(Moskau) Die russisch-orthodoxe Kirche reagierte zurückhaltend auf die von Papst Franziskus geäußerte Bereitschaft, einen gemeinsamen Ostertermin festzulegen, damit Katholiken, Orthodoxe und Protestanten weltweit am selben Tag die Auferstehung Jesu Christi von den Toten zelebrieren können.
Erzpriester Nikolai Balaschow, der stellvertretende Außenamtsleiter des Moskauer Patriarchats erklärte, daß die von den Medien wiedergegebenen Worte des Papstes „nicht ausreichend“ seien, um den eigentlichen Kern seines Vorschlags zu verstehen. „Ich würde es vorziehen, zunächst die genaue Erklärung von Papst Franziskus zu kennen, die von verschiedenen Medien verbreitet wurden“, so Balaschow in einem Tass-Interview.
„Vorschlag inakzeptabel, wenn nicht am ersten Frühlingsvollmond ausgerichtet“
„Wenn die Kirche von Rom beabsichtigt, den Ostertermin laut dem im 16. Jahrhundert eingeführten Gregorianischem Kalender aufzugeben und zum alten [Julianischen] zurückzukehren, unter dem die Kirche des Ostens und des Westens vereint waren und der bis heute von den Orthodoxen verwendet wird, dann ist diese Absicht willkommen.“ Wenn die Idee hingegen die sein sollte, „ein fixes Datum für Ostern festzulegen und es nicht am ersten Vollmond nach der Frühlingstaggleiche auszurichten, wie es das Konzil von Nicäa 325 für den Osten wie für den Westen festgelegt hat, dann ist ein solcher Vorschlag für die orthodoxe Kirche völlig inakzeptabel“, stellte Balaschow klar. „Wir warten vorerst auf eine offizielle Veröffentlichung durch den Vatikan“, so der Erzpriester.
Balaschow betonte dann, daß es zwischen den beiden Patriarchaten Konstantinopel und Moskau zum Ostertermin keine Meinungsverschiedenheiten gebe. Anders als von den Medien behauptet, sei beim für 2016 geplanten panorthodoxen Konzil, zu dem sich die gesamte Orthodoxie versammeln will, keine Diskussion über eine Änderung des Osterfesttermins vorgesehen.
„Annäherung nicht durch radikale Änderung der gemeinsamen Tradition des ersten Jahrtausends“
Balaschow erkannte gleichzeitig an, daß der Papst „einen wirklichen Schritt auf die Orthodoxen zu setzen wollte. Es handelt sich um eine Geste des guten Willens. Diese Annäherung kann jedoch nicht durch eine radikale Veränderung unserer gemeinsamen Traditionen des ersten christlichen Jahrtausends erfolgen“, so der Erzpriester.
Wie die katholische Kirche, und mit dieser alle protestantischen Kirchen, feiert auch die orthodoxe Kirche Ostern am Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühlingstaggleiche. Allerdings folgen Ost und West dabei unterschiedlichen Kalendern. 2015 feierte der Westen am 5. April, der Osten hingegen am 12. April. Im Abstand von Jahren fällt der Ostertermin in Ost und West auf denselben Sonntag. Das nächste Mal wird das am 16. April 2017 der Fall sein.
Der Vorschlag von Papst Franziskus, einen gemeinsamen Ostertermin festzulegen, scheint beim jüngsten Besuch des „Außenministers“ des Moskauer Patriarchats im Vatikan nicht besprochen worden zu sein. Laut offizieller Erklärung sprachen Metropolit Hilarion und Papst Franziskus über „die Lage der Christen im Nahen Osten und in Nordafrika sowie über die Notwendigkeit eines gemeinsamen Handelns zum Schutz des traditionellen Verständnisses der Familie in der Gesellschaft von heute“.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews