­tref­fen konn­te, das Anfang Juli statt­fand. Und auch wenn inzwi­schen bereits mehr als drei Mona­te seit der Über­ga­be des Doku­ment ver­gan­gen sind, scheint man jen­seits des Tibers kei­ne Eile zu haben.

Zunächst ist nicht zu ver­ges­sen, daß im Anschluß an das Tref­fen vom 13. Juni der Papst die Füh­rungs­spit­ze der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei, die für den Dia­log mit den Lefeb­vria­nern zustän­dig ist, aus­ge­tauscht hat, indem er Erz­bi­schof Ger­hard Lud­wig Mül­ler an Stel­le des zurück­ge­tre­te­nen Kar­di­nals Wil­liam Leva­da zum Prä­fek­ten ernann­te und Erz­bi­schof Joseph Augu­sti­ne Di Noia zum Vize­prä­si­den­ten von Eccle­sia Dei. Die römi­schen Ansprech­part­ner, denen Fel­lay gegen­über­ste­hen wird, sind daher nicht mehr die­sel­ben wie vor drei Monaten.

Zudem weiß der Hei­li­ge Stuhl genau, wie deli­kat die inter­ne Situa­ti­on der Pius­bru­der­schaft ist: er weiß um die Exi­stenz einer Fron­de, die gegen eine Ver­ein­ba­rung mit Rom ist, so wie er eben­so ande­rer­seits weiß, daß eine nicht klei­ne Grup­pe von Prie­stern nicht von den extre­men Posi­tio­nen eini­ger abhän­gig sein will. Es gärt in eini­gen Distrik­ten Latein­ame­ri­kas und es dürf­te zu Sank­tio­nen gegen Bischof Richard Wil­liam­son kom­men, der sich inzwi­schen auf offe­nem Kon­fron­ta­ti­ons­kurs gegen Fel­lay befin­det. Bis Okto­ber ist es daher wahr­schein­lich, daß vom Vati­kan nie­mand drän­gen wird, um vom Gene­ral­obe­ren der Bru­der­schaft eine Ant­wort zur Prä­am­bel zu erhalten.

Wie bekannt, hat­te Fel­lay im ver­gan­ge­nen Juni neben der von der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on for­mu­lier­ten und vom Papst appro­bier­ten Dok­tri­nel­len Prä­am­bel, die auch eini­ge – aber nicht alle – Ände­run­gen ent­hielt, die vom lefeb­vria­ni­schen Gene­ral­obe­ren gewünscht wor­den waren, auch den Ent­wurf für eine kano­ni­sche Aner­ken­nung der Bru­der­schaft als Per­so­nal­prä­la­tur erhalten.

Laut dem, was Vati­can Insi­der in Erfah­rung brin­gen konn­te, dürf­te die erwar­te­te Ant­wort Fel­lays erneut nur vor­läu­fig sein und eini­ge Bedin­gun­gen ent­hal­ten. Wenn es sich um Ersu­chen han­delt, die die Seel­sor­ge oder die Dis­zi­plin betref­fen, ist der Hei­li­ge Stuhl bereit, sie in Betracht zu zie­hen. Nach dem Gene­ral­ka­pi­tel im Juli waren eini­ge Bedin­gun­gen genannt wor­den. Die ersten drei, die als „unver­zicht­bar“ betrach­tet wer­den, betra­fen die „Frei­heit“ öffent­li­che Kri­tik an den „Irr­tü­mern oder den Neu­hei­ten des Moder­nis­mus, des Libe­ra­lis­mus, des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils und deren Fol­gen“ üben zu kön­nen. Die zwei­te betraf den „aus­schließ­li­chen Gebrauch der Lit­ur­gie von 1962“. Die drit­te „die Garan­tie zumin­dest eines Bischofs“. Ande­re weni­ger ver­bind­li­che Bedin­gun­gen waren die Mög­lich­keit, eige­ne erst­in­stanz­li­che Kir­chen­ge­rich­te zu erhal­ten, die Befrei­ung der Häu­ser der Bru­der­schaft von Bezie­hun­gen zu den Diözesanbischöfen.

Zu vie­len die­ser Punk­te ist eine Eini­gung mög­lich und der Hei­li­ge Stuhl ist bereit dar­über zu spre­chen, um Ände­run­gen am Ent­wurf vor­zu­neh­men, der den künf­ti­gen kano­ni­schen Sta­tus der Pius­bru­der­schaft betrifft. Nicht mehr mög­lich ist hin­ge­gen, die Debat­te über die in der Prä­am­bel for­mu­lier­ten dok­tri­nel­len Fra­gen zu eröff­nen. Von den Lefeb­vria­nern wird erwar­tet, das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum zu akzep­tie­ren und daher die ordent­li­che Form der nach­kon­zi­lia­ren Reform anzu­er­ken­nen, deren Gül­tig­keit und Recht­mä­ßig­keit nicht in Zwei­fel gezo­gen wer­den dür­fe, auch wenn ihnen garan­tiert wird, daß sie aus­schließ­lich und immer nach dem alten Mis­sa­le (in der außer­or­dent­li­chen Form des Römi­schen Ritus) zele­brie­ren können.

Text: Vati­can Insider/​Andrea Tornielli
Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Die­ter Volkerts

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3 Kommentare

  1. Bald lohnt es nicht mehr dar­auf ein­zu­ge­hen: Sicher gibt es in der Pius­bru­der­schaft sedis­va­kan­ti­sti­sche Strö­mun­gen. Aber es ist ver­kehrt, die Situa­ti­on so dar­zu­stel­len, als wol­le Bischof Fel­lay fast um jeden Preis die Ein­heit mit Rom jetzt. Geschieht das immer wie­der, um Tei­le der Bru­der­schaft gegen den Gene­ral­obe­ren aufzubringen?
    Bischof Fel­lay hat Erz­bi­schof Mül­ler in einer Form kri­ti­siert, dass man sich die bei­den als Gesprächs­part­ner nicht vor­stel­len kann. Doch nicht aus Streit­sucht! Wegen des Glaubens.

    Ich bin froh, wenn irgend­wann die Spe­ku­la­tio­nen zu Ende sind. Wenn die theo­lo­gi­schen Gesprä­che zwi­sche Rom und Eco­ne, in denen kei­ne Ein­heit erzielt wur­de, und die dok­tri­nel­le Prä­am­bel öffent­lich zu lesen sind.

    War­um fragt sich über­haupt nie­mand, ob eine schei­tern­de Ein­heit nicht auch an Rom lie­gen könn­te? Weil die Pro­gres­si­sten dort ein­fach noch zu stark sind! Im Vati­kan gibt es mäch­ti­ge Geg­ner der klei­nen Pius­bru­der­schaft. Das dürf­te bekannt sein!

  2. Fort­set­zung:
    Die Pius­bru­der­schaft muss auch Rück­sicht auf die Gläu­bi­gen neh­men. Bis­her gilt für sie die Regel: Sind sie ver­hin­dert, an der Alten Mes­se teil­zu­neh­men, sol­len sie nicht in die Neue Mes­se gehen, son­dern pri­vat beten oder die Mess­tex­te zu Hau­se medi­tie­ren. Weil schon nach der Auf­fas­sung des Grün­ders, Erz­bi­schof Lefeb­v­re, die Mes­se Paul VI. ein „für den Glau­ben gefähr­li­ches Gift enthält“.
    Ist die Groß­kir­che bereit, die­se Ein­stel­lung zu tole­rie­ren? Wenn nicht, was geschieht dann? Sol­len die Obe­ren oder auch die Patres um der Ein­heit mit Rom wil­len den Gläu­bi­gen jetzt emp­feh­len, im Ver­hin­de­rungs­fall in die Neue Mes­se zu gehen? Das wür­de nur gehen, wenn die FSSPX der Neu­en Mes­se grund­sätz­lich zustimmt, die Alte Mes­se ledig­lich bevorzugt.
    Über Glau­bens­fra­gen, die Wahr­heit, kann man nicht ver­han­deln. Das Mess­op­fer ist für die Pius­bru­der­schaft exi­sten­ti­ell. Sie hal­ten die Neue Mes­se für den Glau­ben gefähr­lich. Aus theo­lo­gi­schen Gründen.
    Tole­riert die Groß­kir­che das?

  3. Es ist klar, daß jetzt erst ein­mal eine gewis­se zeit der Besin­nung und Ruhe ein­tre­ten muß. Zunächst wird sich in der Kurie auch ein­mal erneut die Fra­ge nach der Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät stel­len las­sen müs­sen. Ein neu­er­li­ches, theo­lo­gisch hoch­in­ter­es­san­tes Werk des papst­treu­en aber auch der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. ver­pflich­te­ten Phi­lo­lo­gen Heinz-Lothar Barth soll­te hier wie­der in die Hand genom­men wer­den. Die Akten des Gene­ral­ka­pi­tels lie­gen bereits in Rom, die Ant­wort (inbe­son­de­re auf die schar­fe Ein­las­sung Tis­sier de Mal­ler­ais – wie­der­holt in Ful­da) ist klar: Die Dif­fe­ren­zen sind zu groß für eine Eini­gung aber zu unbe­deu­tend für eine neu­er­li­che Exkom­mu­ni­ka­ti­on. Erz­bi­schof Mül­ler wird sich bald mit den ande­ren Prä­fek­ten in der Kurie auf einen kla­ren Kurs gegen­über der FSSPX eini­gen müs­sen. Annah­me und Kon­zils­kri­tik (und damit Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät) oder Ver­wer­fung (und damit der Bruch, ein­schließ­lich sedis­va­kan­ti­sti­scher Kata­stro­phen). Das ist die Alternative.

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