(Rom) Das Zweite Vatikanische Konzil sollte der Aufbruch zu einer neuen Blüte sein, zu einem neuen „Frühling“ kirchlicher Strahlkraft und glaubensstarker Religiosität der Menschen. Das Konzil, so jedenfalls die Überzeugung nicht weniger Prälaten, Kleriker und Laien der 60er Jahre, werde „alles“ neu machen, vor allem das Verhältnis von Gesellschaft und Kirche. Durch das Konzil werde das Christentum alle Menschen, alle Ideologien, ja selbst alle anderen Religionen umarmen und in einer neuen, durch und durch christlichen Welt zusammenführen.
50 Jahre danach ist die Bilanz erschreckend ernüchternd. Anspruch und Wirklichkeit könnten kaum radikaler auseinanderklaffen.
Und dennoch stimmen manche noch immer unverdrossen ein Loblied auf das Konzil an. Eine Haltung, für die sich vor allem zwei Erklärungsmuster aufdrängen. Die Einen, weil sie die negativen Auswirkungen in der Nachkonzilszeit innerlich begrüßen. Die Anderen, weil sie sich in Realitätsverweigerung üben und diese Auswirkungen, die sie innerlich ablehnen, krampfhaft zu ignorieren versuchen, weil Kritik am Konzil erfolgreich zum Tabu gemacht wurde.
Woher rührt also Anfang des 21. Jahrhunderts die Schwäche der Kirche im Westen? Laut einer Karikatur der traditionsverbundenen amerikanischen Internetseite The Remnant aus ihrer nachkonziliaren Orientierungslosigkeit. Anders ausgedrückt: Aus der irrigen Annahme, die Kirche müsse in ihrem Inneren eine Nachbildung der Pluralität der Welt, statt eine klare Stimme in der pluralistischen Welt sein.
Heilsnotwendigkeit der Kirche
So bezweifeln heute viele die Heilsnotwendigkeit der Kirche. Kann es sein, daß es außerhalb der Kirche keine Rettung gibt? Die Frage ist nur mehr rhetorisch gemeint, vergleichbar der Frage des Pontius Pilatus: „Was ist Wahrheit?“ Die in Frageform gekleidete Aussage eines Relativisten. Ähnlich relativistisch ist das kulturelle Klima heute. Jede „Wahrheit“ ist zugelassen, außer der absoluten Wahrheit, der menschgewordenen Wahrheit. Sie darf es nicht geben. Sie ist als einzige nicht zulässig, weil sie alle anderen „Wahrheiten“ in Frage stellen würde. Das vorherrschende Klima ist zudem subjektivistisch, denn jeder kann sich die „Wahrheit“ zurechtlegen, die er will.
Die Kirche lehrt etwas ganz anderes. Die Heilsnotwendigkeit für jeden Menschen gilt unverändert und unabhängig von gerade aktuellen modischen Denkströmungen. Extra Ecclesiam nulla salus lautet der prägnante Satz der Väter. Keine Anmaßung, sondern unumstößlicher Teil der Glaubenswahrheit, der von den Vätern und dem Lehramt durch die gesamte Kirchengeschichte wiederholt wurde. Dazu eine kurze Zusammenstellung, die sich auf einen vor einigen Jahren erschienenen Beitrag in der Wochenzeitschrift Il Settimanale di Padre Pio stützt. Einer Zeitschrift, die von den Franziskanerinnen der Immakulata herausgegeben wird, die neuerdings – wie bereits ihre kommissarisch verwalteten Brüder – traditionsfeindlichen Visitatorinnen ausgesetzt sind.
Die Väter
Origenes (185–254): „(…) niemand betrüge sich selbst: außerhalb dieses Hauses, also außerhalb der Kirche rettet sich niemand“ (Homil.3, in Iosue 5).
Cyprian von Karthago (200–258): „Außerhalb der Arche Sintflut und Tod; außerhalb der Kirche die Verdammung“ (De Unitate Ecclesiae, VI).
Laktanz (250–320): „Nur die katholische Kirche hat den wahren Kult. In ihr ist die Quelle der Wahrheit, der Sitz des Glaubens, der Tempel Gottes; wer nicht in sie hineingeht oder aus ihr hinausgeht, hat keine Hoffnung auf Leben oder Heil“ (Divinae Institutiones 4,30, II).
Hieronymus (347–420): „Ich weiß, daß die Kirche auf diesem Fels erbaut wurde [dem Stuhl Petri]. Jeder, der das Lamm außerhalb dieses Hauses ißt, ist unheilig. Wenn jemand nicht in der Arche des Noah sein wird, wird er in der Sintflut umkommen“ (Epistola ad Damasum, 2).
Augustinus (354–430): „Der Mensch kann die Rettung nicht erlangen, außer in der katholischen Kirche. Außerhalb der Kirche kann er alles haben, aber nicht das Heil. Er kann Ehre haben, Sakramente haben, er kann ‚Halleluja‘ singen, ‚Amen‘ antworten, er kann das Evangelium haben, den Glauben und den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes predigen, aber nirgends, wenn nicht in der Katholischen Kirche wird er das Heil finden können“ (Sermo ad Caesarienses Ecclesiam plebem, 6).
Und noch einmal Augustinus: „Jeder, der von der Katholischen Kirche getrennt ist, ist für den göttlichen Zorn bestimmt“ (Epistola CXLI).
Das Lehramt
Viertes Laterankonzil (1215): „Außerhalb der Kirche kann niemand, absolut, absolut niemand gerettet werden.“
Pius IX. (1792–1878): „(…) außerhalb von ihr [der Katholischen Kirche] ist kein wahrer Glauben noch das ewige Heil, weil man nicht Gott zum Vater haben kann, wenn man nicht die Kirche zur Mutter hat, und zu Unrecht kann sich jemand der Illusion hingegen, der Kirche anzugehören, wenn er vom Stuhl Petri getrennt ist, auf dem die Kirche erbaut ist“ (Singulari quidam, 22).
Pius XII. (1876–1958): „Unter den Dingen, die die Kirche immer gepredigt hat und die sie nie aufhören wird zu lehren, ist auch diese unfehlbare Aussage, die besagt, daß es außerhalb der Kirche kein Heil gibt“ (Brief an das Heilige Offizium vom 8. November 1949).
Johannes XXIII. (1881–1963): „(…) die Menschen können mit Sicherheit das Heil nur erlangen, wenn sie mit ihm [dem römischen Papst] verbunden sind, da der Römische Papst der Stellvertreter Christi ist und dessen Person auf Erden vertritt“ (Homilie am Krönungstag, 4. November 1958).
Und selbst das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) läßt sich auch folgendermaßen lesen: „Alle Menschen, die die Katholische Kirche kennen und wissen, was die von Gott durch Christus gewollte Heilsnotwendigkeit ist, aber nicht in die Kirche hineingehen oder nicht die Beständigkeit haben, in ihr zu bleiben, können nicht gerettet werden“ (Lumen Gentium, 16).
Ebenso: „Denn nach dem Willen Christi ist die katholische Kirche die Lehrerin der Wahrheit; ihre Aufgabe ist es, die Wahrheit, die Christus ist, zu verkündigen und authentisch zu lehren, zugleich auch die Prinzipien der sittlichen Ordnung, die aus dem Wesen des Menschen selbst hervorgehen, autoritativ zu erklären und zu bestätigen“ (Dignitatis Humanae, 14)
Johannes Paul II. (1920–2005) indem er Dignitatis Humanae zitiert: „Denn nach dem Willen Christi ist die katholische Kirche die Lehrerin der Wahrheit; ihre Aufgabe ist es, die Wahrheit, die Christus ist, zu verkündigen und authentisch zu lehren, zugleich auch die Prinzipien der sittlichen Ordnung, die aus dem Wesen des Menschen selbst hervorgehen, autoritativ zu erklären und zu bestätigen“ (Veritatis splendor, 64).
Das Neue Testament
„Und er sprach zu ihnen: ‚Geht hin in alle Welt und verkündet das Evangelium aller Kreatur! Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet, wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“ (Markus 16,15–16).
„Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich; wer aber mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat“ (Lukas 10,16).
„Und ich sage dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ (Matthäus 16,18).
„Wenn man euch nicht aufnimmt und eure Worte nicht anhört, so geht fort von jenem Haus oder jener Stadt und schüttelt den Staub von euren Fü0en!“ (Matthäus 10,14).
„Hört er auch auf diese nicht, dann sag es der Gemeinde; hört er auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie der Heide und wie der Zöllner“ (Matthäus 18,17).
„Doch wenn selbst wir oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkündeten, als wir euch verkündet haben, so sei er verflucht!“ (Galater 1,8).
Wenn die Kirche für das Heil nicht notwendig wäre, warum hätte Jesus die Jünger ausgesandt mit dem Auftrag, bis an die äußersten Teile der Erde das Evangelium zu verkünden? Der Auftrag wäre ebenso „überzogen“ und „sinnlos“ wie letztlich auch das Kreuz, das Christus auf sich genommen hat, wenn damit nicht die Rettung des Menschen verbunden wäre. Will man das Opfer Christi, sein Leiden und Sterben nicht annullieren, gilt es die Heilsnotwendigkeit der Kirche anzuerkennen. Denn außerhalb von ihr gibt es kein Heil.
Text: Il Settimanale di Padre Pio/Martha Weinzl
Bild: The Remnant