(Vatikan) Die Internetseite Rorate Caeli fragt, ob Papst Pius X. (1903–1914) im Vatikan nur als Heiliger „zweiter Klasse“ gilt.
Die seit 1995 existierende Internetpräsenz des Heiligen Stuhls www.vatican.va entschied von Anfang an, nur die Päpste des 20. Jahrhunderts und deren Lehramt zu veröffentlichen. Die Reihe, der auf diese Weise zugänglich gemachten Päpste, beginnt mit Leo XIII. (1878–1903), dem letzten Papst des 19. und ersten Papst des 20. Jahrhunderts. Der Zugang zu den Vorgängern des amtierenden Papstes findet sich auf der Homepage in der Mitte unten als Rubrik „Die Römischen Päpste“.
Die Vatikanseite erwähnt mit keinem Wort, daß der 1835 im damals österreichischen Lombardo-Venetien geborene Papst von der Kirche als Heiliger verehrt wird. Dabei war er bis zum vergangenen 27. April der einzige heiliggesprochene Papst des 20. Jahrhunderts. Nach dem genannten Datum wurden die Seiten für Johannes XXIII. (1958–1963) und Johannes Paul II. (1978–2005) sofort geändert. Mit genauen Angaben wird auf die Heiligsprechung hingewiesen.
Es mag sich um eine Unachtsamkeit handeln, die allerdings seit bald 20 Jahren andauert. Eine Unachtsamkeit, die auch nicht korrigiert wurde, als man die nun von Papst Franziskus vorgenommenen Heiligsprechungen der beiden genannten Päpste verzeichnete. Darf eine Korrektur der Seite des Heiligen Pius X. erwartet werden?
Wünschenswert wären zudem offizielle deutsche Übersetzungen der veröffentlichten Apostolischen Konstitutionen, Schreiben, Briefe und Enzykliken von Pius X. und der anderen „vorkonziliaren“ Päpste. Derzeit sind die lehramtlichen Dokumente von Pius X. meist in lateinischer, häufig auch in italienischer, gelegentlich auch oder nur in französischer und englischer, Ausnahmen auch in spanischer und portugiesischer Sprache veröffentlicht, nichts aber in deutscher Sprache.
Grundsätzlich wäre eine größere Systematik bei den Einträge zu den „Römischen Päpsten“ wünschenswert: Von Leo XIII. und dem Heiligen Pius X. fehlt die Biographie. Solche sind erst ab Papst Benedikt XV. (1914–1922) zugänglich. Für Benedikt XV., Pius XI. (1922–1939) und Pius XII. (1939–1958) ist der Lebenslauf allerdings nur in italienischer Sprache publiziert, für Johannes XXIII. in Italienisch, Englisch, Französisch und Spanisch, für Paul VI. nur Englisch, für Johannes Paul I. Italienisch und Englisch. Am ausführlichsten dargestellt ist das Leben Johannes Pauls II. mit „Kurzbiographie“ und ausführlichem Lebenslauf „Vor dem Pontifikat“ und „Pontifikat“. Letzterer zumindest ist auch in deutscher Sprache veröffentlicht. Für Benedikt XVI. gibt es eine einheitliche Biographie in sechs Sprachen, darunter auch Deutsch. Für Papst Franziskus findet sich der Lebenslauf in fünf Sprachen. Deutsch ist nicht dabei.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Pfarrei St. Pius X. Catanzaro