Papst zu Beichtvätern: „Prügelt“ die Menschen nicht – Kardinal zu Papst: „Prügle“ die Bischöfe nicht


Papst Franziskus mit den Kapuzinern im Petersdom
Papst Franziskus mit den Kapuzinern im Petersdom

(Rom) „Basto­na­re“ heißt in der ita­lie­ni­schen Spra­che soviel wie „schla­gen, hau­en, ver­prü­geln“. Gleich zwei­mal gebrauch­te Papst Fran­zis­kus gestern die­ses Verb und for­der­te die Prie­ster auf, die Gläu­bi­gen im Beicht­stuhl nicht zu „basto­na­re“, nicht zu schla­gen, nicht zu ver­prü­geln. Am sel­ben Tag bat umge­kehrt ein Kar­di­nal den Papst, die Bischö­fe nicht zu „schla­gen“.

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Bei­de Anläs­se, in denen Papst Fran­zis­kus von „basto­na­re“ sprach, bezo­gen sich auf das Hei­li­ge Jahr der Barm­her­zig­keit und ganz kon­kret auf die Beichte.

Seit ver­gan­ge­nem Sams­tag befin­den sich die Reli­qui­en von Pater Pio von Piet­rel­ci­na und von Pater Leo­pold von Castel­nuo­vo (Man­dic) im Peters­dom. Bei­de gehör­ten dem Kapu­zi­ner­or­den an, wer­den von der Kir­che als Hei­li­ge ver­ehrt und waren vor allem Beicht­vä­ter. Sie wur­den auf Wunsch des Pap­stes dort­hin gebracht, um im Jubel­jahr die Bedeu­tung des Beicht­sa­kra­ments zu unterstreichen.

Zu den Kapuzinern: „Bitte, nicht ‚verprügeln‘ “

Am gest­ri­gen Diens­tag zele­brier­te Papst Fran­zis­kus die Mor­gen­mes­se nicht in San­ta Mar­ta, son­dern im Peters­dom am Kathe­dra-Altar zusam­men mit Hun­der­ten nach Rom gekom­me­nen Brü­dern aus dem Kapu­zi­ner­or­den. In sei­ner Pre­digt sag­te Franziskus:

Ich bit­te Euch als Bru­der, und in Euch möch­te ich zu allen Beicht­vä­tern spre­chen, beson­ders in die­sem Jahr der Barm­her­zig­keit: der Beicht­stuhl ist zum Ver­ge­ben da. Und wenn Du die Abso­lu­ti­on nicht ertei­len kannst – als hypo­the­ti­sches Bei­spiel –, bit­te, „ver­prüg­le“ nicht. Die Per­son, die kommt, kommt, um Zuspruch, Ver­ge­bung, Frie­den in sei­ner See­le zu suchen; sie soll einen Vater fin­den, der die umarmt und sagt: „Gott hat dich gern“; und sie das auch spü­ren läßt! Doch wie­viel Leu­te, es tut mir leid, es sagen zu müs­sen, sagen – ich den­ke, daß die Mehr­heit von uns es zu hören bekom­men hat: „Ich gehe nie beich­ten, weil sie mir ein­mal die­se Fra­gen gestellt haben, mir das getan haben…“ Bitte…

Bereits im Novem­ber 2013 hat­te der Papst die Prie­ster ermahnt, den Beicht­stuhl nicht zur „Fol­ter­kam­mer“ zu machen. Eine Kri­tik, die als „rea­li­täts­fremd“ auf­ge­faßt wurde.

Papst zu den Missionaren der Barmherzigkeit: „Nicht Knüppel des Gerichts“

"Missionare der Barmherzigkeit", Beichtväter mit besonderer päpstlicher Vollmacht, von Papst Franziskus empfangen
„Mis­sio­na­re der Barm­her­zig­keit“, Beicht­vä­ter mit beson­de­rer päpst­li­cher Voll­macht, von Papst Fran­zis­kus empfangen

Am sel­ben Tag emp­fing Papst Fran­zis­kus in der Sala Regia des Apo­sto­li­schen Pala­stes die Mis­sio­na­re der Barm­her­zig­keit. Das sind jene Prie­ster, die Fran­zis­kus am heu­ti­gen Ascher­mitt­woch für das Jahr der Barm­her­zig­keit aus­sen­den wird. Sie ver­fü­gen über eine beson­de­re päpst­li­che Voll­macht, auch jene Sün­den ver­ge­ben zu kön­nen, die mit der Exkom­mu­ni­ka­ti­on ver­bun­den sind, deren Ver­ge­bung nur dem Papst selbst vor­be­hal­ten sind. Kon­kret gilt das zum Bei­spiel für die Sün­de der Abtrei­bung. Wer ein unge­bo­re­nes Kind töten hat las­sen oder an der Tötung mit­ge­wirkt hat, ist auto­ma­tisch exkom­mu­ni­ziert. Um zur Beich­te und zur Los­spre­chung zuge­las­sen zu wer­den, muß zuerst die Exkom­mu­ni­ka­ti­on auf­ge­ho­ben wer­den, die von allen Sakra­men­ten aus­schließt. Unter die Sün­den, für die nur der Papst die Abso­lu­ti­on ertei­len kann, gehö­ren Miß­brauch kon­se­krier­ter Hosti­en, Atten­tat auf den Papst, uner­laub­te Prie­ster- oder Bischofs­wei­he, Ver­let­zung des Beicht­ge­heim­nis­ses, oder Wei­he­si­mu­la­ti­on an einer Frau.

Zu den Mis­sio­na­ren der Barm­her­zig­keit sag­te Franziskus:

Wir wer­den also nicht mit dem Knüp­pel des Gerichts das ver­irr­te Schäf­lein zum Stall zurück­brin­gen, son­dern mit der Hei­lig­keit des Lebens, die das Prin­zip der Erneue­rung und der Reform in der Kir­che ist. Die Hei­lig­keit nährt sich durch Lie­be und weiß, den Sün­der auf den eige­nen Schul­tern zu tra­gen, und ihn zu trö­sten mit der Kraft des Mit­leids. Und der Sün­der, die dort hin­geht [Beicht­stuhl], die Per­son, die dort hin­geht, fin­det einen Vater. Ihr habt vie­le Leu­te gehört, auch ich habe es gehört, die sagen: „Nein, ich gehe nie wie­der, weil ich ein­mal gegan­gen bin und der Prie­ster hat mich ver­prü­gelt, er hat mir vie­le Vor­hal­tun­gen gemacht, oder ich bin hin­ge­gan­gen und er hat mir etwas obsku­re, neu­gie­ri­ge Fra­gen gestellt.“ Bit­te, das ist kein guter Hir­te, das ist ein Rich­ter, der viel­leicht glaubt, nicht gesün­digt zu haben, der er ist der arme kran­ke Mann, der durch die Fra­gen sei­ne Neu­gier­de befrie­digt. Mir aber gefällt es, den Beicht­vä­tern zu sagen: wenn du dich nicht fühlst, ein Vater zu sein, dann geh nicht in den Beicht­stuhl, es ist bes­ser, mach etwas ande­res. Denn man kann so weh­tun, einer See­le so weh­tun, wenn sie nicht mit dem Herz eines Vaters ange­nom­men wird, mit dem Herz der Mut­ter Kirche.

Kardinal Barragan zum Papst: „Nicht tadeln, sondern auch Leistung der Bischöfe anerkennen“

Kardinal Javier Lozano Barragan
Kar­di­nal Javier Loza­no Barragan

Umge­kehrt war es  gera­de gestern ein Kuri­en­kar­di­nal, der Papst Fran­zis­kus bat, die Bischö­fe sei­nes Hei­mat­lan­des nicht zu „prü­geln“. Es han­del­te sich dabei um den mexi­ka­ni­schen Kar­di­nal Javier Loza­no Bar­ra­gan. Papst Fran­zis­kus wird am kom­men­den Frei­tag zu einem Pasto­ral­be­such nach Mexi­ko auf­bre­chen. In einem Inter­view mit der Pres­se­agen­tur Not­im­ex bat der Kar­di­nal Papst Fran­zis­kus, den „Papst der Barm­her­zig­keit“ und Urhe­ber der „Revo­lu­ti­on der Zärt­lich­keit“ die mexi­ka­ni­schen Bischö­fe nicht „zurecht­zu­wei­sen“. Wört­lich sag­te Kar­di­nal Bar­ra­gan „no repren­da“, was im Spa­ni­schen „tadeln, zurecht­wei­sen, etwas vor­wer­fen“ heißt. Der Papst möge auch die „enor­me Arbeit“ aner­ken­nen, die von den Bischö­fen gelei­stet wer­de, so der Kardinal.

„Hof­fen wir, daß es die Ein­heit der gan­zen Kir­che geben wird, beson­ders mit den Bischö­fen, und daß Lie­be sein wird, denn ohne Lie­be kann es kei­ne Ein­heit geben“, so der eme­ri­tier­te Kurienkardinal.

„Er kennt Mexi­ko. Er war als Pro­vin­zi­al der Jesui­ten in Gua­d­a­la­ja­ra und auch in der Basi­li­ka, des­halb muß ich ihm nicht sagen, wie das Land ist, weil er es aus eige­ner Erfah­rung kennt.“

Bar­ra­gan und Berg­o­glio ken­nen sich seit über 40 Jah­ren, als ihn Berg­o­glio, damals Regens am Cole­gio Maxi­mo de San Miguel als Refe­ren­ten ein­lud. Der Mexi­ka­ner war 1984 von Papst Johan­nes Paul II. zum Bischof von Zaca­te­cas ernannt und 1997 als Vor­sit­zen­der des Päpst­li­chen Rates für die Pasto­ral im Kran­ken­dienst an die Römi­sche Kurie beru­fen wor­den. 2003 erhob er ihn in den Kar­di­nals­stand. 2009 wur­de er als Dik­aste­ri­en­lei­ter eme­ri­tiert. Wenn Kar­di­nal Berg­o­glio nach Rom kam, stat­te­te er Msgr. Bar­ra­gan immer einen Besuch ab.

Kar­di­nal Bar­ra­gan nahm 2005 am Kon­kla­ve teil. Vom Kon­kla­ve 2013 war er aus­ge­schlos­sen, weil er einen Monat vor dem uner­war­te­ten Amts­ver­zicht von Papst Bene­dikt XVI. das 80. Lebens­jahr voll­endet hat­te. Seit 2014 ist er Kardinalpriester.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: vati​can​.va (Screen­shots)

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