Einwanderung: So will Papst Franziskus die Tore Europas öffnen – mit „gescheiterten Modellen einer Multikulti-Gesellschaft“


Papst Franziskus fordert die europäischen Staaten auf, ihr Staatsbürgerschaftsrecht zu ändern. Jeder Einwanderer habe "aufnehommen" und ihm die Staatsbürgerschaft verliehen zu werden. In Italien gibt es eine heftge Debatte, weil die Linksregierung in diesem Sinn das Ius soli einführen will.
Papst Franziskus fordert die europäischen Staaten auf, ihr Staatsbürgerschaftsrecht zu ändern. Jeder Einwanderer habe "aufnehommen" und ihm die Staatsbürgerschaft verliehen zu werden. In Italien gibt es eine heftige Debatte, weil die Linksregierung in diesem Sinn das Ius soli einführen will. Ein Priester führte Migranten in das öffentliche Schwimmbad und veröffentlichte mit den Photos den Satz: "Sie sind mein Vaterland, die Rassisten und Faschisten meine Feinde!" Die extreme Einseitigkeit löste einen Sturm der Entrüstung aus.

(Rom) Am Mon­tag ver­öf­fent­lich­te der Hei­li­ge Stuhl die Bot­schaft von Papst Fran­zis­kus zum Welt­tag des Migran­ten und Flücht­lings 2018. Der Papst for­dert dar­in eine Ände­rung des Staats­bür­ger­schafts­rech­tes. Das Ius soli (Geburts­orts­prin­zip) soll das Ius san­gui­nis (Abstam­mungs­prin­zip) ablö­sen, wo die­ses noch in Kraft ist. 

Streit um das Staatsbürgerschaftsrecht

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In Ita­li­en, einem attrak­ti­ve Ziel der Ein­wan­de­rung aus aller Welt, das zudem als Durch­gangs­land in noch attrak­ti­ve­re EU-Staa­ten genützt wird, will die Links­re­gie­rung dar­in dem Papst fol­gen. Der Preis dafür ist eine hef­ti­ge Debat­te in der ita­lie­ni­schen Öffent­lich­keit. Dem Papst wird unter­stellt, die Bot­schaft des­halb schon fünf Mona­te vor dem Welt­tag 2018 ver­öf­fent­licht zu haben, um Ein­fluß auf die innen­po­li­ti­sche Dis­kus­si­on in Ita­li­en zu neh­men. Ver­tre­ter der ita­lie­ni­schen Oppo­si­ti­on kon­ter­ten noch am Mon­tag mit dem Hin­weis, daß die Staats­bür­ger­schaft „kein Geschenk“ sei und „Kin­der nicht aus dem Boden gebo­ren werden“.

Das Ius soli besagt, daß ein neu­ge­bo­re­nes Kind die Staats­bür­ger­schaft des Lan­des bekommt, in dem sich sein (manch­mal auch zufäl­li­ger) Geburts­ort befin­det. Das Ius san­gui­nis kop­pelt die Staats­bür­ger­schaft an das Abstam­mungs­prin­zip, wes­halb das Kind die Staats­bür­ger­schaft sei­ner Eltern erhält. Das Kind deut­scher Eltern erhält die bun­des­deut­sche Staats­bür­ger­schaft, auch wenn es aus wel­chem Grund auch immer in den USA gebo­ren wurde.

Das Ius soli gilt tra­di­tio­nell in ganz Ame­ri­ka, sowohl im angel­säch­si­schen Nor­den als auch im latein­ame­ri­ka­ni­schen Süden. Das Ius san­gui­nis, das Abstam­mungs­prin­zip, ent­spricht hin­ge­gen der euro­päi­schen Tra­di­ti­on, wur­de aller­dings in ver­schie­de­nen Staa­ten zuletzt auf­ge­weicht. Dazu gehört auch die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, die 2000 auf­grund der zahl­rei­chen ins Land ein­ge­wan­der­ten Aus­län­der ein Opti­ons­mo­dell in das Staats­bür­ger­schafts­recht ein­führ­te, prin­zi­pi­ell das Ius san­gui­nis aber auf­recht ließ.

Papst Franziskus präsentiert unbeeindruckt „die gescheiterten Modelle einer multikulturellen Gesellschaft“

Als wei­te­ren Punkt nennt Papst Fran­zis­kus „huma­ni­tä­re Kor­ri­do­re“, über wel­che die Ein­wan­de­rung nach Euro­pa erleich­tert wer­den sol­le. Zudem for­dert er ein Ver­bot „kol­lek­ti­ver und will­kür­li­cher Aus­wei­sun­gen“, wobei er nicht näher defi­nier­te, was unter „will­kür­lich“ zu ver­ste­hen sei.

Weni­ge Tage nach den jüng­sten blu­ti­gen Atten­ta­ten, die von Isla­mi­sten ver­übt wur­den, drängt die Migra­ti­ons­fra­ge mit Nach­druck auf die Tages­ord­nung. Papst Fran­zis­kus zeigt sich davon jedoch unbe­ein­druckt und „prä­sen­tiert erneut die geschei­ter­ten Model­le einer mul­ti­kul­tu­rel­len Gesell­schaft“, so die Tages­zei­tung Il Foglio.

Papst Fran­zis­kus wie­der­holt in sei­ner Bot­schaft eine undif­fe­ren­zier­te For­de­rung: “Die Tore Euro­pas müs­sen offen blei­ben“. Die­ses Man­tra ver­tritt das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt seit sei­ner Wahl im Jahr 2013. Mit sei­nem Besuch auf der Insel Lam­pe­du­sa im Juli 2013, mit der er die Insel und die „Lam­pe­du­sa-Rou­te“ ille­ga­ler Ein­wan­de­rer ins Ram­pen­licht der inter­na­tio­na­len Medi­en­öf­fent­lich­keit rück­te, trug er zu einer wesent­li­chen Emo­tio­na­li­sie­rung und Irra­tio­na­li­sie­rung der Debat­te bei.

Bedingungsloses Recht auf Migration und Staatsbürgerschaft

„In Ach­tung des all­ge­mei­nen Rech­tes auf eine Natio­na­li­tät muss die­se allen Kin­dern zum Augen­blick ihrer Geburt zuer­kannt und ent­spre­chend beschei­nigt wer­den“, heißt es in der am Mon­tag ver­öf­fent­lich­ten Papst-Bot­schaft. Der „Inte­gra­ti­ons­pro­zeß“ wer­de durch die Gewäh­rung der Staats­bür­ger­schaft erleich­tert, die bedin­gungs­los zu gewäh­ren sei. Wört­lich schreibt Franziskus:

„Ein sol­cher Pro­zess kann durch die Mög­lich­keit einer Staats­bür­ger­schaft, die von wirt­schaft­li­chen und sprach­li­chen Erfor­der­nis­sen los­ge­löst ist, und durch Wege zu einer außer­or­dent­li­chen gesetz­li­chen Rege­lung für Migran­ten, die einen Auf­ent­halt über einen lan­gen Zeit­raum im Land auf­wei­sen kön­nen, beschleu­nigt werden.“

Und wei­ter:

„Ich behar­re noch­mals auf der Not­wen­dig­keit, die Kul­tur der Begeg­nung in jeder Wei­se zu begün­sti­gen, indem man die Mög­lich­kei­ten zum inter­kul­tu­rel­len Aus­tausch ver­mehrt, die ‚guten Erfah­run­gen‘ der Inte­gra­ti­on doku­men­tiert und ver­brei­tet und man Pro­gram­me ent­wirft, um die loka­len Gemein­schaf­ten auf die Inte­gra­ti­ons­pro­zes­se vorzubereiten.“

Der Papst ver­langt damit, daß die Staa­ten ein zen­tra­les Instru­ment ihrer Sou­ve­rä­ni­tät und der staat­li­chen Gemein­schafts­bil­dung, das Staats­bür­ger­schafts­recht, aus der Hand geben sollen.

Neben der Öff­nung „huma­ni­tä­rer Kor­ri­do­re“ for­dert Fran­zis­kus auch einen „kon­kre­ten Ein­satz“, um die Aus­ga­be „huma­ni­tä­rer Visa“ und um „erleich­ter­te Fami­li­en­zu­sam­men­füh­run­gen“ zu ermöglichen.

„Migranten und Flüchtlinge aufnehmen und fördern“ – Papst fordert Preisgabe der Grenzen

Die­se Zutritts­er­leich­te­run­gen, die Fran­zis­kus in Euro­pa for­dert und einem völ­li­gen Grenz­ab­bau gleich­kom­men, ver­langt der Papst nicht nur für Men­schen aus Kri­sen­ge­bie­ten, son­dern deren Aus­wei­tung auch auf Men­schen aus Staa­ten, die den Kri­sen­ge­bie­ten „angren­zen“, aber selbst nicht Kri­sen­ge­biet sind. Über­haupt ist die Liste der Flucht­grün­de, die Fran­zis­kus schon in der Ver­gan­gen­heit nann­te, so umfang­reich, daß das Wort „Flücht­ling“ zum Syn­onym für Migrant wird. In der Tat unter­schei­det der Papst nicht wirk­lich zwi­schen bei­den Begrif­fen. So lau­tet bereits der Titel der Botschaft:

„Die Migran­ten und Flücht­lin­ge auf­neh­men, beschüt­zen, för­dern und integrieren.“

Fran­zis­kus gibt zu ver­ste­hen, daß Flücht­lin­ge besten­falls ein Tür­öff­ner sind, er aber für ein schran­ken­lo­ses Migra­ti­ons­recht mit Rechts­an­spruch auf eine neue Staats­bür­ger­schaft und den Zugang zur Bil­dung ein­tritt. Das ent­spricht einer Posi­ti­on, wie sie nur von der extre­men Lin­ken ver­tre­ten wird. Fran­zis­kus for­dert damit etwas, das sagt er aller­dings nicht, das es in der gan­zen Mensch­heits­ge­schich­te noch nicht gege­ben hat.

„Alle Migranten und Flüchtlinge aufnehmen“ – Nein zu Ausweisungen und Abschiebungen

„Alle Migran­ten und Flücht­lin­ge“ sol­len „auf­ge­nom­men und geschützt“ wer­den und ihnen die Mög­lich­keit gebo­ten wer­den, „sich als Per­so­nen in allen Dimen­sio­nen, die das Mensch­sein aus­macht, wie es der Schöp­fer gewollt hat, zu verwirklichen.“

An einer ein­zi­gen Stel­le kommt Fran­zis­kus auf den reli­giö­sen Aspekt zu spre­chen, wenn er als eine von „allen Dimen­sio­nen“ auch die reli­giö­se nennt und sagt, daß „allen sich im Staats­ge­biet auf­hal­ten­den Aus­län­dern, die Bekennt­nis- und Reli­gi­ons­frei­heit gewähr­lei­stet“, wer­den soll. Eine Aus­sa­ge, die kon­kret im Moment vor allem die mas­si­ve isla­mi­sche Ein­wan­de­rung nach Euro­pa meint.

Der Papst erteilt „kol­lek­ti­ven und will­kür­li­chen Aus­wei­sun­gen von Migran­ten und Flücht­lin­gen“ eine Absa­ge. Mit der von ihm gefor­der­ten Ände­rung des Staats­bür­ger­schafts­rechts wür­de sich die Fra­ge ohne­hin erüb­ri­gen. Wer ein­mal Staats­bür­ger ist, der kann nicht mehr aus­ge­wie­sen oder abge­scho­ben wer­den. Eine Aberken­nung der Staats­bür­ger­schaft ist fast unmög­lich, soll nicht die Rechts­si­cher­heit, die Grund­la­ge des Rechts­staa­tes und der staat­li­chen Gemein­schaft ist, in Fra­ge gestellt werden.

Der päpst­li­che For­de­rungs­ka­ta­log ent­spricht einer Auf­for­de­rung zur Selbst­preis­ga­be und Selbst­auf­ga­be Europas.

Text: Andre­as Becker
Bild: Avve­ni­re (Screen­shot)

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