(Rom) In seiner Rede zur Eröffnung der Synodenarbeiten nützte der Primas von Ungarn, Kardinal Peter Erdö, Generalberichterstatter der Synode, die Gelegenheit, um sofort die beiden umstrittensten Themen, die Kommunion für die wiederverheiratet Geschiedenen und die Homosexuellen, anzusprechen. Dabei erteilte der den „Öffnungen“, die mit den Namen von Kardinal Kasper (wiederverheiratet Geschiedene) und Diözesanerzbischof Bruno Forte (Homosexualität) eine Absage. Der Vatikanist Sandro Magister spricht von einer „kalten Dusche“, die Kardinal Erdö gleich zu Beginn den „Neuerern“ verpaßte.
Der Erzbischof von Esztergom-Budapest, der auch Vorsitzender des Rates der europäischen Bischofskonferenzen CCEE ist, folgte damit dem Schlußdokument der CCEE-Tagung, die vor kurzem in Jerusalem stattfand. Zum Generalberichterstatter der Synode hatte ihn Papst Franziskus ernannt.
Die entsprechenden Stellen der Rede von Kardinal Erdö im Wortlaut:
Wiederverheiratet Geschiedene
In Bezug auf die geschiedenen und standesamtlich Wiederverheirateten ist eine barmherzige pastorale Begleitung geboten, die jedoch keinen Zweifel bezüglich der von Jesus Christus gelehrten Unauflöslichkeit der Ehe läßt. Die Barmherzigkeit Gottes bietet dem Sünder die Vergebung an, verlangt aber die Umkehr.
Die Sünde, um sie es in diesem Fall handelt kann, ist nicht in erster Linie das Verhalten, das die Scheidung der ersten Ehe provoziert haben kann. Dabei ist es möglich, daß die beiden Teile nicht gleichermaßen Schuld am Scheitern waren, wenn auch sehr oft beide in einem gewissen Maß verantwortlich sind. Es ist also nicht der Schiffbruch der ersten Ehe, sondern das Zusammenleben in der zweiten Beziehung, die den Zugang zur Eucharistie verhindert.
„Von verschiedenen Seiten wird gefordert, dass die Aufmerksamkeit und Begleitung im Hinblick auf die zivil wiederverheiratet Geschiedenen auf deren immer bessere Integration in das Leben der christlichen Gemeinschaft ausgerichtet sein soll, wobei die Unterschiedlichkeit ihrer Ausgangssituationen zu berücksichtigen ist“ (Instrumentum laboris, 121). Das, was einige Aspekte der vollen Eingliederung verhindert, besteht nicht in einem willkürlichen Verbot, sondern stellt eine in verschiedenen Situationen und Beziehungen im Kontext des kirchlichen Zeugnisses intrinsische Notwendigkeit. Das alles verlangt jedoch eine vertiefte Überlegung.
Was den sogenannten Bußweg betrifft, so wird dieser Ausdruck auf unterschiedliche Weise gebraucht (vgl. Instrumentum laboris, 122–123). Das verlangt, vertieft und präzisiert zu werden. Das kann im Sinne von Familiaris consortio des heiligen Johannes Paul II. verstanden werden (s. Nr. 84) und sich auf jene wiederverheiratet Geschiedenen beziehen, die der Kinder oder sich selbst wegen nicht das gemeinsame Leben abbrechen wollen, die aber Kraft der Gnade ihre Beziehung enthaltsam in gegenseitiger Hilfe und Freundschaft leben können. Diese Gläubigen können auch Zugang zu den Sakramenten der Buße und der Eucharistie haben, wenn sie es vermeiden, Ärgernis zu provozieren (vgl. Instrumentum laboris, 119). Diese Möglichkeit ist weit davon entfernt, die Ehe auf die Ausübung der Sexualität zu reduzieren, sondern erkennt deren Natur und Ziel an und wendet dies folgerichtig im Leben der Personen an.
„Einige schlagen vor, zur Vertiefung im Hinblick auf die objektive Situation der Sünde und die moralische Zurechenbarkeit zwei Dokumente zu beachten: das Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre an die Bischöfe der Katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten Geschiedenen Gläubigen (14. September 1994) und die Erklärung über die Möglichkeit der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte (24. Juni 2000)“ (Instrumentum laboris) sowie auch das Nachsynodale Apostolische Schreiben Sacramentum Caritatis von Benedikt XVI.
Die Einbeziehung der wiederverheiratet Geschiedenen in das Leben der kirchlichen Gemeinschaft kann sich in unterschiedlichen Formen verwirklichen, verschieden von der Zulassung zur Eucharistie, wie bereits Familiaris Consortio Nr. 84 empfiehlt.
In der überlieferten Praxis der lateinischen Kirche konnte der Bußweg für jene, die noch nicht bereit waren, ihr Lebenssituation zu ändern, die aber dennoch den Wunsch zur Umkehr verspürten, bedeuten, daß die Beichtväter ihre Beichte anhören konnten, ihnen gute Ratschläge geben und ihnen Bußübungen empfehlen konnten, um sie zur Umkehr zu führen, ohne ihnen jedoch die Lossprechung zu erteilen, die nur für jene möglich war, die wirklich bereit waren, ihr Leben zu ändern (vgl. RI 5 in VI; F.A Febeus SJ: De regulisiuris canonici Liber unicus, Venetiis, S. 91f)
Was hingegen der Hinweis auf die pastorale Praxis der orthodoxen Kirchen anbelangt, kann diese nicht richtig bewertet werden, indem man lediglich den Verständnisapparat anwendet, der sich im Westen des zweiten Jahrtausends entwickelt hat. Es ist der große institutionelle Unterschied bezüglich der Kirchengerichte zu vergegenwärtigen, der manchmal kritisch werden kann, wenn die Gesetze des Staates sich von der Wahrheit der Ehe gemäß dem Plan des Schöpfers lösen.
Für die Suche nach pastoralen Lösungen für die Schwierigkeiten bestimmter standesamtlich wiederverheirateter Geschiedener gilt es zu vergegenwärtigen, daß die Treue gegenüber der Unauflöslichkeit der Ehe nicht mit der wohlwollenden praktischen Anerkennung konkreter Situation konjugiert werden kann, die im Widerspruch dazu stehen und damit unvereinbar sind. Zwischen dem Wahren und dem Falschen, zwischen Gut und Böse, gibt es nämlich keine Gradualität; auch wenn einige Formen des Zusammenlebens gewisse positive Aspekte in sich tragen, bedeutet das nicht, daß die als gut dargestellt werden können.
Es unterscheidet sich jedoch die objektive Wahrheit des moralisch Guten und die subjektive Verantwortung der einzelnen Person. Es kann einen Unterschied geben zwischen der Unordnung, das heißt, der objektiven Sünde, und der konkreten Sünde, die sich in einem bestimmten Verhalten verwirklicht, das auch, aber nicht nur ein subjektives Element impliziert. „Die Anrechenbarkeit einer Tat und die Verantwortung für sie können durch Unkenntnis, Unachtsamkeit, Gewalt, Furcht, Gewohnheiten, übermäßige Affekte sowie weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren vermindert, ja sogar aufgehoben sein.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1735). Das bedeutet, daß es in der objektiven Wahrheit des Gute und des Bösen keine Gradualität gibt (Gradualität des Gesetzes), während auf der subjektiven Ebene das Gesetz der Gradualität gegeben sein kann und daher die Erziehung des Gewissens und auch des Verantwortungsbewußtseins möglich ist. Die menschliche Handlung ist nämlich dann gut, wenn sie es unter allen Gesichtspunkte ist (ex integra causa).
Homosexuelle
Sowohl in der vergangenen Synodenversammlung als auch in der Vorbereitung dieser Generalversammlung wurde die Frage der pastoralen Aufmerksamkeit für Personen mit homosexueller Neigung behandelt. Auch wenn das Problem nicht direkt die Wirklichkeit der Familie betrifft, ergeben sich Situationen wenn jenes Verhalten auf das Leben einer Familie einwirkt.
In jedem Fall lehrt die Kirche: „Es gibt keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn. »Dennoch müssen Frauen und Männer mit homosexuellen Tendenzen mit Achtung und Feingefühl aufgenommen werden. ‚Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen‘ (Kongregation für die Glaubenslehre: Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen, 4)“ (Instrumentum laboris, 130).
Es wird bekräftigt, daß jede Person in ihrer Würde unabhängig von ihrer sexuellen Neigung zu respektieren ist. Es ist wünschenswert, daß die pastoralen Programme den Familien spezifische Aufmerksamkeit vorbehalten, in denen Personen mit homosexuellen Neigungen leben und diesen Personen selbst (vgl. Instrumentum laboris, 131).
Gleichzeitig gilt: „Es ist vollkommen unannehmbar, dass auf die Hirten der Kirche in dieser Frage Druck ausgeübt wird und dass die internationalen Organisationen Finanzhilfen gegenüber armen Ländern davon abhängig machen, dass sie in ihrer Gesetzgebung eine „Ehe“ unter Personen des gleichen Geschlechts einführen“ (Instrumentum laboris, 132).
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Settimo Cielo