Pius IX.: „starker und unbequemer“ Papst des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis


Seliger Papst Pius IX
Seli­ger Papst Pius IX.

(Rom) Das Hoch­fest der ohne Erb­sün­de emp­fan­ge­nen Jung­frau und Got­tes­mut­ter Maria ist untrenn­bar mit dem Dog­ma der unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis ver­bun­den, das der seli­ge Papst Pius IX. für alle Gläu­bi­gen unver­rück­bar ver­kün­de­te. Der am 13. Mai 1792 als Gio­van­ni Maria Graf Mastai-Fer­ret­ti gebo­re­ne Papst pro­kla­mier­te am 8. Dezem­ber 1854 das Dog­ma, das von der katho­li­schen Kir­che als gebo­te­ner Fest­tag began­gen wird. Die sterb­li­chen Über­re­ste des seli­gen Pius IX., die sich in der römi­schen Basi­li­ka San Loren­zo al Ver­ano befin­den (auch als San Loren­zo fuo­ri le mura bekannt) , wur­den 2011 notumgebettet. 

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Pius IX., des­sen Pon­ti­fi­kat von 1846–1878 dau­er­te, und damit eines der läng­sten der Kir­chen­ge­schich­te war, wur­de auf sei­nen aus­drück­li­chen Wunsch hin im anti­ken, von Papst Pela­gi­us II. (579–590) erbau­ten Nar­thex der Basi­li­ka San Loren­zo fuo­ri le mura bei­gesetzt, der heu­ti­gen Kapel­le Pio IX. 1881 wur­den die sterb­li­chen Über­re­ste des Pap­stes fei­er­lich und wür­de­voll in die Basi­li­ka über­führt, obwohl Anti­kle­ri­ka­le meh­re­rer Atten­ta­te auf die Pro­zes­si­on ver­üb­ten. Das zwi­schen 1859 und 1870 aus­ge­ru­fe­nen und geein­te Ita­li­en war damals von kir­chen­feind­li­chen und frei­mau­re­ri­schen Kräf­ten beherrscht. In das Pon­ti­fi­kat Pius IX. fiel 1870 auch nach mehr als tau­send­jäh­ri­gem Bestand die Zer­schla­gung des Kir­chen­staa­tes und die Erobe­rung Roms durch die gari­bal­di­nisch-pie­mon­te­sisch gepräg­te ita­lie­ni­sche Nationalbewegung.

„Starker und unbequemer“ Papst, weshalb Seligsprechung lange verzögert wurde

Mit der Selig­spre­chung durch Papst Johan­nes Paul II. im Jahr 2000 wur­de der erstaun­lich unver­we­ste Kör­per von Pius IX. in einen Glas­sarg umge­bet­tet. Bereits bei einer ersten Erkun­dung, die 80 Jah­re nach dem Tod des Pap­stes erfolg­te, über­zeug­te man sich, daß der Kör­per völ­lig intakt war. Die Über­re­ste des Seli­gen waren seit­her für die ihn ver­eh­ren­den Gläu­bi­gen sicht­bar unter einem Altar ein­ge­las­sen. Auch Papst Bene­dikt XVI. besuch­te sei­nen Vor­gän­ger, um am Grab des Seli­gen zu beten, des­sen Selig­spre­chung erst nach lan­gem inner­kirch­li­chen Tau­zie­hen als kir­chen­po­li­ti­scher Kom­pro­miß mög­lich wur­de, indem par­al­lel auch der Kon­zils­papst Johan­nes XXIII. selig­ge­spro­chen wurde.

Als 2011 die Gläu­bi­gen ohne einen Hin­weis plötz­lich vor dem lee­ren Glas­schrein stan­den, ent­stand erheb­li­che Auf­re­gung. Die Kapu­zi­ner, von denen die Basi­li­ka betreut wird, teil­ten mit, daß die Lei­che nach dem letz­ten Hoch­was­ser in Rom vom Okto­ber jenes Jah­res ent­fernt wer­den muß­te. Das ein­ge­drun­ge­ne Was­ser hat­te auch die Kapel­le über­flu­tet. Durch die Feuch­tig­keit droh­te den Klei­dern des Seli­gen Schim­mel­be­fall, wie die Kapu­zi­ner auf Nach­fra­ge bestätigten.

Seit sei­ner Not­um­bet­tung befin­det sich die sterb­li­che Hül­le des seli­gen Pius IX. in einer der Kloster­zel­len. Er lie­ge auf dem Bett, „als wür­de er schla­fen“. Die Reli­quie des Pap­stes soll bis zum 7. Febru­ar 2012, sei­nem lit­ur­gi­schen Gedenk­tag, wie­der an ihren Platz in der Basi­li­ka zurückkehren.

Papst des Mariendogmas und der Verteidigung der katholischen Lehre

Nicht bestä­tigt wur­de hin­ge­gen, daß der Leich­nam für eine kano­ni­sche Unter­su­chung ent­fernt wur­de, die mit der even­tu­el­len Hei­lig­spre­chung Pius IX. zusam­men­hän­ge. Dem ver­stor­be­nen Papst wird ins­ge­samt wenig Auf­merk­sam­keit zuteil. Auf der Home­page der Basi­li­ka San Loren­zo in Ver­ano muß man genau suchen, um weni­ge Zei­len zu ent­decken, die Aus­kunft über den in der Basi­li­ka begra­be­nen Papst geben.

Mes­sa in Lati­no stell­te in die­sem Zusam­men­hang die Fra­ge, ob es sich um ein absicht­li­ches Ver­ges­sen eines „star­ken und unbe­que­men“ Pap­stes hand­le, wie es sich bereits vor und rund um die Selig­spre­chung im Hei­li­gen Jahr 2000 gezeigt hatte.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Mes­sa in Latino

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27 Kommentare

  1. paßt alles in die Logik der Leu­te, die so tun, als ob die Kir­che erst beim Zwei­ten Vati­ka­num gegrün­det wor­den wäre…

  2. Nein der wird nicht hei­lig gespro­chen, das wür­de dem Gedan­ken und Bestre­ben der Öku­me­ne mit den Pro­te­stan­ten wider­spre­chen! Ich möch­te zusamm­men mit St. Woj­ti­la und St. Ron­cal­li auch nicht selig gespro­chen wer­den. Ich wür­de das als Alarm­zei­chen für mich betrachten!

    • Etwas mehr Demut bit­te. Nie­mand wür­de auf die Idee kom­men, Sie selig­spre­chen zu wollen.

  3. Einer der ganz Gro­ßen der Papstgeschichte.
    Ich samm­le jeden Arti­kel und jedes Buch, die über ihn erschei­nen bzw. erschie­nen sind.
    Ich habe in mei­ner Haus­ka­pel­le einen Schrein mit meh­re­ren Berüh­rungs­re­li­qui­en von Papst Pius IX., für des­sen Kano­ni­sie­rung ich jeden Tag bete. Frei­lich ist die­se im jet­zi­gen Regime nicht mög­lich, da Pio Nono alles in sich ver­eint was Berg­o­glio ablehnt.

    • Abso­lut rich­tig, vie­len Dank für die lie­ben Wor­te für einen ganz gro­ßen Hei­li­gen der Kir­che jesu Christi.

  4. Im Sin­ne des Frei­bur­ger „Entweltlichungs“-Programms des ehe­ma­li­gen Pap­stes Bene­dikt XVI. war die Zer­schla­gung des tau­send­jäh­ri­gen ruhm­rei­chen Kir­chen­staa­tes ein Segen, weil die­ses Ent­rei­ssen von „äuße­ren Pri­vi­le­gi­en“ die Kir­che wie­der zurück „zum Kern ihrer Sen­dung“ gefhrt hätte.
    Wor­an man sieht, wie fatal die Bene­dik­t­i­ni­sche „Ent­welt­li­chung“ in Wahr­heit ist, die lei­der vie­le nai­ve „Neo­kon­ser­va­ti­ve“ noch heu­te als For­de­rung nach­plap­pern. Es ist ein Glück, dass Bene­dikt die­ses selbst­zer­stö­re­ri­sche „Pro­gramm“ nicht wei­ter umset­zen konn­te. Lei­der hat er durch den gezielt gewähl­ten Zeit­punkt sei­nes Rück­tritts noch sub­til dafür gesorgt, dass ein ihm geneh­mer Nach­fol­ger gewählt wurde…

    • Sem­per Catho­li­cus @ Hier muss ich eine Lan­ze für Bene­dikt XVI. bre­chen. Es mag sein
      oder auch nicht, dass Ratz­in­ger in jun­gen Jah­ren, beson­ders nach dem Kon­zil, Thesen
      ver­trat, die ihn als Pro­gres­si­sten , wenn auch nicht radi­kal, ein­stuf­ten. Hier hat er später
      und zum Teil auch in sei­nen Büchern, eini­ges zurück genom­men und revi­diert. Hierbei
      muss man an die Eupho­rie den­ken, die durch das Kon­zil ver­ur­sacht wur­de. Als Präfekt
      der Glau­bens­leh­re hat er eini­ge Din­ge des Kon­zils zurecht gerückt. Man kann und muss
      sagen, dass er sich um den katho­li­schen Glau­ben, Ver­dien­ste erwor­ben hat. Das ist der
      Grund, war­um ihm die Mehr­zahl der Kar­di­nä­le nicht mehr folg­ten und ihn dann zum frei-
      wil­li­gen Rück­tritt zwan­gen. Die Geschich­te wird zei­gen, dass Papst Bene­dikt XVI. der
      ein­zi­ge Kon­zil-Papst ist, der hei­lig genannt wer­den kann.

      Gelobt sei Jesus Christus. 

      ,

    • Sie argu­men­tie­ren mit dem Kir­chen­staat von frü­her. Ich hab aber die Frei­bur­ger Rede so ‎verstanden, daß sich die Kir­che nicht von einem Staat, der für sie den «Mit­glieds­bei­trag» ‎eintreibt, zu stark ver­ein­nah­men läßt und dann alle Irr­we­ge die­ses Staa­tes bei The­men wie ‎Abtreibung, Gen­der etc. mit­macht /​ mit­ma­chen muß, weil sonst Ent­zug der Koh­le droh­lt, mit der ‎man sei­ne auf­ge­bläh­ten Ver­wal­tungs­ap­pa­ra­te hei­zen muß…‎

      • Das ist halt die rosa­ro­te Bril­le, die die nai­ven Kon­ser­va­ti­ven sich auf­ge­setzt haben, weil von Bene­dikt ja nur Gutes kom­men kann/​darf.
        Stu­die­ren Sie die die ver­häng­nis­vol­le „Frei­bur­ger Rede“, und Sie wer­den fest­stel­len, dass dort mit­nich­ten von Abtrei­bung und Gen­der die Rede ist, dafür um so mehr von den ver­schie­de­nen Pha­sen der „Säku­la­ri­sie­rung“ (z.B. 1806, 1870 etc.), die für die Kir­che in Wahr­heit kein Ver­lust, son­dern ein „Segen“ gewe­sen seien. 

        Übri­gens haben kun­di­ge Jour­na­li­sten bald nach der Rede her­aus­ge­fun­den, dass Ratz­in­ger das mei­ste dar­in bereits Jahr­zehn­te frü­her, Anfang der 60er Jah­re publi­ziert hat­te. Noch vor dem Räu­ber­kon­zil. Also zu einer Zeit, als es das Wort „Gen­der“ noch gar nicht gab, und noch kaum abge­trie­ben wurde…

      • Die Frei­bur­ger Rede ist geni­al. Sie ist auf in einer bestimm­ten Situa­ti­on an ein bestimm­tes Publi­kum gerich­tet, aber so for­mu­liert, daß sich durch­aus eine all­ge­mein­gül­ti­ge Aus­sa­ge für alle Zei­ten und Situa­tio­nen her­aus­le­sen läßt. Die Adres­sa­ten haben es auch sofort ver­stan­den und fühl­ten sich auf den Schlips getre­ten. Sie wuss­ten, was gemeint war: die stick­rei­che Kir­chen­steu­er­kir­che, die nur mehr durch das Geld auf­recht­erhal­ten wird, aber inner­li­che, glau­bens­mä­ssig am Ende liegt. Mit Bischö­fen, deren ein­zi­ge Auf­ga­be ist, die Kir­chen­aus­trit­te zu mini­mie­ren, damit viel Geld in die Kas­sen fliesst. Da die Gläu­bi­gen nicht aus­tre­ten, küm­mern sie sich nur um die Libe­ra­len, was auto­ma­tisch zum stän­di­gen Linsk­ruck führt.
        Die Frei­bur­ger Rede ver­steht nur, wer sie zusam­men mit der sofort danch erfolg­ten ersten offi­zi­el­len Reak­ti­on der deut­schen Bischofs­kon­fe­renz liesst, laut der, die Rede „nichts“ mit dem Kir­chen­steu­er­sy­stem zu tun hat.
        Es geht aber immer noch schlim­mer: A, D, CH. In Öster­reich Hit­ler-Kir­chen­steu­er, bekommt der Bischof, aber der Staat treibt nicht ein. In D (schlim­mer): Hit­ler-Steu­er bekommt der Bischof und der Staat treibt ein (bringt wesent­lich mehr Geld). In der Schweiz: Kir­chen­steu­er, brauch­te es nicht ein­mal einen Hit­ler, treibt der Staat ein, bekommt aber nicht ein­mal der Bischof, son­dern irgend­ein Staats­kir­chen­ver­ein… Oder aber ich da etwas falsch verstanden?

      • Mich inter­es­siert aber nicht, was jemand in den 60ern mal geschrie­ben hat, son­dern wie die Lage heu­te ist, und da wird die Kir­che vom Staat mit der Kir­chen­steu­er bei die­sen The­men, die Sie nicht zu inter­es­sie­ren schei­nen, vor sich her­ge­trie­ben. Oder wie ich in einem ame­ri­ka­ni­schen Blog gele­sen habe: Deutsch­land – lee­re Kir­chen – vol­le Kassen…

        Aber ich unter­wer­fe mich selbst­ver­ständ­lich ger­ne Ihrem Unfehl­bar­keits­dog­ma und dem von @Traditionstreuer 😉

      • Ach wo, die Frei­bur­ger Rede war alles ande­re als „geni­al“. Wo fin­den Sie das Wort „Kir­chen­steu­er“ dort? An kei­ner ein­zi­gen Stel­le. Statt des­sen mehr­fach das Wort „Säku­la­ri­sie­rung“ – und die­ses Schreckens­wort wur­de dort POSITIV inter­pre­tiert. Abgründig!
        Begrei­fen Sie doch bit­te: Ratz­in­ger war KEIN Mann des glau­bens­treu­en Lagers.

      • @Semper catho­li­cus:
        Geben Sie’s auf, es ist ver­geb­li­che Lie­bes­müh. Das begrei­fen die­se bene­dik­to­la­tri­schen „Tradi“-Lemminge nie. Lie­ber fol­gen sie ihrer Licht­ge­stalt wil­len­los auf dem Weg ad inferiora.

      • Es wäre inter­es­sant zu wis­sen was der gute Pio Nono über Anti-Syl­labus-Ratz­in­ger/­Be­ne­dikt XVI. gesagt hät­te. Sehr schwer hät­te er sich wohl mit dem Panegy­ri­kus der „Gene­ra­ti­on Bene­dikt“ getan.
        Die von sem­per catho­li­cus zu recht inkri­mi­nier­te Stel­lung­nah­me zur „Säku­la­ri­sa­ti­on“ ist sehr bedenk­lich. Doch ist dies nur ein Akzent unter vie­lem sehr Bedenklichen.

  5. Ins­be­son­de­re heu­te – ange­sichts des teils häre­ti­schen Wild­wuch­ses inner­halb der „katho­li­schen Theo­lo­gie“ gera­de auch bez. den Dog­men über die aller­se­lig­ste Jung­frau und Got­tes­mut­ter Maria – wären star­ke und unbe­que­me Wor­te wie Nach­fol­gen­de dring­li­cher denn je. Papst Pius IX. hat sei­ner­zeit in einer Anspra­che vor Uni­ver­si­täts-Rek­to­ren (!) die furcht­ba­re Fol­ge des Wir­kens der Fein­de der Leh­re der Kir­che und somit auch der Fein­de der Jugend benannt:

    -
    „Sie machen es schlim­mer noch als die­ser grau­sa­me König, 
    der das Mas­sa­ker an Tau­sen­den von unschul­di­gen Kin­dern anordnete.
    [.…]
    wäh­rend bei dem mora­li­schen Massaker, 
    das hier geschieht, das Übel viel grö­sser ist, 
    weil es dar­um geht, den See­len das Leben zu neh­men, indem der Glau­be in ihnen aus­ge­löscht wird“
    -

  6. Pius IX. war aller­dings zu Beginn sei­nes Pon­ti­fi­ka­tes recht libe­ral geson­nen und löste auch bei den katho­li­schen, natio­nal-libe­ra­len Kräf­ten Ita­li­ens gro­ße Freu­de aus. Er setz­te erst ein­mal eini­ge libe­ra­le Refor­men durch.
    Erst all­mäh­lich nahm er Distanz ein, was m.E. mit der Tat­sa­che zusam­men­hing, dass er sich und den Kir­chen­staat einem neu­ent­stan­de­nen ita­lie­ni­schen Natio­nal­staat hät­te beugen/​unterwerfen und ein­ver­lei­ben las­sen und damit auch Öster­reich hät­te brüs­kie­ren müs­sen, das Schutz­macht des Kir­chen­staa­tes war und gegen des­sen Macht­an­sprü­che sich die ita­lie­ni­sche Eini­gungs­be­we­gung in der Haupt­sa­che rich­te­te. Ange­führt wur­de die Bewe­gung durch Vik­tor Emma­nu­el aus altem savoy­ischem Geschlecht…

    Auch nach­dem dann wäh­rend des Vati­ca­num I ita­lie­ni­sche Trup­pen in den Vati­kan mar­schier­ten und Rom zur Haupt­stadt ganz Ita­li­ens aus­ge­ru­fen wur­de, kam es Jahr­zehn­te lang zu kei­ner Klä­rung der Fra­ge, was nun mit dem Rest-Kir­chen­staat (Vati­kan­stadt) sei. Bekann­ter­ma­ßen wur­de dar­über erst in der Late­ran­ver­trä­gen mit Mus­so­li­ni eine Klä­rung vorgenommen…

    Mei­nes Wis­sens hat Pius IX. an sich nicht pri­mär beklagt, dass man ihm Land weg­nimmt. Die Haupt­spit­ze des Syl­labus errorum und ande­rer Rund­schrei­ben rich­te­te sich auf die Abwehr der Mei­nung, der Staat sei der Kir­che über­ge­ord­net bzw. der Staat und die Kir­che sei­en radi­kal von­ein­an­der zu trennen.

    Wie genau aber sie mit­ein­an­der geschir­ren soll­ten, war ange­sichts der rie­si­gen Umwäl­zun­gen unter Pius IX. eine offe­ne Fra­ge. Spä­ter schloss der Vati­kan Kon­kor­da­te mit allen mög­li­chen Staa­ten ab…

    Was an Pius IX. aber groß ist, das ist dass er defen­siv blieb. Genau das wur­de ihm auch in der Pro­phe­tie von La Salet­te ein­ge­schärft. Er hob nicht das Schwert, schärf­te aber den Geist.

    In einer gewis­sen Wei­se ist daher das Stich­wort „Ent­welt­li­chung“ nicht ein­fach ein „fal­sches“ oder „nai­ves“ Kon­tra­pro­gramm. Man wür­de Pius IX. ver­ge­wal­ti­gen, wenn man ihn so auffasste!
    Es ging ihm und allen Päp­sten bis hin zu Pius XI. auf jeden Fall dar­um, dass die Kir­che inner­halb neu ent­ste­hen­der Staa­ten „den Fuß in der Tür behält“, aber nicht um Macht und Besitz (Pius X. gab spä­ter in Frank­reich bewusst ALLES auf!), son­dern um die gei­sti­ge Frei­heit – die durch mate­ri­el­le Bin­dun­gen auch ver­lo­ren gehen kann, da soll sich nie­mand täuschen.
    Auch Leo XIII. hat spä­ter immer wie­der geschrie­ben, dass es „frü­her“ kei­nes­wegs bes­ser war, son­dern das mit­tel­al­ter­li­che Kai­ser- und König­tum teil­wei­se mit här­te­sten Ban­da­gen gegen die Kir­che bzw. deren geist­li­chen Anspruch vor­ging und sich den­sel­ben selbst anma­ßen wollte.

    Pius IX. ist inter­es­sant ange­sichts der Pro­bleam­tik des 19. Jh und ange­sichts sei­nes radi­ka­len „Umstei­gens“ auf die gei­sti­ge Waf­fen­rü­stung, von der Pau­lus spricht.
    Anstatt auf alten Orga­ni­sa­ti­ons­for­men zu behar­ren, such­te er mit Vehe­menz, in den sich neu for­mie­ren­den Rea­li­tä­ten, die Frei­heit der Kir­che zu erhalten!

  7. Vor 150 Jah­ren am 8. Dezem­ber 1864
    ver­öf­fent­lich­te Papst Pius IX zugleich mit der Enzy­kli­ka »Quan­ta cura« den Syl­labus über geäch­te­te Irrtümer.
    Auch dies ist in wir­ren Zei­ten eine Lek­tü­re wert.

  8. Pius IX. war ein gro­ßer Papst. Sei­ne Ver­kün­di­gung des Dog­mas der unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis, sei­ne Ver­ur­tei­lung der Zei­tirr­tü­mer durch den berühm­ten Syl­labus, der in sei­ner Aktua­li­tät erschreckt, neben der Enzy­kli­ka“ Quan­ta cura“, sind gro­ße Taten. Unter sei­nem Pon­ti­fi­kat wäre ein Berg­o­glio nie­mals in der Hier­ar­chie empor gekom­men. Der Ver­lust des Kir­chen­staa­tes war der schmerz­lich­ste Ein­schnitt in sei­ner 32 jäh­ri­gen Herr­schaft. Als die Trup­pen Gari­bal­dis mit des­sen Erobe­rung im Sept. 1870 die­sen hei­li­gen Staat schän­de­ten und pro­fa­nier­ten, zün­de­ten sie ein Fanal an, daß zum Signal für alle Kir­chen­has­ser wur­de, und zeig­te wie ver­wund­bar die katho­li­sche Kir­che gewor­den war. Ich glau­be nicht, daß der Ver­lust des Papst­kö­nig­tums ein Glücks­fall für die Kir­che war. Die­ser Fre­vel durch Gari­bal­di und Ita­li­en, goß erst recht Was­ser auf den Müh­len der Moder­ni­sten. Pius IX. bit­te für uns!

    • Das Papst­kö­nig­tum ist doch nicht durch die Schrump­fung des Kir­chen­staa­tes ver­lo­ren gegangen!

      Pius IX. hat zwar im Syl­labus die Mei­nung ver­ur­teilt, die Kir­che DÜRFE kei­nen Besitz oder auch welt­li­che Macht haben, aber er hat auch nicht behaup­tet, die Kir­che MÜSSE zwin­gend Besitz und irdi­sche Macht haben!

      Hät­te er das behaup­tet, hät­te er die wah­re Gestalt des Christ­kö­nigs ver­leug­net, die vor Pila­tus – der irdi­schen macht – so ver­stö­rend klar sag­te: „Mein König­tum ist nicht von die­ser Welt. Wenn es von die­ser Welt wäre, wür­den mei­ne Leu­te kämp­fen, damit ich den Juden nicht aus­ge­lie­fert wür­de. Aber mein König­tum ist nicht von hier. “ (Johan­nes 18)

      Wann ist das Papst­kö­nig­tum wirk­lich ver­lo­ren gegangen?

      Paul VI. ließ sich zwar noch mit der Tia­ra, die das Sym­bol dafür war, dass der Papst Haupt der Welt, Vater aller Staats­ge­wal­ten und Stell­ver­tre­ter Chri­sti ist, krö­nen, ver­schenk­te sie aber dann „an die Armen“. JP I und II lie­ßen sich nicht mehr krö­nen, tru­gen die Tia­ra aber noch im Papst­wap­pen. Bene­dikt XVI. ent­fern­te sie dann auch aus dem Papst­wap­pen. Seit Paul VI. also ein schlei­chen­der Prozess.
      Ob die Kir­che einen Staat hat oder nicht, wie groß er ist, ist tat­säch­lich sach­lich von unter­ge­ord­ne­ter Bedeu­tung. In der frucht­bar­sten Zeit der frü­hen Kir­che hat­te die Kir­che gar kei­ne welt­li­che Macht, und doch…

      • Paul VI gab also die Tia­ra an die Armen. Mir schwant, er brach­te sie dort­hin in Sicher­heit, die­ses Sym­bol der wich­ti­gen Idee dafür, daß die Kir­che über der Welt steht. In Sicher­heit des­halb, weil ja der Rauch Satans in Rom ein­ge­drun­gen war. Er war viel­leicht auch nur unbe­wuß­tes Werk­zeug und folg­te bewußt nur dem Impe­tus, die­se Idee her­ab­zu­set­zen. So wie sei­ne Nach­fol­ger dies wei­ter betrieben.
        Fragt sich nun, ob Fran­zis­kus des­halb bei den Armen sucht, weil er die Tiara/​ihren Gedan­ken nun gänz­lich zu ver­nich­ten sucht oder aber – sicher unbe­wußt – die­se wiederfinden/​diesen wie­der­her­stel­len muß.
        Gel­asi­us I. war schon reich­lich grenz­wer­tig mit sei­ner Zwei-Schwer­ter-Leh­re (obschon im Kon­text sei­ner Zeit sicher not­wen­dig), sah aber immer­hin die welt­li­che Gewalt noch unter Wei­sung der geist­li­chen. Er ist übri­gens für den Erst­be­leg des Adjek­tivs „moder­nus“ bekannt, das er benutzt, um neue Leh­ren („admo­ni­tio­nes moder­nas“) von alten Regeln („anti­quis regu­lis“) abzugrenzen.

      • Als Ergän­zung zu den Aus­füh­run­gen von der geschätz­ten Fr. Zeitschnur:
        Pius IX. hat in sei­ner Allo­cu­ti­on „Quum catho­li­ca“ (1860) geschrieben:
        „Da die von Chri­sto gegrün­de­te und ange­leg­te, um sich um das ewi­ge Wohl der Men­schen zu küm­mern, Katho­li­sche Kir­che die Gestalt einer voll­kom­me­nen Gesell­schaft kraft ihrer gött­li­chen Errich­tung erlang­te, soll sie daher eine der­ar­ti­ge Frei­heit genie­ßen, daß sie in der Ver­rich­tung ihres hei­li­gen Dien­stes kei­ner bür­ger­li­chen Macht unter­stellt würde.“

        Die­se Frei­heit der Kir­che zu ver­tei­di­gen und zu bewah­ren war der Impe­tus sei­ner ener­gi­schen Ver­tei­di­gung der päpst­li­chen Staa­ten, denen er eine hei­li­ge Sen­dung zuspricht. Und gera­de ange­sichts des Dien­stes der päpst­li­chen Staa­ten der Kir­che zulie­be sei nicht erstaun­lich, daß die Wider­sa­cher der Kir­che oft­mals sie mit viel­ar­ti­gen Machen­schaf­ten und Ver­su­chen zu zer­stö­ren und zer­rüt­ten trachten.

  9. Fin­det hier nicht eine trdi­tio­na­li­sti­sche Feti­schi­sie­rung einer völ­li­gen Neben­säch­lich­keit statt, näm­lich des Kir­chen­staats? Ich will der Kir­che nicht ver­übeln, dass sie sich ein unab­hän­gi­ges Ter­ri­to­ri­um gesi­chert hat – im frü­hen Mit­tel­al­ter, als noch alle nase­lang eine Hor­de mord­bren­nen­der Bar­ba­ren vor der Haus­tür stand. Aber ist so ein Kon­strukt wirk­lich im Sin­ne Jesu Chri­sti? Ein Stell­ver­tre­ter Chri­sti als Haupt eines welt­li­chen Staa­tes, der Armeen und Kano­nen ins Feld schickt, um sich ein paar Städt­chen und Dör­fer zu erobern? Das ist lei­der auch Teil der Kir­chen­ge­schich­te, ähn­lich wie bei den geist­li­chen Für­sten­tü­mern in Deutsch­land. Nichts davon steht in der Bibel. Alle welt­li­che Macht kor­rum­piert, und sie hat Leu­te in die Kir­chen­äm­ter gezo­gen, die mit Chri­stus nichts am Hut haben, son­dern nur eben welt­li­che Macht such­ten. Alex­an­der der VI. ist den­ke ich ein gelun­ge­nes Bei­spiel. Wir soll­ten froh, sein, dass der Kir­che kei­ne welt­li­che Macht mehr wie ein Klotz am Bein hängt.

    • Ob dazu was in der Bibel steht, weiß ich nicht. Ent­schei­dend ist, was die TRADITION dazu sagt. Und die Tra­di­ti­on lehrt, dass die von Chri­stus gestif­te­te Kir­che die socie­tas per­fec­ta, die voll­kom­me­ne Gesell­schaft ist, an der sich alle ande­ren irdi­schen Gesell­schaf­ten zu ori­en­ti­ern und an ihr Maß zu neh­men haben. Des­halb soll­ten, wenn mög­lich, welt­li­che Staa­ten katho­lisch sein. Wie zuletzt das Spa­ni­en unter dem gro­ßen Gene­ra­lisi­mo Fran­co, einem wirk­lich treu­en Sohn der Kirche.
      Und weil die Kir­che eben eine voll­kom­me­ne und kei­ne defi­zi­tä­re Gesell­schaft ist, gehört schon rein logisch auch ein staat­li­ches Ter­ri­to­ri­um dazu. Sonst fehl­te ihr etwas Ent­schei­den­des. So hat es die Tra­di­ti­on immer gesehen …

      • Genau das beun­ru­higt mich bei eini­gen Tei­len der Tra­di­tio­na­li­sten. Ent­schei­dend scheint nicht das Wort Got­tes zu sein, son­dern die Tra­di­ti­on an sich. Aber woher soll man wis­sen, ob die alle Tei­le der Tra­di­ti­on rich­tig und wahr ist, wenn man sie nicht stän­dig dem Urteil der Hei­li­gen Schrift unter­wirft? Ab ein paar Gene­ra­tio­nen Pra­xis wer­den auch die nach­kon­zi­lia­ren Fehl­ent­wick­lun­gen Tra­di­ti­on sein – wie soll man dann dage­gen ange­hen? Zu Fran­co: Er war nun­mal wasch­ech­ter Faschist, der zehn­tau­sen­de polit­sche Geg­ner ein­fach umbrin­gen ließ – nach dem Bür­ger­krieg, wohl gemerkt. In einer Zeit, in der Kom­mu­nis­mus und Natio­nal­so­zia­lis­mus wüte­ten, sicher trotz­dem das klei­ne­re Übel. Ihn einen gro­ßen Sohn der Kir­che zu nen­nen, ist den­ke ich sehr gewagt. Wenn er die Kir­che för­der­te, dann wohl zum eige­nen Macht­er­halt. Wohl eher ein gro­ßer Pha­ri­sä­er vor dem Herrn. Es ist auch kein Ruh­mes­blatt für die Kir­che, wenn sie sich im Tausch gegen Pri­vi­le­gi­en von den Mäch­ti­gen den Mund ver­bie­ten lässt, ähn­lich wie heut­zu­ta­ge das Schwei­gen der deut­schen Bischö­fe zu Abtrei­bung, Homo­ehe etc. im Gegen­zug für die Kirchensteuermilliarden.

      • Nie­mals kann und darf die Tra­di­ti­on der Schrift unter­wor­fen wer­den – das wäre Pro­te­stan­tis­mus in Reinst­kul­tur, wo die Schrift als „nor­ma norm­ans“, die „Bekennt­nis­se“ nur als „nor­ma nor­ma­ta“ gelten.
        Katho­lisch geht gera­de umge­kehrt: die Schrift ist immer an der Tra­di­ti­on zu prü­fen, schließ­lich ist die Schrift erst durch die Tra­di­ti­on zur Schrift geworden. 

        Zu Fran­co: da wer­den wir usn nicht einig. ich ver­eh­re ihn als einen der aller­letz­ten tief­gläu­bi­gen katho­li­schen Füh­rer. Dass es sol­che prak­tisch nicht mehr gibt, ist ein Elend des Nie­der­gangs unse­rer katho­li­schen Zivilisation.

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