Msgr. Brunero Gherardini gestorben – Der große Theologe, der das Vaticanum II für eine noch immer „offene Frage“ hielt


Msgr. Brunero Gherardini ist gestern im Alter von 92 Jahren gestorben. Der namhafte Theologe betrachtete das Zweites Vatikanische Konzil als offene Frage und forderte mit Blick auf die Kirchenkrise dazu auf, endlich die "ausstehende" Diskussion darüber zu führen.
Msgr. Brunero Gherardini ist gestern im Alter von 92 Jahren gestorben. Der namhafte Theologe betrachtete das Zweites Vatikanische Konzil als offene Frage und forderte mit Blick auf die Kirchenkrise dazu auf, endlich die "ausstehende" Diskussion darüber zu führen.

(Rom) Gestern ist der bekann­te Theo­lo­ge Bru­ne­ro Gherar­di­ni im Alter von 92 Jah­ren gestor­ben.  Der ehe­ma­li­ge Dekan der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Päpst­li­chen Late­ran­uni­ver­si­tät gilt als einer der bedeu­tend­ste zeit­ge­nös­si­schen Theologen.

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Msgr. Gherar­di­ni wude am 10. Febru­ar 1925 in Pra­to bei Flo­renz gebo­ren. Nach sei­nen Gym­na­si­al­stu­di­en trat er in das Prie­ster­se­mi­nar des Sale­sia­ner­or­dens „Car­di­na­le Caglie­ro“ in Ivrea ein. Am 25. Juni 1948 in Pistoia zum Prie­ster geweiht, wur­de er von Bischofs Giu­sep­pe De Ber­nar­di in sein Hei­mat­bis­tum inkar­di­niert und in der Pfarr­seel­sor­ge eingesetzt.

Als Schü­ler von Msgr. Pie­tro Paren­te pro­mo­vier­te er 1952 mit Aus­zeich­nung an der Late­ran­uni­ver­si­tät in Theo­lo­gie mit der Arbeit „Das Wort Got­tes in der Theo­lo­gie von Karl Barth“ (Rom, Stu­di­um 1955).

Er war dann Dozent am Prie­ster­se­mi­nar des Bis­tums Pra­to und Diö­ze­san­as­si­stent der Katho­li­schen Akti­on und des Ver­ban­des Katho­li­scher Stu­den­ten FUCI. 1959 wur­de er an den Hei­li­gen Stuhl beru­fen als Offi­zi­al der Hei­li­gen Kon­gre­ga­ti­on für die Stu­di­en (Sacra Con­gre­ga­tio de Semi­na­ri­is et Stu­dio­rum Uni­ver­si­ta­ti­bus) und als Ver­ant­wort­li­cher für die Diö­ze­san- und Regio­nal­se­mi­na­re Italiens.

Gherardini: Das Zweite Vatikanisches Konzil: Die Wurzeln eines Mißverständnisses
Gherar­di­ni: Zwei­tes Vati­ca­num: Wur­zel eines Mißverständnisses

Nach eini­gen Jah­ren der Lehr­tä­tig­keit wur­de er zudem 1969 auf den Lehr­stuhl für Ekkle­sio­lo­gie der Päpst­li­chen Late­ran­uni­ver­si­tät beru­fen, an der dann auch Dekan der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät wer­den sollte.

1994 ernann­te ihn Papst Johan­nes Paul II. zum Kano­ni­kus an der Patri­ar­chal­ba­si­li­ka von Sankt Peter im Vati­kan und zum Apo­sto­li­schen Pro­to­no­tar. 2000 folg­te er Msgr. Pio­lan­ti als Schrift­lei­ter der theo­lo­gi­schen Fach­zeit­schrift Divi­ni­tas.

Er war Mit­glied der Päpst­li­chen Aka­de­mie des hei­li­gen Tho­mas von Aquin und Vize­se­kre­tär der Päpst­li­chen Aka­de­mie für Theo­lo­gie.

Für gut 30 Jah­re war er Con­sul­tor der Kon­gre­ga­ti­on für die Selig- und Hei­lig­sp­rechungs­pro­zes­se. Zehn Jah­re war er Postu­la­tor des Selig­spre­chungs­pro­zes­ses für Pius IX. und Schrift­lei­ter der Zeit­schrift Pio IX.

Msgr. Gherar­di­ni ist Autor von über 80 Büchern und Hun­der­ten von ande­ren Ver­öf­fent­li­chun­gen. Zu sei­nen Haupt­wer­ken gehö­ren: Con­ci­lio Ecu­me­ni­co Vati­ca­no II. Un dis­cor­so da fare (Zwei­tes Vati­ka­ni­sches Kon­zil: Ein aus­ste­hen­der Dis­kurs) Casa Maria­na Editri­ce, Fri­gen­to 2009; Quod et tra­di­di vobis. La tra­di­zio­ne, vita e gio­vi­nez­za del­la Chie­sa (Die Tra­di­ti­on, das Leben und die Jugend der Kir­che), Casa Maria­na Editri­ce, Fri­gen­to 2010; Con­ci­lio Vati­ca­no II. Il dis­cor­so man­ca­to (Zwei­tes Vati­ka­ni­sches Kon­zil: Eine aus­ste­hen­de Dis­kus­si­on), Lin­dau, Tori­no 2011; Cre­do in Ges๠Cri­sto (Ich glau­be an Jesus Chri­stus), Viver­eIn, Mono­po­li 2012; Il Vati­ca­no II. Alle radi­ci d’un equi­vo­co (Zwei­tes Vati­ka­ni­sches Kon­zil: Die Wur­zeln eines Miß­ver­ständ­nis­ses). Lin­dau, Tori­no 2012. Con­trappun­to con­ci­lia­re (Kon­tra­punkt in Sachen Kon­zil), Lin­dau Tori­no 2013.

“In die­sen Büchern bie­tet er wert­vol­le Instru­men­te, um das reli­giö­se Dra­ma unse­rer Zeit zu inter­pre­tie­ren. Der Tod von Msgr. Gherar­di­ni, nam­haf­ter Theo­lo­ge und Lehr­mei­ster zahl­rei­cher Prie­ster, ist ein schwe­rer Ver­lust für die katho­li­sche Welt. Sei­ne letz­ten Schrif­ten sind eine Pflicht­lek­tü­re für alle, die die Wur­zeln der Kri­se erken­nen und ver­ste­hen wol­len, in der sich die katho­li­sche Kir­che befin­det“ so Cor­ri­spon­den­za Roma­na.

Vor allem sein 2009 erschie­ne­nes Werk über das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil, die offe­ne Fra­ge, wur­de in ver­schie­de­ne Spra­chen über­setzt, dar­un­ter ins Deut­sche, Fran­zö­si­sche und Spa­ni­sche. Eine deut­sche Über­set­zung sei­ner Wer­ke mit beson­de­rer Berück­sich­ti­gung der Nach­fol­ge­wer­ke zum The­ma Zwei­tes Vati­ca­num wäre ein drin­gen­des Desiderat.

Euge ser­ve bone et fide­lis intra in gau­di­um domi­ni tui (Mt 25,21).

Requiescat in Pace.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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3 Kommentare

  1. Schon vor Jah­ren wur­de ich auf die­se Bücher auf­merk­sam. Ich ver­ste­he ein­fach nicht, daß sich nie­mand fin­det, der die­se offen­bar für Katho­li­ken so wich­ti­gen Bücher, ins Deut­sche über­set­zen würde.

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