(London) Die Bischöfe von England und Wales ersuchen Rom, das von Papst Benedikt XVI. 2008 neu formulierte Karfreitagsgebet im überlieferten Ritus für die Bekehrung der Juden zu revidieren.
Der Priester John Hunwicke machte auf eine Resolution in diesem Sinn aufmerksam, die von den Bischöfen Englands und Wales auf ihrer Herbstvollversammlung im November beschlossen wurde.
In der Resolution nehmen die Bischöfe den 50. Jahrestag der Konzilserklärung Nostra Aetate zum Anlaß, um ein Überdenken des Karfreitagsgebets für die Juden zu fordern.
Wörtlich beschlossen die Bischöfe von England und Wales:
„Die Bischofskonferenz ersucht die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei das Gebet Pro Conversione Iudaeorum in der feierlichen Karfreitagsliturgie in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus, im Licht des Verständnisses von Nostra Aetate der Beziehungen zwischen der Katholischen Kirche und dem Judentum, zu revidieren.“
Jüdische „Irritationen“
Von jüdischer Seite wurde wiederholt ein Gebet um Bekehrung als Affront bezeichnet und ein genereller Verzicht gefordert. In der katholischen Kirche gibt es eine Richtung, besonders unter jenen, die im interreligiösen Dialog tätig sind, der jüdischen Aufforderung nachzukommen, aber auch generell auf Mission zu verzichten. Den Verzicht auf die Karfreitagsbitte für die Juden hatte 2015 auch der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff gefordert. Im vergangenen Juni sagte er auf einer Tagung über 50 Jahre Nostra Aetate: „Ich habe nie verstanden, warum Papst Benedikt diese Fürbitte in den alten Ritus wieder eingeführt hat.. Das ist mit Verlaub gesagt und bei allem Respekt keine gute Sache.“
Im März 2014 hatte sich der deutsche Fundamentaltheologe Gregor Maria Hoff gegen eine „Judenmission“ ausgesprochen. Die Karfreitagsbitte sei für Juden „problematisch“, so Hoff, den Papst Franziskus im vergangenen Jahr zum Consultor der 1974 von Papst Paul VI. errichteten Päpstlichen Kommission für religiöse Beziehungen zum Judentum ernannte. Hoff lobte die „positive“ Entwicklung der christlich-jüdischen Beziehungen, die „nur“ durch Benedikt XVI. wegen der Karfreitagsbitte „neuen Irritationen“ ausgesetzt worden sei. Der Theologe äußerte den Wunsch, daß Papst Franziskus zum 50. Jahrestag von Nostra Aetate die Karfreitagsbitte für die Juden „überdenkt“ und „hoffentlich“ abschafft.
Vor sieben Jahren erfolgte Neuformulierung durch Papst Benedikt XVI.
Erst vor sieben Jahren hatte Papst Benedikt XVI. persönlich die Karfreitagsbitte um Bekehrung der Juden neu formuliert. „Er hat als Peritus selbst am Zweiten Vatikanischen Konzil teilgenommen, war Präfekt der Glaubenskongregation und Nachfolger des Heiligen Petrus“, welchen Grund könne es geben, sein Urteil in dieser Sache in Frage zu stellen, fragt sich Hunwicke.
Er würde gerne von den Bischöfen „genau“ erfahren, welcher Teil der Karfreitagsbitte angeblich in einem Widerspruch zu Nostra Aetate stehe. „Das von Papst Benedikt XVI. 2008 formulierte Gebet folgt genau, teils wörtlich, der Lehre des Apostels Paulus im Römerbrief 11,25–26, eine Perikope, die vom Lektionar des Novus Ordo nicht zensuriert ist, weshalb ich wirklich interessiert bin, zu erfahren, was von der Lehre des Heiligen Paulus (den ich seit 30 Jahren studiere) angeblich unter die Verurteilung von Nostra Aetate fällt“, so John Hunwicke auf seinem Blog.
Hunwicke, ein ehemaliger anglikanischer Priester, nahm das Versöhnungsangebot von Papst Benedikt XVI. für die Anglikaner an und konvertierte zur katholischen Kirche. Er empfing die Priesterweihe und gehört heute zum Personalordinariat Unserer Lieben Frau von Walsingham.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL