Wen sich Papst Franziskus als nächsten US-Präsidenten wünscht: Bernie Sanders


Bernie Sanders und Papst Franziskus: exklusive Einladung für US-Präsidentsschaftskandidaten in den Vatikan
Bernie Sanders und Papst Franziskus: exklusive Einladung für US-Präsidentsschaftskandidaten in den Vatikan

(Rom) Die vom Vati­kan offi­zi­ell bevor­zug­te poli­ti­sche Strö­mung ist weit links ange­sie­delt. Die jüng­ste Bestä­ti­gung lie­fert die Ein­la­dung für Sena­tor Ber­nie San­ders in den Vati­kan. San­ders ist der Her­aus­for­de­rer von Hil­la­ry Clin­ton um die demo­kra­ti­sche Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­tur. Ein­ge­la­den wur­de er, und nur er von allen Prä­si­dent­schafts­be­wer­bern, von der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten, dem eigent­li­chen Exe­ku­tiv­or­gan der päpst­li­chen Politik.

Der sozial(istisch)e Blickwinkel auf die Welt

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Arran­geur im Hin­ter­grund ist Kuri­en­bi­schof Mar­ce­lo Sanchez Sor­on­do. Sanchez Sor­on­do fädel­te bereits die Kurs­än­de­rung in Sachen UNO-Post-Mill­en­ni­ums-Zie­le und Kli­ma­wan­del ein. Vor­aus­set­zung dafür ist, daß der Vati­kan sei­nen Wider­stand gegen die neo­mal­thu­sia­ni­sche Bevöl­ke­rungs­po­li­tik auf­gibt. Eine Vor­aus­set­zung, die Papst Fran­zis­kus im Sep­tem­ber 2013 in einem Inter­view mit der römi­schen Jesui­ten­zeit­schrift Civil­tà  Cat­to­li­ca inof­fi­zi­ell ver­kün­de­te, und die Sanchez Sor­on­do tat­kräf­tig in kon­kre­te poli­ti­sche Mün­ze umwan­delt (sie­he sein Inter­view über den angeb­li­chen Zusam­men­hang zwi­schen Abtrei­bung und Kli­ma­wan­del).

Gesell­schafts­po­li­tisch (Abtrei­bung, Gen­der-Ideo­lo­gie) ver­tritt San­ders die­sel­ben Posi­tio­nen wie Clin­ton, und die­se sind mei­len­weit von jenen der Katho­li­schen Kir­che ent­fernt. Wo sich Clin­ton und San­ders am deut­lich­sten unter­schei­den, ist im Bereich der Sozi­al- und Wirt­schafts­po­li­tik. Dort ist der Schlüs­sel für die Ein­la­dung in den Vati­kan zu suchen, wäh­rend sei­ne Abtrei­bungs­be­für­wor­tung unter Papst Fran­zis­kus kein Hin­der­nis mehr darstellt.

Näch­ste Woche wird Ber­nie San­ders nach Rom flie­gen, obwohl in den USA die ent­schei­den­de Pha­se des Vor­wahl­kamp­fes statt­fin­det. Er wird im Vati­kan an einer Tagung der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten teil­neh­men. Der Grund für die Tagung sind die Jah­res­ta­ge zwei­er Sozi­al­enzy­kli­ken: 25 Jah­re Enzy­kli­ka Cen­te­sis­mus annus und 125 Jah­re Enzy­kli­ka Rer­um novarum.

Die 1891 von Papst Leo XIII. ver­öf­fent­lich­te Enzy­kli­ka Rer­um novarum ist die erste Sozi­al­enzy­kli­ka der Kir­chen­ge­schich­te und gilt als „Mut­ter aller Sozi­al­enzy­kli­ken“. 1991 ver­öf­fent­lich­te Papst Johan­nes Paul II. zu ihrem 100. Jah­res­tag die Enzy­kli­ka Cen­te­si­mus annus, die eine Reak­ti­on auf den Zusam­men­bruch der kom­mu­ni­sti­schen Dik­ta­tur im Ost­block war.

Wen Papst Franziskus gern als 45. Präsidenten der USA hätte

Wie die US-Öffentlichkeit das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Bernie Sanders sieht
Wie die US-Öffent­lich­keit das Ver­hält­nis zwi­schen Papst Fran­zis­kus und Ber­nie San­ders sieht

San­ders ist der ein­zi­ge von offi­zi­ell noch fünf US-Prä­si­dent­schafts­be­wer­bern, der in den Vati­kan ein­ge­la­den wur­de. Wen Papst Fran­zis­kus per­sön­lich ger­ne als 45. Prä­si­den­ten der USA im Wei­ßen Haus sehen wür­de, wird damit unver­schlei­ert zum Aus­druck gebracht. Ob eine so offe­ne und ein­sei­ti­ge Par­tei­nah­me der Kir­che gut­tut, steht auf einem ganz ande­ren Blatt geschrieben.

Die Bevor­zu­gung ist nicht kon­fes­sio­nel­ler Natur. Unter den fünf ver­blie­be­nen Bewer­bern fin­det sich kein Katho­lik, nur ein ehe­ma­li­ger Katho­lik, und das ist nicht San­ders. Bei den Repu­bli­ka­nern sind noch drei Bewer­ber im Ren­nen: Donald Trump ist Pres­by­te­ria­ner, Ted Cruz ein Süd­staa­ten­bap­tist und John Kasich, der zwar als Katho­lik getauft wur­de, ist heu­te Angli­ka­ner. Hil­la­ry Clin­ton von den Demo­kra­ten ist Metho­di­stin, ihr Her­aus­for­de­rer Ber­nie San­ders ist Jude. San­ders wäre der erste jüdi­sche Staats- und Regie­rungs­chef der US-Geschichte.

Lesbos und der „demokratische Sozialist“

Die Vati­kan-Tagung fin­det am 15./16. April statt. Details sind noch nicht bekannt. Es sei nicht vor­ge­se­hen, so Radio Vati­kan, daß San­ders eine Rede hält. Die Tagung dürf­te daher nur den äuße­ren Anlaß für eine pri­va­te Begeg­nung mit Papst Fran­zis­kus sein. Das Zusam­men­tref­fen zwi­schen San­ders und dem Papst wird vor­aus­sicht­lich am Frei­tag statt­fin­den, denn am Sams­tag fliegt Fran­zis­kus auf die grie­chi­sche Insel Les­bos. Auch in Sachen Ein­wan­de­rungs­po­li­tik ste­hen sich das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt und der US-Sena­tor aus Ver­mont unter allen Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten am nächsten.

San­ders bezeich­net sich selbst als „demo­kra­ti­schen Sozia­li­sten“ und als „gro­ßen Fan des Pap­stes“. Im Vor­wahl­kampf um die demo­kra­ti­sche Nomi­nie­rung rück­te er zuletzt wie­der zur favo­ri­sier­ten Clin­ton auf. Das Ren­nen ist noch nicht entschieden.

Gegen­über der größ­ten ita­lie­ni­schen Tages­zei­tung Cor­rie­re del­la Sera begrün­de­te Kuri­en­bi­schof Sanchez Sor­on­do die San­ders-Ein­la­dung mit den Wor­ten, „weil er ein wirk­li­ches Inter­es­se an der Beschäf­ti­gung mit päpst­li­chen Doku­men­ten zeigt“. Im Wahl­kampf um das mäch­tig­ste poli­ti­sche Amt der Welt ist das zu wenig, um eine offen­sicht­li­che Par­tei­nah­me zu recht­fer­ti­gen. Er habe „kei­ne ande­ren Kan­di­da­ten gese­hen, die in ihrem Wahl­kampf den Papst zitie­ren“, so Sanchez Sor­on­do, der wie Papst Fran­zis­kus aus Argen­ti­ni­en stammt und zu den eng­sten Papst-Ver­trau­ten zählt.

Duell Papst – Donald Trump

Aller­dings haben auch ande­re Kan­di­da­ten bereits ver­sucht, selbst San­ders-Geg­ne­rin Clin­ton, Papst Fran­zis­kus für ihren Wahl­kampf zu nützen.

Zum ver­ba­len Fern-Duell war es am 18. Febru­ar hin­ge­gen zwi­schen Donald Trump und dem Papst gekom­men. Trump ist der der­zeit aus­sichts­reich­ste Bewer­ber der Repu­bli­ka­ner. Grund für den ver­ba­len Schlag­ab­tausch war die Ein­wan­de­rungs­po­li­tik. Bei sei­nem Besuch in Mexi­ko hat­te sich Fran­zis­kus am Grenz­zaun zu den USA ein erstes Mal in den dor­ti­gen Wahl­kampf ein­ge­mischt. Mit der exklu­si­ven Ein­la­dung für San­ders in den Vati­kan steht jeden­falls fest, daß Papst Fran­zis­kus auf der Beliebt­heits­ska­la unter allen Kan­di­da­ten Ber­nie San­ders am mei­sten und Donald Trump am wenig­sten mag.

Das sei ein­deu­tig zuviel der poli­ti­schen Par­tei­nah­me und auch zuviel der Über­be­to­nung sei­ner Per­son gegen­über dem Amt, ärgern sich hohe Vati­kan­ver­tre­ter über Fran­zis­kus. Nament­lich genannt wer­den wol­len sie nicht.

An der Vati­kan-Tagung wer­den neben San­ders wei­te­re pro­mi­nen­te Links­po­li­ti­ker teil­neh­men, dar­un­ter die Staats­prä­si­den­ten von Ecua­dor und Boli­vi­en. Letz­te­rer schenk­te Papst Fran­zis­kus im Juli 2014 ein Sichel-und-Ham­mer-Kreuz, das von vie­len Katho­li­ken als geschmack­los wenn nicht blas­phe­misch gese­hen wurde.

Teilnehmer Jeffrey Sachs: Klimawandel und Bevölkerungsreduzierung

Für 25,90 Dollar: Franziskus und Sanders 2016
Für 25,90 Dol­lar: Fran­zis­kus und San­ders 2016

Zu den Tagungs­teil­neh­mern wird kom­men­de Woche auch Jef­frey Sachs, Direk­tor des Earth Insti­tu­te der Colum­bia Uni­ver­si­ty und per­sön­li­cher Bera­ter von UNO-Gene­ral­se­kre­tär Ban Ki-moon gehö­ren. Aus­sa­ge­kräf­ti­ger klingt sei­ne Rol­le so: Jef­frey Sachs ist ein füh­ren­der Ver­tre­ter der Theo­rie vom men­schen­ver­schul­de­ten Kli­ma­wan­del, die der aktu­el­len Welt­kli­ma­po­li­tik zugrun­de liegt. Er ist auch ein Ver­tre­ter der neo­mal­thu­sia­ni­schen Theo­rie, die eine radi­ka­le Bevöl­ke­rungs­re­du­zie­rung for­dert. Den­noch schaff­te er es, auf Ver­mitt­lung von Sanchez Sor­on­do, von Papst Fran­zis­kus zum Mit­glied der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten ernannt zu wer­den. Eine Ernen­nung, die im Bereich der „nicht ver­han­del­ba­ren Wer­te“ (Papst Bene­dikt XVI.) einem Para­dig­men­wech­sel gleichkommt.

Gewicht der katholischen Wähler – Umbau der Kirche in den USA

An Gewicht (Anzahl, Orga­ni­sa­ti­on und Geld) bil­den die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz und die US-Bischofs­kon­fe­renz die bei­den Anti­po­den die­ses Pon­ti­fi­kats. Die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz will Fran­zis­kus gewin­nen, die US-ame­ri­ka­ni­sche will er umbau­en. Sei­ne Ein­mi­schung in den US-Wahl­kampf hat auch damit zu tun.

Die Katho­li­ken machen fast ein Vier­tel der US-Wäh­ler­schaft aus. Zählt man die ehe­ma­li­gen Katho­li­ken (wie John Kasich) dazu, sogar ein Drit­tel. Katho­li­ken wähl­ten in den USA aus histo­ri­schen Grün­den tra­di­tio­nell demo­kra­tisch. Das änder­te sich unter dem repu­bli­ka­ni­schen US-Prä­si­dent Ronald Rea­gan (1981–1989). Bei den jüng­sten Urnen­gän­gen zeig­te sich der katho­li­sche Wahl­kör­per tief gespal­ten. Die ein­sei­ti­ge päpst­li­che Par­tei­nah­me, die ekla­tant von der Posi­ti­on des US-ame­ri­ka­ni­schen Epi­sko­pats abweicht, birgt alle Ele­men­te in sich, die­se Spal­tung zu verschärfen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: accidentalsocialist/cleveland.com look​hu​man​.com (Screen­shots)

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3 Kommentare

  1. Es ist unglaub­lich und ekel­haft, wie die über­zeit­li­che Kir­che zu einer Dir­ne des poli­ti­schen Tages­ge­schäfts ernied­rigt wird.

  2. Nun ja, Ber­nie ist eben auch einer von denen, die den Erwäh­ler gewech­selt haben. Das zählt bei der näch­sten Prä­si­den­ten­fest­le­gung wohl mehr als Frau oder Dunk­ler. Und sei­ne Hei­lig­keit hat wohl enge Kon­tak­te zu den Festlegern.

  3. jetzt im Rück­blick wird vie­les kla­rer. San­ders = links außen. Das passt zur Meno­ra auf dem Ess­tisch des Pap­stes und zu sei­nem Sozia­lis­mus passt, erst (und nur) die Armen, alle in die „rei­chen Kapi­ta­lis­mus-Län­der“ wie Euro­pa (s. sei­ne 20 Punk­te für den Migra­ti­ons­pakt der UN), und mit sei­ner Unter­stüt­zung der UN will er dann die Neue Welt­ord­nung und die Welt­ein­heits­re­li­gi­on mit einem „Abend­mahl“ für alle und Ehe und Homo­se­xu­al­täts­ak­zep­tanz für „Prie­ster“. Wem dient die­ser poli­ti­sche Papst?
    Ich tue mich immer noch schwer, so zu schrei­ben, aber ich sehe lei­der kei­ne ande­re Inter­pre­ta­ti­on, gibt es eine ande­re, bit­te nennen.

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