(Rom) Reuters, die größte und einflußreichste internationale Nachrichtenagentur widmete Papst Franziskus zum dritten Jahrestag seiner Erwähnung einen Hintergrundbericht, laut dem sich die „konservativen Katholiken“ durch die „Kirchenpolitik von Papst Franziskus an den Rand gedrückt fühlen“. Am Abend des 13. März 2013 wurde Kardinal Jorge Mario Bergoglio, Erzbischof von Buenos Aires und Primas von Argentinien, zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt.
„Sorge, daß sich hinter freundlicher Fassade ein gefährlicher Neuerer versteckt“
„Drei Jahre nach der Wahl von Papst Franziskus sind die konservativen Katholiken sehr besorgt darüber, wie er mit dem Erbe seiner Vorgänger umgeht.“ Die Popularität, die der Papst bei der Mehrheit der Katholiken und vielen Nicht-Katholiken genieße, rühre daher, daß er das Bild eines Pfarrers vermittle. Das bringe jedoch Probleme für die Leitung der Weltkirche mit sich. Dem Papst falle es manchmal schwer, das Wesentliche der Kirche zu vertreten. Das gelte besonders, was die Sexualmoral betreffe.
„Die Konservativen sind besorgt, daß sich hinter der freundlichen Fassade ein gefährlicher Neuerer verbirgt, der die katholische Lehre zu Fragen der Moral, wie Homosexualität und Scheidung, verwässert, während er sich auf soziale Fragen konzentriert
wie den Klimawandel und die ökonomische Ungleichheit.“
Thompson: „Ich gehe zu Bett. Weckt mich, wenn dieses Pontifikat zu Ende ist“
Interviews mit Mitarbeitern des Vatikans, mit Kardinälen, Erzbischöfen, Theologen und Vatikanisten belegen „die Befürchtungen der Konservativen“, so Reuters, daß die Aussagen und Handlungen von Papst Franziskus die Kirche mit ihren 1,3 Milliarden Gläubigen verwirren könnten.
„Auf konservativen Blogs wird der argentinische Papst beschuldigt, eine doktrinelle Verwirrung zu verbreiten und jene auszugrenzen, die sich als Bewahrer des Glaubens sehen.“
„Ich gehe ins Bett. Weckt mich, wenn dieses Pontifikat zu Ende ist.“
Reuters zitiert diesen Twitter-Eintrag von Damian Thompson, den Mit-Herausgeber der britischen Wochenmagazins The Spectator, Herausgeber der katholischen Wochenzeitung Catholic Herald und „konservativer katholischer Kolumnist“.
„Spontane Aussagen von Franziskus, wie zur Einwanderungskritik des Anwärters auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur in den USA, Donald Trump, und Kommentare, die im Zusammenhang mit der Eindämmung des Zika-Virus als Öffnung gegenüber Verhütungsmitteln interpretiert wurden, lassen unter vielen Konservativen eine Nostalgie nach den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. aufkommen“, so Reuters.
Kardinal: „Jedesmal frage ich mich neu, ob ihm bewußt ist, welche Verwirrung er stiftet“
„Jedesmal frage ich mich neu, ob ihm bewußt ist, welche Verwirrung er stiftet“, zitiert Reuters einen „konservativen Kardinal mit Sitz in Rom, der am Konklave teilgenommen hat, bei dem Franziskus vor drei Jahren gewählt wurde, und der dies unter der Bedingung sagte, anonym zu bleiben.“
Solche Kommentare würden nicht nur die Priester mit einer traditionellen Mentalität beunruhigen, „sondern auch die liberalen“, weil sie mit Menschen zu tun bekommen, die ganz direkt und fordernd an sie herantreten: „Der Papst erlaubt mir das, warum Sie nicht?“, zitiert Reuters einen „hohen Funktionär, einen Erzbischof, eines vatikanischen Ministeriums“.
„Ein anderes wichtiges Duell zwischen Konservativen und Progressiven könnte es Mitte März geben, wenn Franziskus das nachsynodale Apostolische Schreiben über die zwei Jahre der Debatte und zwei große Bischofsversammlungen über die Familie herausgibt, in der es um die Linie des Vatikans zu seiner Politik über die Geschlechtlichkeit geht.“
Dabei werde es um einen zentralen Streitpunkt gehen: „um die Frage, ob die geschiedenen Katholiken, die außerkirchlich noch einmal heiraten, bei der Messe die Kommunion empfangen dürfen. Für die Konservativen könnte jede Änderung das Prinzip der Unauflöslichkeit der von Jesus festgelegten Ehe untergraben“, so Reuters.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Catholicus.org/Reuters (Screenshots)