Kardinal Marx und die DBK-Richtlinien zu Amoris laetitia: „Ich glaube, daß Einstimmigkeit herrschte“


Kardinal Marx bei der Pressekonfernz mit ungewöhnlicher Körpersprache: "Ich glaube, daß in der Bischofskonferenz Einstimmigkeit herrschte"
Kardinal Marx bei der Pressekonfernz mit ungewöhnlicher Körpersprache: "Ich glaube, daß in der Bischofskonferenz Einstimmigkeit herrschte"

(Rom) Gestern emp­fing Papst Fran­zis­kus eine „öku­me­ni­sche Dele­ga­ti­on“, wie es im ita­lie­ni­schen Teil des offi­zi­el­len Inter­net­auf­tritts des Hei­li­gen Stuhls heißt, bzw. eine „Dele­ga­ti­on des Rates der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land“, wie es im deut­schen Teil des­sel­ben Inter­net­auf­tritts heißt, was schließ­lich nicht das­sel­be ist.

Anzei­ge

Tat­sa­che ist, daß die EKD-Dele­ga­ti­on von Kar­di­nal Rein­hard Marx, Erz­bi­schof von Mün­chen-Frei­sing und Vor­sit­zen­der der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, beglei­tet wur­de, was aus der evan­ge­li­schen Dele­ga­ti­on in den Augen eini­ger offen­bar eine „öku­me­ni­sche“ wer­den ließ. Man­che lie­ben das Wort „Öku­me­ne“ wirklich.

Bei der anschlie­ßen­den Pres­se­kon­fe­renz nahm Kar­di­nal Marx auch zur „Inter­pre­ta­ti­on“ der deut­schen Bischö­fe zum umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia von Papst Fran­zis­kus Stel­lung. Am 1. Febru­ar gab die Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz ihre Richt­li­ni­en zur Umset­zung von Amo­ris lae­ti­tia bekannt. Die Bischö­fe spre­chen von einer „erneu­er­ten Ehe- und Fami­li­en­pa­sto­ral im Licht von Amo­ris lae­ti­tia“. Mit „erneu­ert“ mei­nen ist kon­kret das beson­ders umstrit­te­ne VIII. Kapi­tel gemeint. Laut der DBK-Inter­pre­ta­ti­on sind nun auch wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne zu den Sakra­men­ten zugelassen.

Kardinal Müller an deutsche Bischöfe: „Wenn Blinde Blinde führen“

Zeit­gleich mel­de­te sich am sel­ben Tag ein ande­rer deut­scher Bischof und Kar­di­nal, der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Ger­hard Mül­ler, in einem Inter­view mit dem Monats­ma­ga­zin Il Timo­ne zu Wort und erklär­te, daß die Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne „unmög­lich“ ist. Ohne sie beim Namen zu nen­nen, bezeich­ne­te er sei­ne deut­schen Mit­brü­der im Bischofs­amt als „Blin­de, die Blin­de füh­ren“. Es sei aber „nicht Auf­ga­be der Bischö­fe, Ver­wir­rung zu stif­ten“. Wört­lich sag­te Kar­di­nal Mül­ler zudem:

„Für uns ist die Ehe Aus­druck der Teil­ha­be an der Ein­heit zwi­schen Chri­stus dem Bräu­ti­gam mit Sei­ner Braut der Kir­che. Das ist nicht, wie eini­ge wäh­rend der Syn­ode gesagt haben, nur eine vage Ana­lo­gie. Nein! Das ist die Sub­stanz des Sakra­ments, und kei­ne Macht im Him­mel und auf der Erde, weder ein Engel noch ein Papst noch ein Kon­zil noch ein Gesetz der Bischö­fe hat die Voll­macht, es zu ändern.“

Kar­di­nal Mül­ler leg­te „allen nahe, nach­zu­den­ken“, vor allem „jenen, die zuviel reden“, und die Kon­zils­tex­te, beson­ders des Kon­zils von Tri­ent, und das Lehr­amt der Kir­che „zu studieren“.

Kardinal Marx: „Ich glaube, daß Einstimmigkeit herrschte“

An Kar­di­nal Marx schei­nen sol­che „Emp­feh­lun­gen“ aber regel­recht abzu­per­len. Er zeig­te bei der Pres­se­kon­fe­renz viel­mehr – wahr­schein­lich ganz unbe­wußt, aber auf­fäl­lig – mit dem Stin­ke­fin­ger, wie ein AFP-Foto­graf auch im Bild fest­hielt. Ob er damit Kar­di­nal Mül­ler oder die über­lie­fer­te Ehe- und Moral­leh­re meinte?
Er jeden­falls gro­ßen Wert auf die Fest­stel­lung, daß die neu­en Richt­li­ni­en zu den wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen von den deut­schen Bischö­fen „ein­stim­mig“ geneh­migt wor­den sei­en. Genau dazu gibt es jedoch Zweifel.

Die Pres­se­agen­tur Aska­news berich­te­te über die Pres­se­kon­fe­renz mit Kar­di­nal Marx:

“Dem Jour­na­li­sten, der dar­auf ver­wies, daß tau­send Prie­ster sagen, daß der päpst­li­che Text nicht klar ist, ant­wor­te­te der Pur­pur­trä­ger: ‚Sie kön­nen Amo­ris lae­ti­tia lesen, und ich den­ke, daß in unse­rer Bischofs­kon­fe­renz Ein­stim­mig­keit herrsch­te, eini­ge Bischö­fe haben Fra­gen gestellt, aber ich glau­be, die Posi­ti­on ist klar, und die Linie des Pap­stes ist sehr klar. Ich war Mit­glied von zwei Syn­oden, und die Dis­kus­sio­nen zwi­schen den Syn­oden, und die Dis­kus­sio­nen in der Syn­ode, und dann habe ich Amo­ris lae­ti­tia gele­sen und gesagt: Das ist auf der Linie. Ich kann nicht ver­ste­hen, war­um die Ant­wort nicht klar sein soll.“

Die Pres­se­agen­tur SIR der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz gab die­sel­be Aus­sa­ge von Kar­di­nal Marx mit den Wor­ten wieder:

„Ich den­ke, daß in unse­rer Bischofs­kon­fe­renz Ein­stim­mig­keit herrsch­te. Eini­ge Bischö­fe haben Fra­gen gestellt, aber ich glau­be, daß die Posi­ti­on und die Linie des Pap­stes sehr klar sind. Ich ver­ste­he nicht, war­um laut eini­gen die Ant­wort nicht klar ist.“

Laut anders­lau­ten­den Anga­ben herrsch­te in der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz weder Ein­stim­mig­keit noch Ein­hel­lig­keit. Die unge­wöhn­li­che For­mu­lie­rung von Kar­di­nal Marx, er „glau­be“, daß „Ein­stim­mig­keit“ herrsch­te, deu­tet es an. Min­de­stens sechs Bischö­fe sol­len die neu­en Richt­li­ni­en abge­lehnt haben, vor allem die Inter­pre­ta­ti­on des VIII. Kapi­tels von Amo­ris lae­ti­tia.

Damit steht die Fra­ge im Raum, ob die Anga­be von Kar­di­nal Marx, die Bischofs­kon­fe­renz habe die Richt­li­ni­en ein­stim­mig oder auch nur ein­hel­lig beschlos­sen, den Tat­sa­chen ent­spricht. Oder wird ver­sucht, es wäre nicht zum ersten Mal, die Bischofs­kon­fe­renz, der kei­ne Juris­dik­ti­on zukommt, an die Stel­le der ein­zel­ver­ant­wort­li­chen Bischö­fe tre­ten zu las­sen? Fra­gen, die nach einer Klä­rung verlangen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: AFP/​SMM (Screen­shot)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!