(Seoul) Papst Franziskus besuchte als erstes katholisches Kirchenoberhaupt einen Friedhof für die Opfer der Abtreibung. Der Besuch des Papstes am dritten Tag seines Koreaaufenthalts galt einem katholischen Behindertenzentrum Haus der Hoffnung in Kkottongnae südlich der Hauptstadt Seoul.
Die Priester des Zentrums errichteten auf dem Gelände den Taeahdongsan, einen Garten, in dem sich eine Statue der Heiligen Familie befindet, die von Hunderten von weißen Kreuzen umgeben ist. Die Kreuze symbolisieren die ungeborenen Kinder, die durch Abtreibung getötet wurden. Ein Ort des Gedenkens, des stillen Gebets, der diesen Kindern, die nie das Licht der Welt erblicken durften, Sichtbarkeit verschafft und der eine Anklage gegen das herrschende Verbrechen des Kindermordes ist. Die Koreaner nennen den Garten allgemein „Friedhof der abgetriebenen Kinder“. Gedenkstätten und Friedhöfe für Abtreibungsopfer sind eine noch sehr junge Initiative, um auf den Massenmord an ungeborenen Kindern zu reagieren.
In Südkorea überlebt nur jedes zweite Kind die Schwangerschaft
Südkorea zählt eine der höchsten Abtreibungsraten der Welt. Laut den jüngsten offiziell veröffentlichten Zahlen, wurden 2005 340.000 Kinder im Mutterleib getötet, während 440.000 geboren wurden. Damit haben kaum mehr als die Hälfte aller in Südkorea gezeugten Kinder eine Chance, geboren zu werden.
Ungeborene Kinder dürfen bis zur 24. Schwangerschaftswoche getötet werden. Als Gründe werden die üblichen Indikationen akzeptiert: Vergewaltigung, Inzest, schwere Behinderung oder Gefahr für die Gesundheit der Mutter. Wie die extrem hohen Abtreibungszahlen beweisen, handelt es sich bei den gesetzlichen Indikationen nicht um objektive Schutzbestimmungen für die Mütter, sondern um Gummiparagraphen, die in Wirklichkeit den systematischen Massenmord an ungeborenen Kindern erlauben.
Lebensfeindlichkeit durch Mär von der „Überbevölkerung“
Laut Experten rühre die Ursache für die lebensfeindliche Haltung vieler Südkoreaner von einer seit Jahrzenten gesteuerten Politik der Fertilitätsbekämpfung her, die von der Regierung unter dem Stichwort „Überbevölkerung“ seit den 60er Jahren propagiert wird.
Im von Pater John Oh 1976 gegründeten „Haus der Hoffnung“ in Kkottingnae haben mehrere Tausend behinderte Menschen eine sichere Heimat. Das katholische Zentrum ist in einer menschenfeindlichen Umgebung auch ein sicherer Ort für Waisenkinder. Es gibt auch eine Art Babyklappe.
Die Einbeziehung des Zentrums von Kkottingnae durch das Organisationskomitee in das Besuchsprogramm des Papstes wurde von Medien kritisiert, weil Pater Oh vorgeworfen wird, öffentliche Gelder für seine Einrichtung „veruntreut“ zu haben. Wie katholische Beobachtern versichern, scheint es sich dabei um eine Verleumdungskampagne zu halten, weil das Lebenszentrum mit dem Friedhof für abgetriebene Kinder bestimmten Kreisen ein Dorn im Auge ist.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Infovaticana