(Rom) Ist Papst Franziskus zum Trittbrettfahrer der Abtreibungslobby geworden? Auf dem Rückflug von Mexiko nach Rom gab Papst Franziskus eine jener improvisierten Pressekonferenzen, die für Journalisten meist schlagzeilenträchtiger sind als die offiziellen Ansprachen und, da spontan und frei gesprochen, mehr über den argentinischen Papst und sein Denken enthüllen, als die von römischen Dikasterien ausgearbeiteten und vom Papst ergänzten Predigten und Ansprachen.
Abtreibung „etwas absolut Böses“
Zur Sprache kam auch der Zika-Virus und Papst Franziskus widersprach entschieden der Forderung „einiger Behörden“, gegen den Virus zum Mittel der Abtreibung zu greifen oder grundsätzlich einen Schwangerschaftsverzicht vorzuschlagen. Franziskus bekräftigte, daß die Abtreibung nie als „kleineres Übel“ betrachtet werden könne.
Die Abtreibung „ist kein theologisches Problem: sie ist ein menschliches Problem, ein medizinisches Problem. Man tötet, im besten Fall, eine Person, um eine andere zu retten. Es ist in sich böse, aber es nicht ein religiöses Übel, sondern ein menschliches Übel.“
Das einzige vom Papst konkret genannte Beispiel, die medizinische Indikation bei Lebensgefahr der Mutter, betrifft allerdings nur einen verschwindend kleinen Teil aller durchgeführten Abtreibungen und ist in keiner Weise repräsentativ für das Abtreibungsphänomen.
Verhütung „nicht absolut Böses“ sondern manchmal sogar „einleuchtend“
Eine Journalistin fragte nach und lenkte die Aufmerksamkeit auf ein altbekanntes Thema, das Kirche und Mainstream seit 50 Jahren im offenen Widerspruch sieht. Sie fragte das katholische Kirchenoberhaupt, ob Frauen angesichts der „Bedrohung durch den Zika-Virus“ Verhütungsmittel nehmen dürften. Franziskus wog nun Abtreibung mit Verhütung auf und meinte, daß die Verhütung im Gegensatz zur Abtreibung „nichts absolut Böses“ sei und daher in manchen Fällen sogar „einleuchtend“ sei.
Franziskus führte zur Rechtfertigung an, daß sein Vorgänger Paul VI. in den 1960er Jahren Ordensfrauen in Belgisch-Kongo die Verhütung erlaubt habe, um Schwangerschaften zu verhindern, weil eine marodierende Soldateska systematisch vergewaltigte.
Ob die Episode so richtig wiedergegeben wurde oder nur ein gerne kolportiertes Gerücht ist, wird sich klären. Paul VI. war es jedenfalls, der 1968 in der Enzyklika Humanae vitae klare Grundsätze zu Verhütung und Abtreibung definierte. Humanae vitae ist das internationale Manifest für das Lebensrecht.
Papst springt ohne Not auf Propagandazug der Abtreibungslobby auf
Franziskus sprang mit seiner Antwort auf die Frage zum Zika-Virus jedoch ohne Not auf einen Propagandazug auf, der von der Abtreibungslobby ins Rollen gebracht wurde. Letztlich spielt er damit ihr Spiel, anstatt darauf zu verweisen, daß zuerst Klarheit geschaffen werden müsse über die Auswirkungen des Virus. Wenn es um das Lebensrecht von Kindern gehe, wenn es um Leben oder Tod gehe, könne nicht aufgrund bloßer Mutmaßungen und Theorien gehandelt werden.
Fatal ist die päpstliche „Flexibilität“, an der sich die Massenmedien begeistern, auch deshalb, weil das katholische Kirchenoberhaupt mit seiner Verhütungsaussage implizit den Eindruck vermittelt, es sei besser, daß die Kinder nicht geboren würden. Sie sollten zwar nicht abgetrieben werden, aber da es „einleuchtend“ sei, zu verhüten, sei es grundsätzlich „besser“, daß sie überhaupt nicht gezeugt würden. Damit lastet er den Kindern indirekt zur Verhütung aber unweigerlich auch die Abtreibung auf, denn die Verhütung bereitet der Abtreibung den Weg.
Wenn Frauen wegen Zika-Virus verhüten dürfen, dann immer
Vor allem: Wenn Frauen wegen des Zika-Virus verhüten sollen, weil es besser sei, kein Kind zu zeugen, damit es dann nicht abgetrieben werden müsse, dann kommt das einer generellen Verhütungs-Freigabe gleich und damit der Aufhebung von Humanae vitae. Es gibt nämlich weltweit in großer Verbreitung eine Vielzahl von weit gefährlicheren Viren als den Zika-Virus. Was für den Zika-Virus gilt, müßte dann ebenso für andere Viren gelten.
Der Papst ignoriert den gerade von katholischen Fachleuten verschiedener Disziplinen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Verhütungs- und Abtreibungsmentalität einschließlich der frühabtreibenden Wirkung hormoneller Verhütungsmittel. Und stellt sich in geradezu naiver Waise auf einen Standpunkt der späten 60er und frühen 70er Jahre, wobei er den Erkenntnisstand eines halben Jahrhunderts ausblendet. Wenn sich die lateinamerikanischen Frauen nun der Verhütungsmentalität öffnen sollen, öffnen sie sich damit automatisch auch der Abtreibungsmentalität. Die Abtreibungslobby, die richtigerweise Verhütungs- und Abtreibungslobby genannt werden müßte, weiß um diesen Zusammenhang. Selbst wenn ihr jetzt die Abtreibungsfreigabe auf dem Notstandsweg nicht gelingen sollte, wäre es nur mehr eine Frage der Zeit, bis sie die Abtreibung in weiteren Staaten durchsetzen wird können. Das Leben der ungeborenen lateinamerikanischen Kinder ist derzeit – und nun auch mit päpstlicher Unterstützung – lebensgefährlich bedroht.
Kardinal Cipriani Thorne: Die Kindermörder sitzen in den Büros der UNO
Was aber ist der Zika-Virus? Der Zika-Virus ist einer von unzähligen Viren, die eine grippe-ähnliche Pathologie zur Folge haben, aber vergleichsweise harmlos ist, und schon seit vielen Jahren bekannt. Nach wenigen Tagen klingen die Symptome ohne Schäden ab. Im vergangenen Jahr behaupteten Forscher, ohne Beweise für ihre These vorlegen zu können, daß es einen Zusammenhang zwischen einer Zika-Infizierung bei Schwangeren und einem erhöhten Auftreten von Mikrozephalie bei Neugeborenen geben könnte.
Die Abtreibungslobby und mehre UNO-Agenturen, die für ihre Abtreibungspolitik bekannt sind, starteten in Kooperation mit Medien eine Kampagne, mit der eine regelrechte Zika-Panik inszeniert wurde. Das Ziel: Die Legalisierung der Abtreibung in ganz Lateinamerika, wo die meisten Staaten, darunter auch Brasilien sich bisher der Abtreibungslobby und ihrer Unkultur des Todes widersetzt haben. Schwangere Frauen befinden sich in einem besonders sensiblen Status. Der Wunsch, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen und das Kind insgesamt schützen zu wollen, dominiert. Die Abtreibungskampagne hinter der Zika-Panik wird deutlich an Aufrufen der Weltgesundheitsbehörde WHO, brasilianische Frauen sollten die kommenden zwei Jahre am besten ganz auf Schwangerschaften verzichten. Inzwischen fordert die WHO die Abtreibungsfreigabe auf dem Notstandsweg. Das alles, ohne daß es konkrete Beweise für die Behauptung gibt, daß der Zika-Virus in irgendeinem Zusammenhang mit Mikrozephalie steht. Das eigentliche Ziel hinter der Aktion wird bei näherem Hinsehen schnell sichtbar: die Bevölkerungsreduzierung.
Kolumbiens Staatspräsident dementierte erst vor zwei Tagen: Es sei bisher kein einziger Fall von Mikrozephalie an Kindern von Zika-infizierten Schwangeren festgestellt worden. Limas Erzbischof, Kardinal Cipriani Thorne, bezeichnete die UNO daher als Sitz des neuen Herodes. König Herodes der Große war für den Kindermord von Bethlehem verantwortlich. Um das Auftreten von Jesus Christus als des erwarteten Messias zu verhindern, ordnete Herodes an, alle Kinder von Bethlehem und Umgebung unter zwei Jahren zu töten. Die Herodianer mit Krawatte würden heute in den Büros der UNO sitzen.
Ein dunkler Schatten: Der Kampf gegen Humanae vitae
Ist Papst Franziskus leichtgäubig, naiv, zu schwatzhaft oder ist er der Abtreibungslobby auf den Leim gegangen? Es legt sich aber auch eine noch dunklerer Schatten über die Frage: Oder sucht Papst Franziskus die Ankoppelung an die Abtreibungslobby, die gleichzeitig auch die Verhütungslobby ist? Geht es um die teilweise Aushebelung der Enzyklika Humanae vitae? Sie ist progressiven Kirchenkreisen seit ihrer Veröffentlichung im berüchtigten Jahr 1968 ein Haßobjekt und war maßgeblicher Gegenstand zur Auflehnung gegen die Kirche.
Papst Franziskus galt bereits bisher als wortkarg, wenn es um das Lebensrecht ungeborener Kinder ging. Gelegentlich beklagte er zwar die Massentötung von Kindern, tat sich jedoch sichtlich schwer damit, die Dinge beim Namen zu nennen. Das Wort Abtreibung wollte ihm nicht recht über die Lippen kommen. Seine Kritik blieb unscharf, sodaß man sie richtig verstehen, aber auch überhören konnte.
In der Gemeinsamen Erklärung von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill von Moskau, heißt es: „Wir bitten alle, das unveräußerliche Recht auf Leben zu respektieren. Millionen Kindern ist selbst die Möglichkeit versagt, zur Welt zu kommen. Das Blut der ungeborenen Kinder schreit zu Gott (vgl. Gen 4,10).“
Die Formulierung vor allem des letzten Satzes ist stark, zu stark, um von Papst Franziskus in den Text reklamiert worden zu sein. Die Gemeinsame Erklärung ist ein Kompromiß, der zwischen Rom und Moskau ausgehandelt wurde. Die Abtreibung wird auch hier namentlich nicht genannt. Auch hier wird nur umschrieben. Es ist nicht von Tötung oder Mord die Rede, doch darum handelt es sich. Da Moskau eine deutlichere Sprache spricht, kann darin die Bremse Roms erkannt werden. Es wird umschrieben: „die Möglichkeit versagt, zur Welt zu kommen“, klingt verharmlosend. Jemandem etwas versagen, ist etwas anders als jemanden zu töten oder gar zu ermorden. Neu ist, gegenüber den bisherigen Wortmeldungen von Franziskus, daß von „Millionen Kindern“ die Rede ist, und damit die gigantische Dimension des weltweiten Kindermordes ausgesprochen wird. Eine Stelle, die dem Einfluß Moskaus zugeschrieben werden kann.
Die Medien haben die Wortmeldung des Papstes auf dem Rückflug nach Rom sofort verstanden. In der Öffnung gegenüber der Verhütung liegt die Brisanz. Welche Botschaft bleibt in den Köpfen hängen? Nicht das „Nein“ zu Abtreibung, sondern die „Öffnung“ gegenüber der Verhütung.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Radio Vatican (Screenshot)