(Rom) Vorzeitige Glückwünsche zum dritten Jahrestag der Erwählung zum katholischen Kirchenoberhaupt erhielt Papst Franziskus vom Häretiker Hans Küng. Der von Rom verurteilte ehemalige Theologe ließ sie dem Papst öffentlichkeitswirksam über die Medien zukommen und zwar in der heutigen Ausgabe der spanischen Tageszeitung El Pais und weiteren Medien.
Hans Küng, der bereits ankündigte, sich vorstellen zu können, aus der Welt zu scheiden, wie er lebte, nämlich im Widerspruch zur katholischen Lehre durch Euthanasie, wäre nicht Hans Küng, wenn er mit seiner Wortmeldung nicht auch einen Angriff gegen die kirchliche Lehre verknüpfen würde. Die Glückwünsche sind daher ein Glückwunsch-Appell, mit dem Küng den Papst auffordert, in der Kirche eine „freie, unvoreingenommene und unparteiische Diskussion“ zu erlauben, „über alle anhängigen und unterdrückten Fragen, die mit dem Unfehlbarkeitsdogma“ zu tun haben.
Für einen Häretiker, wie Hans Küng, sind Dogmen und Unfehlbarkeit ein Störfaktor in der kreativen Gestaltung von „Wahrheit“ und „Glauben“.
Seit 40 Jahren von Rom verurteilt
Obwohl die Lehren Hans Küngs seit 40 Jahren von der Kirche verurteilt sind, zeigt der Schweizer keinerlei Einsicht. 1975 wurden seinen falschen Thesen erstmals von Rom verurteilt. 1979 wurde ihm mit Zustimmung von Papst Johannes Paul II. durch die Glaubenskongregation, wegen „Verachtung des kirchlichen Lehramtes“, jede Lehrtätigkeit in der katholischen Kirche und für die katholische Kirche untersagt. Wörtlich heißt es in der „Erklärung über einige Hauptpunkte der theologischen Lehre von Hans Küng“:
„Hans Küng weicht in seinen Schriften von der vollständigen Wahrheit des katholischen Glaubens ab. Darum kann er weder als katholischer Theologe gelten noch als solcher lehren.“
Seit der Wahl von Papst Franziskus änderte Küng nicht seine Haltung gegenüber der katholischen Glaubenslehre und der katholischen Kirche, auch nicht gegenüber dem Papsttum, aber gegenüber dem regierenden Papst. Vom argentinischen Papst ist Küng begeistert. 2014 erklärte er, nun „kein Papst-Kritiker“ mehr sein zu müssen. Das Papsttum selbst kritisierte der ehemalige katholische Theologe dennoch eifrig weiter.
„Ich bin nicht unfehlbar“
Nun meinte Küng, es sei „kaum vorstellbar“, daß ein Papst Franziskus auf ein Unfehlbarkeitsdogma bestehe, wie es unter Papst Pius IX. im 19. Jahrhundert definiert wurde. Ebenso sei nicht vorstellbar, daß Papst Franziskus davon Gebrauch machen würde, um wie Papst Pius XII. 1950 ein Mariendogma zu verkünden. „Vorstellbar“ für Hans Küng sei hingegen, daß Papst Franziskus, ähnlich wie Papst Johannes XXIII. mit einem Lächeln erklärt: „Ich bin nicht unfehlbar.“ Als Johannes XXIII. die erstaunten Gesichter der Seminaristen des Griechischen Päpstlichen Kollegs sah, habe er hinzugefügt:
„Ich bin nur unfehlbar, wenn ich ex cathedra definiere, aber das werde ich nie.“
Am 19. März wird Hans Küng 88 Jahre alt. Seine verbleibende Zeit nützt er nicht für einen kritischen Rückblick auf sein Leben, sondern zur Rechtfertigung seines Widerspruchs und seiner Häresien, wie sein heutiger Appell in der spanischen Tageszeitung El Pais belegt. Das von Papst Johannes Paul II. 1979 ausgesprochene Lehrverbot sei „rechtlich anfechtbar, theologisch haltlos und politisch kontraproduktiv“ gewesen. Martin Luthers Selbstrechtfertigungen lassen grüßen.
Pontifikate von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. war verlorene Zeit
Küng wirft Johannes Paul II. und Benedikt XVI. restaurative Pontifikate vor, die die Kirche in eine Sackgasse geführt hätten, weil sie die „Verständigung zwischen den Konfessionen“, die „gegenseitige Anerkennung der Amtsträger und der jeweiligen Eucharistiefeiern“ verhindert haben, weil sie die Scheidung und das Frauenpriestertum abgelehnt und den „katastrophalen Zwangszölibat“ für Priester beibehalten haben. Damit seien 35 Jahre vergeudet worden. Mit Papst Franziskus habe sich das aber geändert. Den argentinischen Papst lobt der Häretiker in den höchsten Tönen und vergleicht ihn mit dem von Küng ebenso gelobten Johannes XXIII. Papst Franziskus habe ihm, Küng, „immer brüderlich geantwortet“. Für das „pastorale Wirken“ des Papstes hege er „große Sympathie“.
Papst Franziskus kämpfe „mit allen seinen Kräften, um der Kirche Frischluft zuzuführen“. Er sei jedoch das Opfer „massiven Widerstandes“, wie sich bei der jüngsten Bischofssynode gezeigt habe.
In seinem Glückwunsch-Appell an Papst Franziskus schriebt Küng:
„Machen Sie keinen Fehler: ohne eine konstruktive Revision des Unfehlbarkeitsdogmas wird keine wirkliche Erneuerung möglich sein.“
Die „antimoderne Epoche, die vom Ersten Vatikanischen Konzil eingeleitet wurde, sei zu Ende“, so Küng.
Küng schließt seinen Glückwunsch-Appell, indem er sich und den Papst auf Augenhöhe setzt:
„Zum Glück sind Sie zehn Jahr jünger als ich, und werden mich, wie ich hoffe, überleben.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: El Pais (Screenshot)